Heft 
(1903) 12
Seite
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G. Sello, Der Roland zu Perleberg und andere märkische Rolande. 283

bilder bis an die Zeit des ersten Erscheinens dieser Kommunen als deutsche Städte heranrücken. Berlin aber hatte sein Recht nicht von Magdeburg, sondern von Brandenburg empfangen. Es genügt des­wegen auf die Rechtsmitteilung Berlins an Frankfurt a. 0., 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts* *), hinzuweisen, in welcher es heisst: sicut tra- ditum tenemus a Brandenburgensibus, ita vobis . . . tradimus. Kann es unter diesen Umständen etwas wahrscheinlicheres geben, als dass Berlin auch das Vorbild seines Roland nicht erst in Magdeburg zu suchen brauchte, sondern ebenfalls in Brandenburg fand? Wir dürfen also dort, d. h. in der Neustadt, etwa im 3. Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts einen Roland voraussetzen. Derselbe war natürlich einige Zeit vorher, etwa, um eine runde Jahreszahl zu nennen, ca. 1200, errichtet und zwar selbstverständlich nach dem Magdeburger Modell, welches auch bei der letzten Total-Erueuerung des Standbildes 1474 so genau bewahrt wurde, dass die Beschreibung, welche G. Ililtl von der jetzt noch stehenden Brandenburger Statue gegeben hat, wörtlich auf die 1631 zerstörte, nur aus einem Holzschnitt von 1588 bei Pomarius bekannte Magdeburger**) passt. Was freilich den ursprünglichen Rechtsnexus Brandenburgs mit Magdeburg anlangt, so können wir uns nur auf die Schlüssigkeit der Gesamt-Situation berufen, welche besonderen Nachdruck dadurch erhält, dass die Neustadt-Brandenburg, eine deutsche Anlage aus der Zeit nach 1150 resp. 1157, in dem Jahre, in welchem sie zuerst urkundlich erwähnt wird, 1196, von den Markgrafen dem Erzbischof von Magdeburg mit anderem bisherigen Allodialbesitz zum Obereigentum aufgetragen wurde, dass die Rekonstruktion des Brandenburger Domkapitels im 12. Jahr­hundert über Leitzkau von Magdeburg aus, und ebenso die Germani- sierung des Umlandes vorzüglich von dorther erfolgte. Eine eigene Urkunde, in welcher der Stadt libertas illius iuris, quo civitas Magdeburgensis fruitur (Worte der Bewidinung Jüterbogks mit Magdeburger Recht, 1174), verliehen wurde, mag garnicht aufgestellt worden sein: die Entwicklung lenkte notwendigerweise selbst in diese

Wickelung der Lokalverhältnisse. Ersteres ist der Fall in Hamburg und Elbing, wo die Rolande am Hafen (resp. Flussufer) errichtet wurden; letzteres in Berlin. Die dortige erste Stadterweiterung, Erbauung des Rathauses in der Königstrasse, der Ge- riclvtslaubo, der Marienkirche, fällt in die 2. Hälfte des 13. Jahrh.; wäre der Roland später errichtet, so hätte er hier seinen Platz gefunden. Er stand aber im ältesten Teil der deutschen Stadt, auf dem Molkenmarkt, wurde also bei oder bald nach deren Anlegung errichtet, und machte die Auswanderung der Verwaltungs- und Gerichts­behörden nach der Königstrasse nicht mit.

*) Voigt-Fidicin. UB. z. Berlin. Chronik, 1880, S 8.

**) Diese war erst 1459 von Meister Kunz aus Erfurt neu aus Stein gefertigt worden; dass sie bemalt war, wird ausdrücklich in der Magdeburger Schöffenchronik bezeugt.