^>80 G. Sello, Der Roland zu Ferleberg und andere märkische Rolar^^
ihre Errichtung Ende 1545 beschlossen haben. Solcher hypothetischer Berechnungen bedarf es aber garnicht. Zunächst ist die Statue, wie sie jetzt dasteht, nicht von 154b. Sie trägt nicht die phantastische Kriegertracht, mit welcher die Künstler der Renaissance und des Barock die Helden des klassischen Altertums, der Bibel und wohl auch der germanischen Vorzeit zu schmücken liebten, und welche z. B. die jüngeren Rolande zu Bramstedt und Zehden, wie auch des Pseudo-Roland zu Erfurt, zeigen. Ihre Rüstung soll, abgesehen von einigen nicht wesentlichen Barock-Ornamenten, mittelalterlich sein, ist aber nur eine verständnislose Nachahmung.
Das 16. Jahrhundert ist die eigentliche Blüteperiode der deutschen Harnischschmiedekunst, obwohl, oder vielleicht gerade weil diese damals nicht mehr so sehr für das praktische Bedürfnis wie für den repräsentativen Luxus schuf. Künstler und Laien waren daher gegen die Mitte des Jahrhunderts mit den Einzelheiten wenigstens einer einfachen Harnischtracht noch vollkommen vertraut. Die Waffnung des Perleberger Roland indessen zeigt so absolute Unmöglichkeiten in der Zusammenfügung der Harnischteile, dass ihr Verfertiger, obwohl ihm das skizzenhafte Bild einer spätmittelalterlichen Rüstung Vorgelegen haben mag, von der Konstruktion einer solchen gar keine rechte Vorstellung gehabt haben kann. Im wesentlichen richtig scheint nur die Bewehrung der Beine zu sein; vielleicht sind diese überarbeitete Reste einer älteren Statue, von welcher gleich die Rede sein wird. Der gebogene und geschweifte Prunkschild mit seiner Einfassung von schlaffen Akanthus- Blättern, der Wappenadler desselben mit dem Kurhut auf dem Kopfe und den verdrehten Fängen gehört dem XVII. Jahrhundert an, und in diese Periode, schwerlich in den Anfang derselben, wird das ganze Bildwerk zu setzen sein. Es wäre also nur die undatierte Erneuerung einer 1546 errichteten Statue. Aber selbst bei dieser würde es sich nicht um eine primäre Errichtung zu Ehren des neuen Landgerichts oder zum Protest gegen dasselbe, oder aus einer anderen Veranlassung gehandelt haben, sondern um den Ersatz einer noch älteren Statue. Im „Roten Buch“ der Stadt*), einer zu Ende des XV. Jahrhunderts begonnenen Sammlung von Rats- und Gerichtsprotokollen und mancherlei städtischen Memorabilien, findet sich S. 378—381 eine Zusammenstellung von datierten und undatierten, die Zeit von 1476—1516 umfassenden, nicht streng chronologisch geordneten Ausgaben in Landes- und Stadtangelegenheiten, unter denen, ohne eigenes Datum, aber gleichzeitig mit einer vorangehenden Notiz von 1468 und einer nachfolgenden von 1500, betr. städtische Brücken- und Befestigungsbauten, eingetragen ist: ft ein
*) Vgl, die kurze unzulängliche Beschreibung desselben bei Riedel, 1. c. S. 121; ferner E. Liesegang, Forsch, z. Brandenb. u. Preuss. Gesch. IV. 120, Anw. 5.