Heft 
(1897) 6
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A. Parisius, Die Kirche in Gross-Beeren.

Berliner Sängerchor gesungene Festkantate. In einem solennen Festmahl im Hause der Frau v. Geist fand die Festlichkeit ihren Abschluss.

Etwa vier Wochen später traf noch als letztes Geschenk des Königs der neue Taufstein ein, welcher noch jetzt diesem Zwecke dient. Die Einweihung desselben gestaltete sich ebenfalls festlich. Am 17. Oktober 1820 war dem Pastor Schulze eine Tochter geboren und sie sollte der erste Täufling werden. Die Tochter des Königs, Prinzessin Alexandrine, und ebenso die Prinzessin Wilhelm, die Schwägerin des Königs, über­nahmen eine Patenstelle. Die Prinzessin Wilhelm, damals die erste Dame des königlichen Hauses, hat sich bekanntlich in den schweren Kriegszeiten besonders durch Gründung und Leitung der vaterländischen Frauenvereine zur Pflege der Verwundeten verdient gemacht. Die Prin­zessin Alexandrine ist die spätere Grossherzogin von Mecklenburg- Schwerin, die einzige Schwester Kaiser Wilhelms I., die ihn überlebt hat. Prinzessin Wilhelm war bei der am 8. November 1820 durch Superintendent Pelkmann vollzogenen Taufe selbst anwesend und hielt das Kind über der Taufe. Natürlich erhielt die Kleine auch die Namen der hohen Paten: Alexandrine und Marianne*). Pastor Schulze unter­lässt auch nicht zu bemerken, dass die Prinzessin einige Zeit im Pfarr- hause zu verweilen geruht und seiner kleinen Tochter sehr wertvolle Andenken verehrt habe.

Vielleicht interessieren schliesslich auch die Kosten des Baues. Aus einer von Pastor Schulze aufgestellten Rechnung betrugen die Gesamtkosten 16 000 Thaler, davon die des Abbruchs des alten Ge­mäuers 320 Thaler. Aus Kirchenmitteln sind 500 Thaler zugeschossen, alles Übrige ist, so viel ich sehe, aus der Regierungskasse bezahlt.

Sehr bald stellte sich heraus, dass der Bau sehr viele Reparaturen erforderte, und es war nun die Frage, wer diese bezahlen sollte. Zu­nächst wurde der Grundsatz aufgestellt, dass zwischen dem Bedürfnis einer einfachen Dorfkirche und dem Luxusbau zu unterscheiden sei. Für ersteres solle die Kirchenkasse aufkommen, für letzteren der Fiskus. Aber nun ergab sich bei jeder einzelnen Reparatur die Schwierigkeit festzustellen, was gehört zum Luxusbau und was zur einfachen Land­kirche. Jahrzehnte lang entspannen sich aus jener Unterscheidung die widerwärtigsten Zwistigkeiten zwischen dem Fiskus einer- und Patron und Kiichengemeinde anderseits. Dieselben sind endlich durch einen Vertrag vom 31. Januar 1870 definitiv dahin beseitigt, dass ersterer 3/4, die letzteren bezw. die Kirchenkasse 1/ 4 der Reparaturkosten zu tragen hat.

Übrigens hatte vor Erbauung der Kirche die Umgebung derselben ein ganz anderes Aussehen. Nach einer Zeichnung des Pastors Schulze

*) Prinzessin Wilhelm hiess Maria Anna Hessen-Homburg.

und war eine geborene Prinzessin von