Heft 
(1903) 12
Seite
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Kleine Mitteilungen.

französischen Revolution. Als Kaiser Josef II. im Jahre 1781 bei einem Besuch Aachens vom Kapitel eingeladen wurde, die grossen Reliquien zu be­sichtigen, fragte er in seiner bekannten freigeistigen Art, ob die Reliquien autentisch seien. Als das Kapitel eine ausreichende Antwort zu geben nicht vermochte, lehnte der Kaiser die erhaltene Einladung ab.

Der Ziegenkrug im Krämer. Zwischen Bötzow und Wansdorf zweigt sich in der Richtung nach N.W. eine alte Heerstrasse ab, welche beim sogenannten Ziegenkruge, einem idyllisch unter hochragenden Eichen und alten Linden gelegenen übereinfachen Waldkruge, in den Krämer (an Ort und Stelle auch Craemer geschrieben und von Berghaus Krumer genannt) tritt. Wem das liebevolle Verständniss für die Poesie des gelben märkischen Sandes noch nicht anfgegangen ist, der wandle diese Strasse. Bald ist der Waldsaum erreicht, der feste Weg mit seinen Rasenstreifen dahin, und es beginnt nun der von dürren, dichtstehenden niedrigen Kiefern eingesäumte Sandweg, auf dem die knarrenden Wagenräder nur deswegen keine tieferen Spuren lassen, weil der feine Sand sofort wieder in die Wagenfurche zurück - rieselt. Diese alten Wege sind jetzt selten geworden, selten wie die einsamen Fuhrmannsschänken im Walde, denen der Volksmund oft charakteristische Namen gegeben hat: die dürre Ziege, die Totenschänke, der Tollkrug, der hungrige Wolf, der wilde Mann, der Ileidekrug, der grüne Baum, der Finkenherd, das Bierfässchen, der grüne Tisch, der Sperlingskrug und unser Ziegenkrug. Fette Ziegen und magere Schankwirte, wer hätte solches je gesehen? Es wird schon so sein, dass der Ziegenkrug seinen Namen erhalten hat von dem dürren Boden, auf dem er lag und seinen Mann ernährte, solange noch die alte Poststrasse von Berlin über Tegel am Ziegenkrug vorüber nach Fehrbellin führte. Wenige Schritt vom Ziegenkrug steht noch einer jener obeliskenförmigen hohen Postmeilensteine, die jetzt aussterben. Der erste, von Berlin aus gerechnet, steht noch heut am Eingang zum Tegeler Schlosspark; der zweite muss nach ungefährer Schätzung in der Nähe der Blockbrücke zwischen Hennigsdorf und Bötzow gestanden haben. Der Ziegenkrug ist jetzt ein Ziegelrohbau, hat aber noch eine jener alten auf Säulen ruhenden weiten Vorlauben, unter denen man stets lieber zwei Krüge trinkt als einen. Ist das letzte Sandkörnchen hinuntergespült, so sind auch die Strapazen vergessen, welche uns der Weg durch die Mar- witzer Oberheide auferlegte, und vor uns liegt der herrliche erfrischende Wald des Krämers, in welchem Kiefern mit Eichen und Birken wechseln und jn dem die Vögel fast anders singen als in den aus Bäumen und Stullenpapier be­stehenden Kiefernhainen in der Nähe der Grossstadt. Doch geht noch ein leises Ächzen und Klingen durch die Luft wie das Knarren hölzerner Rad­achsen in weiter Ferne, wie verhallendes Schellengeläute. Es steckt noch etwas von der Poesie des gelben Sandes in uns und verlässt uns nicht, bis uns die hochstämmigen Eichen am Krämerpfuhl umrauschen. 0. Monke. 26. 6. 03.

Die Herren Autoren werden gebeten, auf ihren Manuskripten vermerken zu wollen, wieviel Exemplare der betreffenden Nummer sie zu erhalten wünschen.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Ctistriner Platz 9. Die Einsender

haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteilungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bernburgerstrasse 14.