Heft 
(1926) 3/4
Seite
34
Einzelbild herunterladen

84

der Kleider erhalten geblieben sind. Diese Leichen sind teilweise 1,80 m groß, würde also zur Cimberngröße stimmen.

In unsern, also südlichem, Gegenden hat der Volksverband der Sueben gesessen, die später im Wirbel der Völkerwanderung ihre endliche Heimat in Schwaben gefunden haben. Von diesen Schwaben oder Sueben rühren die meisten unserer Urnenfunde her. Selbstredend kann man aus den Knochen­brandresten der vielen Urnen keine Skelettgröße feststellen. Indessen kann man sich indirekt helfen.

Die vielen Dutzende von Urnen, die wir auf dem Uthemannschen Plan bei Pritzwalk gehoben haben, enthalten die verschiedensten Mengen von Knochen­brandresten, von Kindesleichen bis zu riesigen Mannesleicheu. Eine Leiche wird bei der Verbrennung um so mehr Knochenreste hinterlassen, je größer ihr knöchernes Gerüst, das Skelett, ist.

Je größer der Mann, um so mehr Leichenbrandmasse, um so stärker die Knochendurchmesser. Beim Vergleich dieser vielen Knochennrnen in Bezug auf Menge des Brandrestes haben wir den Eindruck gewonnen, daß die weitaus meisten Knochenbrandurnen nur geringe oder doch mäßige Mengen dünner, feiner Knochen enthielten und daß nur in wenigen Urnen besonders dicke Knochen­stücke und überhaupt riesige Knochenmassen getroffen wurden. Interessant war übrigens ein Knochen, der scheinbar von einem Unterarm herrührte und eine Art Astfortsatz an der Längsseite trug. Leider war das Stück dann zerbrochen, so daß man eine weitere Fortsetzung nicht ansetzen konnte. Offenbar war es der Knochen eines Menschen, der ini Leben einen Unterarmbruch erlitten hatte und vermutlich war der Bruch so geheilt, daß eine knöcherne Brücke zwischen den beiden Unterarmknochen Elle und Speiche entstanden war. Eine schlechte Heilung, da die Drehbewegung des betr. Unterarmes somit unmöglich geworden war.

Zur Erhärtung unserer Vermutung, daß die Germanen nicht größer waren, als wir, diene folgende weitere Entdeckung.

Man hat in den letzten Monaten bei Schmöckwitz das Skelett eines in Teilen (wie es in der Vorzeit öfter geübt wurde) bestatteten Menschen gefunden, das vermutlich in die älteste Steinzeit gehört. Ob es ein germanisches Skelett ist, ist mehr als zweifelhaft. Ist auch nicht so sehr von Belang, denn schließlich müssen ja auch die Germanen ihre Ureltern irgendwo gehabt haben, und warum sollte dieses Skelett nicht einen dieser Voreltern darstellen?

Die Länge dieses nach Schädelform und -größe männlichen, ausgewachsenen Skeletts beträgt höchstens 1,60 cm. Das ist eine überraschend geringe Länge. Der Oberschenkel ist nur 40 cm, das Schienbein nur 34 cm groß.

Wir sehen, es hat schon damals genau so wie heute große und kleine Menschen (erwachsene natürlich) gegeben. Außerdem neigt man heute zu der Auffassung und unsere Erfahrungen mit unfern Kriegs- und Nach­kindern haben das bestätigt,-daß bessere klimatische, Lebens- und Wohn­

bedingungen auch dem Knochen- und Körperwachstum erst die Möglichkeit zu voller Höchstentwicklung bieten. Diese günstigeren biologischen Verhältnisse kann man unfern Altvordern aber kaum zubilligen.

Es machen sich daher unter unfern Forschern Stimmen bemerkbar, die eher eine geringe Größenzunahme unserer heutigen Geschlechter annehmen gegen­über den Germanen der Römerzeit. Das ist keine Herabwürdigung unserer Heroenzeit, wohl aber bedeutet das für unsere innere Einstellung zur Mensch- heits- und Entwicklungsfrage eine große Beruhigung. Denn wir können und dürfen uns sagen, daß wir weder geistig noch körperlich auf dem absteigenden Aste der Menschheitsentwickung sitzen. Und das soll uns ein Ansporn sein zu weiterer Arbeit an der Entwicklung unseres Volkes, an der Verbesserung seiner Lebensbedingungen und an der Stärkung unserer Lebens- und Schaffensfreude.