Heft 
(1896) 4
Seite
414
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Fragekasten.

Fragekasten.

Einbaum Die ursprünglichste Schifffahrt ist in ausgehöhlten Baum- stämmen (Einbäume genannt) betrieben worden. Die Zahl dieser Fahrzeuge in unseren Gegenden, sofern sie noch im Gebrauch sind, wird mit jedem Jahr geringer. Vor einigen Jahren sah ich noch auf dem Chiem-See einen aus einem riesigen Eichbaum gefertigten Einbaum. Jetzt verrottet er als Merkwürdigkeit auf dem Hof des Bayrischen National-Museums in München. Auf der ungarischen Kunst- und Industrie-Ausstellung zu Budapest i. J. 1885 bemerkte ich neue, aus Lindenstämmen gefertigte Einbäume zum Verkauf. Vor 8 Jahren sah ich einen kleinen Einbaum, aus Pappelholz gefertigt, auf der Spree liegen, in Martinikenfelde, da, wo der Kanal von Plötzensee kommend in den Strom einmündet. Ebenso traf ich vor der alten (hölzernen) Moabiter Brücke in Berlin einen aus einem Pappelstamm gefertigten Einbaum, dessen sich polnische Ramm-Arbeiter bei der Ausbesserung der Brücke bedienten, dgl. einen solchen ca. 1887 im Tegeler See bei der Malche. Diese Pappel-Einbäume waren polnischer Herkunft: auf der Warthe, namentlich auf der Weichsel ist solche Art von Einbäumen noch heut im Gebrauch. Den Holztriften fährt bei niedrigem Wasserstande ein Mann im Einbaum voraus, um das Fahrwasser anzuzeigen, damit die schweren Floss- hölzer (Karinen) nicht auf die Sandbänke geraten. Am 17. Nov. 1895 be­merkte ich zu meiner Überraschung an der Spree am linken Ufer gegenüber Friedrichshagen bei Coepenick einen kohlschwarz aussehenden, ziemlich roh gefertigten Einbaum, ob aus Pappelholz oder Lindenholz war wegen der schwarzen Theeranstrichs schwer entscheidbar, etwa 12 Fuss lang, halb im Wasser unterhalb des Müggelschlosses bei der Überfahrt liegend. Vertrauen­erweckend war sein Zustand nicht gerade sehr; mehr wie Einen Menschen konnte dieserKippelkahn nicht tragen.

Im Dezember 1895 ging durch die Zeitungen die Nachricht, dass im Moor bei Rathenow ein vorgeschichtlicher Einbaum aus einem Eichenstamme gefertigt ausgegraben sei. Die vorgeschichtlichen Einbäume unserer Heimat sind, soweit mir bekannt, sämtlich aus Steineichen oder Sommereichen gefertigt. Mitunter werden in unseren Mooren auch schmalere Einbäume gefunden und von Unkundigen als Kähne erklärt, während es sich in der­gleichen Fällen um lange Einbaumtrög e zum Tränken des Viehs handelt. Ernst Friedel.

Nachträglich teilt mir Professor Dr. Joh. Frenzel mit, dass auch der Friedrichshagener Einbaum aus Pappelholz sei und von polnischen Flössern herrühre. E. Fr.