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Pommern gefunden sind. Bei unserm Exemplar müssen die farbigen Steine abgefallen sein. Diese Zierart tritt in dem Metallhandwerk unserer Gegend um 900 nach Christus neu auf. Sie stammt ebenso wie die Fibel mit umgeschlagenem Fuße aus Südrußland. Trotz dieser Verwandtschaft mit südrussischen Fibeln in Form und Verzierung dürfen wir die Fibeln von Kuhbier nicht als Stücke an- sehen, die in Südrußland oder anderswo in der Ferne hergestellt und von dort nach Norddeutschland verkauft sind. Sie sind vielmehr in Norddeutschland, zum Teil in der Prignitz oder ihrer näheren Umgebung, hergestellt; denn hier haben sie ihr Hauptverbreitungsgeüiet. Die Fibeln wie Taf. I 2, II 2, 4 6 gehören der Zeit um 800 und dem 4. Jahrhundert nach Christus an.
Zur Kleidung gehörte auch die Gürtelschnalle. Mehrmals ist sie in Kuhbier den Toten mit ins Grab gegeben. Ihre Form ist länglich oval, ihr Material Eisen. Taf. II 11 ist eine abgebildet. Knochennadeln sind in Kuhbier nicht so häufig wie auf dem Friedhof von Dahlhausen gefunden Doch kommen auch sie hier vor und zeichnen sich ebenfalls durch feine Profilierung des Kopfes aus (Taf. II 7). Als Schmuck trugen die Frauen Ketten von Glas- und Bernsteinperlen. Die Glasperlen (Taf. II 9) sind sehr verschieden in Form und Farbe. Sie sind aus dem Bereiche der römischen Kultur eingeführt, doch läßt sich ihr Fabrikationszentrum noch nicht näher feststellen. Unter den Bernsteinperlen (Taf. II 3) ist die 8 förmige bemerkenswert. Sie tritt erst seit dem 3. Jahrhundert auf.
In Frauengräbern fanden sich Spinnwirtel aus Ton oder Stein. Sie dienten dazu, den unteren Teil der Spindel zu beschweren. 2 Formen treten besonders in Kuhbier aus: ein flacher, scheibenförmiger Wirtel wie Taf. I 1 und eine konische Form wie I 3. Aus Frauengräbern stammen auch die eisernen Schlüssel (Taf. II 10 oben), die die Form des modernen Dietrichs haben. Mit ihnen öffnete man das Schloß von kleinen Holzkästchen, die damals im Gebrauche waren. Messer ans Eisen (Taf. II 10 unten) sind nicht selten beigegeben. Sie sind langgestreckt und gerade. Von ihrem Griff ist nur die Griffangel erhalten, die mit einer Schale von Holz oder Horn bedeckt war.
Waffen sind den Toten von Kuhbier selten mit ins Grab gegeben. Sie sind immer aus Eisen. Es finden sich Aexte mit Schaftloch, die meist durch ihre Kleinheit auffallen. Es sind Wohl Stücke, die für die Knaben zum Spielen und Neben angefertigt sind und ihnen auch nach ihrem Tode ins Grab mitgegeben wurden. In sehr wenigen Gräbern fanden sich Lanzenspitzen, die durch ein flaches Blatt und eine runde Tülle, die an einer Seile offen ist, gekennzeichnet werden. Von einem Schwerte ist ein Ortband erhalten, der Beschlag von dem unteren Ende der Schwertscheide. Es hat Halbkreisform und ist auch aus Eisen.
Nachstehende Aufzählung sollte an ausgewähltem Material einen Begriff von dem geben, was in den 178 Gräbern von Kuhbier gefunden ist. Alles konnte natürlich nicht aufgeführt und behandelt werden. Das muß einer eingehenden Veröffentlichung des ganzen Gräberfeldes Vorbehalten bleiben.
Auf Grund eingehender Untersuchung der einzelnen Formen, besonders der Fibeln, ist es möglich, die Zeit zu bestimmen, in der der Friedhof benutzt wurde, trotzdem wir keine geschriebenen Nachrichten von den Leuten besitzen, die hier begraben sind. Fibelformen wie Taf. II 1 gehören ins 3. Jahrhundert nach Christus, Fibeln wie Taf. I 2 und II 2, 4, 6 in die Zeit um 300 und das 4. Jahrhundert. Auch die Gefäße gleichen im Wesentlichen solchen, die aus dem 3. und 4. Jahrhundert anderswo gesunden sind. Die andern Typen sprechen für dieselbe zeitliche Ansetzung. Die Fibeln des 3. Jahrhunderts (Formen wie Taf. II 1) treten nun in Kuhbier zahlenmäßig sehr zurück; auch die Fibel mit nmgeschlagenem Fuße, die dem 3. Jahrhundert angehört, ist selten. Dagegen überwiegen die Fibelformen aus der Zeit um 300 und dem 4. Jahrhundert, besonders ans seiner ersten Hälfte und Mitte. Fibeln, die später als das Jahr 400 anzusetzen sind, fehlen. Somit ist das Gräberfeld von Kuhbier, soweit es ausgegraben ist, etwa 100 Jahre in Benutzung gewesen und zwar von der zweiten Hälfte des 3. bis zur zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Ehr. Geburt.