15. (5. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres,
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wurden nunmehr der Flachenberg und die Pfingstinsel in das tote Wasser einbegriffen, derart, dass der Flachenberg zunächst frei zwischen denselben blieb, während die zweite, gerade gegenüber dem Café „Pichels- werder“ (Rackwitz) liegende, als Fassweg eingerichtete Buhne kurz vor ihrem Kopfende unsere Pfingstinsel in zwei, oder vielmehr, einen Teil derselben bedeckend, in drei Teile zerlegte, so dass der Eindruck entstand, als läge hier statt einer ursprünglichen Insel nur ein bereits von der Buhne bewirktes beiderseitiges Landansetzen vor. Auf diese Weise ihres ursprünglichen Charakters entkleidet, konnte es geschehen, dass die wegen ihrer Kleinheit zum Unterschied vom Flachenberg stets herrenlos gebliebene Pfingstinsel, zu der unser Gewährsmann in seiner Jugend die noch scharenweise zu diesem Naturwunder wallfahrenden Berliner unzählige Mal im vollbesetzten Kahne übersetzte, bald der Vergessenheit anheimfiel in dem Grade, dass die Namen der beiden nahe neben einander liegenden, aus den Fluten erstandenen Inseln mit der Zeit fast gleichbedeutend wurden, und der eigenartige Zauber, der den kleineren, aber unscheinbar gewordenen Gegenstand umwebte, auf den grösseren, wertvolleren überging, ein wohl erklärliches qui pro quo!
Jetzt sind, wie bereits erwähnt wurde, die Köpfe der beiden ersten unterhalb des Dorfes liegenden Buhnen durch einen von der Pichels- dorfer Brauerei erbauten Längsdamm, hinter welchen sowohl die Pfingstinsel wie der Flachenberg der bald vollendeten Zuschüttung entgegensehen, verbunden; bald deckt ein gemeinsames Grab beide Inseln, als Opfer des alles nivellierenden Erwerbslebens und nichts wird den Wanderer, der künftig diese Stätte betritt, und dessen Auge an Stelle des ehemaligen 300 Meter breiten Pichelsee’s nur den gleichmässig auf 100 Meter eingeengten Havelfluss erblickt, daran erinnern, dass hier im Anfang des wendenden Jahrhunderts ein in der Naturgeschichte unserer Mark wohl einzig*) dastehendes Ereignis stattfand.
Es erscheint unmöglich, diese Mitteilungen zu schliessen, ohne die Frage gestreift zu haben: „Wie erklärt die Wissenschaft das geschilderte Ereignis, welches wohl geeignet erschien, den Gedanken auf vulkanische Thätigkeit zu lenken.“
ln der That ist der erste Erklärungsversuch von Dittmar in den Berlinischen Nachrichten u. s. f. vom 26. Mai 1807 nicht weit von dieser Annahme entfernt. Hier wird das Entstehen der Pfingstinsel mit andern grossartigen Naturerscheinungen z. B. Monte Nuovo in Italien, Insel Santorin u. a. in Parallele gestellt und unter dem Havelbette das Vor-
*) Über einen ähnlichen Fall berichtet Berghaus (Landbuch I. p. 481) vom Dreetzer See, nördlich von Oranienburg, in welchem sich während der Nacht vom 25. auf 26. April 1832 eine kleine Insel gebildet hatte, die aber bald wieder verschwunden ist . und nur eine Untiefe zurückliess
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