Heft 
(1903) 12
Seite
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G. Sollo, Dev Roland zu Perleberg und andere märkische Rolande.

ungenau, sondern geradezu irreführend waren, und dass diedeutliche Sprache, welche es nach Iiietschel in der Diskussion über die Bedeutung der Rolandstatuen führen soll, nur auf Sinnestäuschung beruht.

Auch nach Rietschel gehören die Rolande dem Interessenkreise der Städte an;das monumentale Bild sollte zweifellos nichts anderes be­deuten als die dauernde Gerichtsherrschaft des fürstlichen Stadtherrn über die Stadt (S. 464). Die Errichtung des Perleberger Roland jeden­falls erfolgte, wie wir sehen werden, auf städtische Kosten und war eine städtische Angelegenheit. Das auf dem Rathause zu Perleberg domizilierte Kurfürstliche Landgericht derPriegnitz dagegen war das Gericht erster Instanz für die Landbevölkerung der Provinz; für die Städte, also auch für Perleberg, war dasselbe nicht kom­petent; diese behielten vielmehr ihre bisherigen Gerichte unverändert; dass der Perleberger Bürgermeister im Laufe des Jahres 1547 mit dem Landrichteramte belehnt wurde, schuf nicht die geringsten Beziehungen zwischen Landgericht und Stadt. Der einzige Gewinn, den diese von der neuen Institution erhoffen konnte, war eine stärkere Frequenz der Landleute und des mit ihnen prozessierenden Landadels an den alle 4 Wochen stattfindenden Gerichtstagen. Mag man wirklich glauben, die biederen Bürger einer brandenburgischen Kleinstadt hätten auf den Gedanken kommen sollen, diesen Provinzialen zu Ehren auf ihre Kosten auf dem Markte ihresNestes (um mit Rietschel zu reden) einen ein­schliesslich des Sockels 5 in hohenRoland als Sinnbild der hohen Gerichtsbarkeit des Kurfürsten über ihre Stadt zu errichten?

Will man einen Zusammenhang zwischen Bild und Gericht suchen, so könnte man diesen eher in einem Gegensatz beider, statt in einer nicht vorhandenen Harmonie finden. Damit das vom Kurfürsten in der Stadt, nicht für dieselbe eingesetzte kurfürstliche Gericht dieser nicht etwa irgendwie oder irgendwann präjudizierlich werde, könnten Rat und Bürgerschaft als eine Art Rechtsverwahrung das von jeher als Sinnbild kommunaler Privilegien verständliche Bild des städtischen Roland errichtet haben!

Aber auch die zeitliche Übereinstimmung der Errichtung von Bild­säule und Gericht ist sehr fraglich. Die Landgerichtsordnung ist vom 20. Dezember 154(1 datiert; zu Anfang Februar 1547 war sie noch nicht ausgegeben; die Personen des Landrichters und Gerichtsschreibers waren noch nicht bestimmt*). Die Statue dagegen, vorausgesetzt dass die Jahres­zahl 1546 auf ihre Errichtung geht, muss zu einer für solche Arbeit geeigneten Jahreszeit, spätestens im Herbst d. J. aufgestellt worden sein; man würde sie daher etwa zu Anfang des Jahres in Bestellung gegeben,

') Riedel, Cod. dipl. Brandenb. A, I, 218.

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