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Kleine Mitteilungen.
Kleine Mitteilungen.
Aschermittwochs-Brauch in Brandenburg a/Havel. Am Aschermittwoch schmücken sich die Schülerinnen der Töchterschule mit Bändern, welche sie wie eine Schärpe von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte über das Kleid hängen und auf der Schulter mit einer Schleife befestigen. Über das Band streifen sie dann die sog. Fastenbretzel (Schaumbretzel). Die Farbe der Bänder ist verschieden; doch ist dieselbe bei den Schülerinnen derselben Klasse die gleiche. Dem Bäcker ist dies eine willkommene Sitte; am bewussten Tage findet er sich regelmässig bei Schulanfang und in den Zwischenpausen auf dem Schulhofe mit grossen Körben der begehrenswerten Waare ein, um deren Absatz er nicht zu sorgen braucht. Dem Lehrer werden oftmals Fastenbretzel, zuweilen in recht stattlicher Zahl, als Tribut auf den Tisch gelegt. Brandenburg, 15. Febr. 1896. Bruno Heller.
Spandauer Eisen. „Spandauer Wind“ (Regenwind für Berlin) und „Spandauer Zimmt-Pretzeln“ kennt jedes richtige Berliner Kind*), dagegen gestehe ich zu, dass ich „Spandauer Eisen“ erst aus den Verhandlungen kennen gelernt habe, welche am 19. Dezember 1895 in Betreff von angeblich in Württembergischen Straf- und Irren-Anstalten vorgekonnnenen Misshandlungen in der Württembergischen Abgeordnetenkammer stattfanden. In dem Bericht darüber heist es: „Einen peinlichen Eindruck in der Kammer machten die Auskünfte des Justizministers Dr. v. Faber über die schweren Strafarten, die der Beschwerdeführer Julius Pfeiffer im Stuttgarter Zuchthause zu erdulden hatte. Pfeiffer, der wegen Totschlags — er hatte im Zorn seinen Schwager erdolcht — zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt war, ist einmal wegen Drohungen drei Monate lang in „Spandauer Eisen“ gelegt worden. Diese Spandauer Eisen sind breite, innen mit Leder gefütterte Eisenbiinder, die oberhalb des Fussknöchels über dem Strumpfe und den Unterhosen zusammengesclmiiedet werden; sie sind mit Ketten versehen, die Bewegung hindern sie nicht; das Anse.hmieden geschieht mit Hülfe eines kleinen Ambos und soll schmerzlos sein. Als sich nach der Verbüssung der Fesselung Pfeiffer noch widerspenstig zeigte, wurde er in Dunkelarrest gesteckt und erhielt gleichzeitig Kostschmälerung. Noch während der Fesselung in den Spandauer Eisen soll der Striifling Spuren von Irrsinn gezeigt haben.“ Höchst wahrscheinlich bezieht sich die Bezeichnung „Spandauer Eisen“ auf eine Fesselungsart, welche in dem ehemals in Spandau befindlichen grossen Zuchthause üblich gewesen sein mag.
*) Vgl. den alten Klapphornvers:
Berliner Kind,
Spandauer Wind, Charlottenburger Pferd, Sind keinen Dreier wert.