Heft 
(1903) 12
Seite
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Kleine Mitteilungen.

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etwa um 6 Uhr Abends verlassen. Im Restaurant Hippodrom, Charlottenburg am Knie vereinigten sich noch etwa 30 Mitglieder in zwangloser Weise und in fröhlicher Stimmung und in voller Befriedigung trennten sich etwa um 7Va Uhr Abends die Mitglieder und Freunde unserer Gesellschaft für Heimatkunde.

Kleine Mitteilungen.

Reckins Grab im Krämer bei Vehlefanz, Kreis Ost-Havelland. In dem zwischen Kremmen und Spandau gelegenen Walde, welcher den Namen der Krämer führt, steht im Jagen 77 an einem Kreuzwege eine uralte, jetzt hohTe Eiche, die einst etwa 5 l /a m Umfang, gehabt haben mag. Die eigene Krone ist längst dahin; doch hat der morsche Stumpf in 3 m Höhe, noch einen frischen Ast getrieben, welcher sich mehrfach verzweigt, sodass aus dem Stumpf dadurch wieder ein Baum geworden ist. Hier schneidet sich der Börnicker Weg mit dem sogenannten Steinbergsweg. Der Baum war bereits vor 100 Jahren hohl, und die Volkssage berichtet, dass sich im Jahre 1806 oder 1807 der Förster Reckin vom nahen Forsthaus Krämerpfuhl häufig darin versteckt habe, um einzelnen oder in kleinen Trupps vorüber­ziehenden Franzosen aufzulauern. Er erschoss die verhassten Feinde aus dem Hinterhalt, und entkam einmal ein Franzose, so vermochte er doch niemals zu sagen, wer geschossen habe. So trieb Reckin längere Zeit sein Wesen, und mancher Franzose musste sein Leben lassen. Schliesslich aber ereilte ihn das Schicksal. Als er wieder einmal ein Opfer niederknallte, be­merkten dessen nachfolgende Kameraden am aufsteigenden Pulverdampf, woher der Schuss gekommen war. Sie umstellten den Baum und erschossen den Förster. Begraben wurde Reck in am Börnicker Wege etwa 300 Schritt westlich von der Eiche. Ein flacher Hügel von einigen Metern Länge wird alsReckins Grab bezeichnet. Vorübergehende aber werfen Kiefernzweige auf das Grab, und noch heute üben Waldarbeiter und beerensuchende Weiber den alten Brauch,um dem Reckin eine Ehre zu erweisen. Manche Leute sagen aber, das Grab sei weit älter, viel älter sogar als 100 Jahre, und Förster Reckin habe dort nicht Franzosen, sondern Schweden erschossen. Das mildert seine Schuld vielleicht etwas; denn die Schweden traten jawohl häufig nicht als Soldaten, sondern als Raubgesindel auf.

Otto Monke. 24.6.03.

Die Stelle wurde von der Pflegschaft der Brandenburgs in meiner Gegenwart unter Führung des Herrn Revierförsters Wagner, Forsthaus Krämer-Pfuhl, heute besichtigt und fanden wir frische, zum Teil belaubte Zweige auf dem Teil des flachen, etwa 30 cm hohen Hügelzugs, den das Volk als Reckins Grab anspricht.

Vehlefanz, Sonntag, den 16. August 1903.

Ernst Friedei.