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15. (5. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
die heutige südliche Dorfgrenze bildenden Häuser nicht über 30 Jahre hin- ausreichen, ein zweifellos aus dem Anfang des laufenden Jahrhunderts herrührendes Gebäude als mutmasslichen Ausgangspunkt dieser Messung zu ermitteln, eine Frage, die insofern bald eine sichere Lösung fand, als festgestellt werden konnte, dass an der Stelle, wo heute im Knie der breiten, mit Akazien bepflanzten traulichen Dorfstrasse das villenartige, in seinem grell weissen Anstrich die dörfliche Harmonie empfindlich störende Mietshaus emporragt, noch vor 15 Jahren ein aus dem vorigen Jahrhundert stammendes altersgraues, mit seinem verwitterten Schilfdach fast bis zur Erde reichendes „Wendenhaus“ „stand. Von diesem für den Anfang unseres Jahrhunderts unzweifelhaft als südliches Ende des Dorfes anzusehenden Punkte ergaben sich bis zur Insel rund 260 Schritt. Gegenüber so erheblichen Abweichungen sämtlicher Massangaben mussten bezüglicli der Identität dieser Insel mit der gesuchten zum mindesten starke Zweifel aufsteigen, Zweifel, die mangels jeglicher anderweitigen, besonders neuerer Angaben in der Litteratur nur noch die mündliche Überlieferung, eine gründliche Nachfrage bei den ältesten Dorfbewohnern zu heben vermochte, da anzunehmen war, dass deren Väter, welche jenes wichtige Ereignis miterlebt hatten, ihren Söhnen, also den jetzigen Alten doch eine lebendige Erinnerung an dasselbe übermittelt haben mussten.
Diese für unsere weitere Forschung allein noch übrige „Quelle“ spendete als anregendes Resultat zunächst den wirklichen Namen des gesuchten Eilandes, floss aber, wie ich bald wahrnehmen konnte, in zw'ei verschiedenen Richtungen. Der hiermit glücklich der Vergessenheit entrissene Name lautet: „die Pfingstinsel“ weil, wie es thatsächlich der Fall ist, jenes Ereignis auf dem Pfingstsonntag d. J. 1807 fiel.
Und diese Pfingstinsel, so hiess es weiter, sei die augenblicklich in der Zuschüttung begriffene vorgenannte Insel. Bald nach ihrem Festwerden sei sie von den Fischern, als den „Nächsten dazu“ in gemeinschaftliche Grasnutzung und später, trotz des Protestes der übrigen nicht zur Fischerzunft gehörenden Einwohner, welche das Geschenk der Natur als Gern ein de gut ansehen wollten, mit dem Rechte der Verjährung als wirkliches, seitdem unbestrittenes Eigentum in Besitz genommen werden. Dann trat eine, das schliessliche Schicksal der Insel bestimmende, wichtige Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Dorfes ein. Die Einwohner hatten von Alters her das Weiderecht auf dem Pichels- werder besessen, welches in der Weise ausgeübt wurde, dass, während der „göttliche“ Kuhhirte, der als Nebenamt auch den Nachtwächterdienst inne hatte, in seinem Kahn übersetzte, die Herde nebenher den Fluss beim „Gemünde“ durchschwimmen musste, ein Schauspiel, welches die Berliner Sonntagsausflügler stets haufenweise anlockte. Als nun vor etwa 30 Jahren die Regierung die Ablösung