Heft 
(1913) 4
Seite
38
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Leipzig, d. 20. Oktober.

Lieber Vater!

Die Völkerschlacht ist geschlagen. Wir haben durch des allmächtigen Gottes Hülfe gesiegt. 6 Tage dauerte der Völkerkampf; an meinem Geburts­tage wendete er sich ganz zu unserem Gunsten. Ich-Rudolf muß es

auch feyn, denn - auf jenseit der Elbe kommandiert - noch nicht

zurück, als die Schlacht geliefert ward. Nap. hat 200 Kanonen, 2000 u. 7000 M. verloren. Wir haben den König von Sachsen und 21 Generale. Auerstädt war nichts gegen seine jetzige Niederlage. Der Obrist schickt Dir hier ein paar Leipziger Zeitungen, er bittet sie seiner Frau zu kommunizieren. Grüße Mutter u. Geschwister u. Freunde von

Deinem treuen

Sohn

- Hans.

Eben kommt Rudolf u. er ist wohl.

Leipzig, Markt Randstädt, d. 21. Okt. 1813.

Lieber Vater!

Die Greuel- u. Schreckenscenen haben sich gehäuft u. hoffentlich jetzt ihren höchsten Gipfel erreicht. Drei Kaiser und 3 Könige kämpften um Freiheit, Ehre, Existenz. 5 Tage lang schlugen sich 500 000 Menschen; aus 3000 Feuerschlünden verbreitete sich Tod und Verderben. Ich finde keine Worte, um diese Scenen zu beschreiben. Die Hauptsache ist, wir haben gesiegt. Rudolf lebt und ist gesund, so wie ich. Wir heben unsere Hände zum Himmel und danken Gott! Es waren die schrecklichsten, feierlichsten Tage meines Lebens. Vorgestern an meinem Geburtstage d. 19. Oktober nahmen wir Leipzig, bei dem sich zu­letzt alles conzentrierte, u. hiermit entschied sich die Sache! Das Resultat unseres Sieges ist 21 gefangene Generale, 200 Kanonen und eine zahllose Menge Gefangener. Man schätzt Nap. Verluste bis jetzt auf 70 000 M. Eben jetzt ist eine heftige Kanonade bei Weißenfels, wo Schwarzenberg und Blücher ihn wahrscheinlich wieder angegriffen haben. Gestern Abend sprach ich zu meiner großen Freude Schenkendorf in Leipzig, dessen Pferd an: 17. Oktober blessiert ist. Von ihm erfuhr ich, daß Ernst Kanitz, Karl Grüben, Münchow u. alle unsere dortigen Freunde wohl sind. Sie haben meinen Geburtstag zu­sammen gefeiert. Henkel und der Obrist sind wohl u. grüßen. Kalnein ist auch gesund. Schack hat wieder einen Bruder verloren. Ich schreibe hier in großer Eile in einem Hause, wo vorgestern Napoleon gewohnt. Es hieß heute, daß er sey gefangen, durchkommen wird er schwer. Es ist hier eine Erinnerung der Scenen an der Beresina.

Der König von Sachsen, Regnier, Lauriston sind gefangen. Während, der Schlacht gingen viele Regimenter zu uns über.

Rudolf grüßt herzlich! ich stehe mit ihm zusammen auf dem Bivouaq.

Grüße Mutter, Geschwister u. Freunde herzlich

Dein treuer Sohn Hans.

Ich sah den König und Prinzen von-; elfterer machte uns viele

Lobsprüche.

Hans von Auerswald, der Schreiber der beiden vorstehenden Briefe, von denen der erste als Faksimile diesen Blättern eingefügt ist, war am 19. Okt. 1792 geboren. 1810 bezog er die Universität in Königsberg, um die Rechte