15. (5. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
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durch den Verkehr in den Binnenkanälen von einem zum andern Flusssystem über Ostpreussen eingewandert und gegenwärtig [1883] von da flussaufwärts bis in die untere Saale bei Halle, den Neckar bei Heilbronn und den Rhein bei Basel verbreitet, in Frankreich auch wiederum durch Binnenkanäle von den nördlichen Flüssen aus im gegenwärtigen und vorigen Jahrzehnt bis in die Rhone und Garonne gelangt, und ebenfalls in England weiter verbreitet, wo sie zuerst in den Docks von London auftrat, wahrscheinlich mit Schiffsbauholz aus den Ostseeprovinzen eingeführt. Sie kommt auch noch in den Haffen*), aber nicht mehr in der offenen Ostsee und noch weniger in der Nordsee vor. Aus dem Main ist sie durch die Regnitz und den Ludwigskanal in die Altmühl und damit in den mittleren Teil der Donau um 1864 gekommen, während sie in dem unteren, Ungarn und Banat, schon seit mindestens 1790, wahrscheinlich schon viel länger gewesen ist. Diese Verschleppung geschieht dadurch sehr leicht, weil die Muschel sich mittels des Byssus an fremde Gegenstände anheftet, namentlich gern an grössere Flussmuscheln, aber auch an Flossholz u. dgl.; zu konstatieren ist die Verschleppung deshalb leicht, weil keine andere Süsswassermuschel Europas nach Gestalt und Lebensweise mit ihr zu verwechseln ist und sie, wo sie einmal auftritt, meist in grosser Anzahl vorhanden ist, so dass sie nicht leicht zu übersehen ist und man aus der Nichterwähnung derselben in einigermassen sorgfältigen Lokalverzeichnissen mit grosser Wahrscheinlichkeit auf ihr Nichtvorhandensein zu derselben Zeit schliessen kann.“
Die genaue Jahreszahl des Auftretens der Dreyssene in und bei Berlin zu ermitteln, ist, wie wir gesehen haben, auch dem sorgfältigen Sammler und Forscher Friedrich Stein, Kustos am Berliner Zoologischen Museum (verstorben zu Berlin i. J. 1882), nicht gelungen.
In der Spree war sie bis in die sechziger Jahre auch innerhalb Berlins sehr verbreitet. Die Verschmutzung unserer Gewässer durch die in dieselben einmündenden Kloaken hat sie vertrieben. Seit die methodische Kanalisation Berlins mit Rieselfelderwirtschaft, das grösste Verdienst des Geheimen Baurats Dr. med. James Hobrecht, unsere Gewässer wieder gereinigt hat, ist die Dreyssene von neuem in die Berliner Spree und unsere Kanäle eingewandert, zur Zeit in der Spree, Havel und Oder eine der verbreitesten Bewohnerinnen.
*) z. B. im Kurischen Haff, daher nach dem Königsberger Naturforscher Hagen, Mytilus Hageni genannt. E. Fr.
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