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Elisabeth Lemke
Nachtrag.
Nicht nur die rote Farbe, sondern auch Thor-Donar hatte mich zu der kleinen Arbeit gereizt. Dem gewaltigen Donnergotte erwuchs einst in ferner Zeit aus allgemeinen Götter- und Dämonen-Rechten ein besonderes Recht, indem das Rot seine Farbe wurde. Das konnte unmöglich unberücksichtigt bleiben. Die einmal heraufbeschworenen Geister haben sich freilich nicht mit einigen Worten abfertigen lassen.
Hier will ich noch einige Mitteilungen bringen, die indes nur z. T. dem gedachten Kreise angehören.
' Aus der Gegend von Lyck (Ostpreußen) erzählte man mir: „Vom ersten Tag an bekommen die Fohlchen (Füllen) rotes Band in die Mähne geknüpft. Das behalten sie 14 Tage lang. Die Fohlchen werden immer gleich so viel besehen; da ist es nötig, daß sie rotes Band haben.“
In Dirschau (Westpreußen) wurde soeben gepflanzten Bäumchen rotes Band umgebunden.
Paul Piger, Geburt, Hochzeit und Tod in der Iglauer Sprachinsel in Mähren. (Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1896; S. 253f.) Das Kind wird am Tauftage in ein weißes Kissen gewickelt, „das mit einem brennend roten Band zusammengeschnürt wird, denn dies hilft gegen das Verschreien'. — Auch die Kühe erhalten beim ersten Weidegang ein rotes Band als Schutz.
Stanislaus Prato, Sonne, Mond und Sterne als Schönheitssymbole in Volksmärchen und -Liedern. (Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1825; S. 381.) „In No. 11 [einer indischen Märchensammlung] hat Sonahri Rani (d. i. goldene Königin) goldenes Haar und goldene Zähne. In No. 15 gleicht das Haar von Jahur Rani rotem Golde (der echten Farbe der Sonne).“
Wilhelm Schwartz, Prähistorisch - anthropologische Studien. (Berlin, W. Hertz; 1884.) S. 87. Es wird an die megarische Sage erinnert, in der von dem purpurnen oder goldenen Haar des Vaters der Skylla die Rede ist. „Der Übergang von Feuer in Gold findet sich auch sonst in der Mythologie“. — S. 88 wird auf die weitverbreitete Vorstellung gewiesen: daß ein Schatz brenne.
Theodor Siebs, Das Vaterland. (Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1893; S. 266.) „Aus keinem andern friesischen Gebiete sind mir so wertvolle Berichte über die Hochzeitsfeier bekannt geworden. Die Bräuche sind altes Erbgut. Als der am besten geeignete Wochentag gilt der Donnerstag (tunersdei), der dem Gotte der Ehe heilig war.“ Die Gäste spenden die „hoclitidshanen“. — „Auch hierin ist vielleicht eine Spur des Thunerkultes zu sehen.“