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Alsdan sollen sothane Vierzig gülden Renthe den begebenen, geistlichen Iungffern, so dar noch inne sind, Zugestalt") werden, aber doch also, wo die Versamblung"'- bisi aufs Zehents Jungfern erleddiget") bnd Keine inehr darinnen begeben würden, Alsidan sollen mihr alleine Zwantzigk gülden Jehrlicher Zinse denselbigen Jungfrauen, so lange eine dauoir'ch lebet aufs die Zinse Zeit entrichtet werden, die anderen Zwantzigk gülden aber sol ein Rath der Stadt Pritzwald an sich behalten vnd dauon arme leute Kleiden."
Es ist wie das Wehen einer nenen Zeit, das unbestimmte Ahnen ungekannter Geschehnisse, das uns aus diesen Worten entgegentritt. Wer weih, wie lange das Kloster noch in seiner alten Verfassung bestehen bleibt? Wer weih, welche Wandlungen noch geschehen, seit die große geschah durch Martin Luther, den deutschen Gottsucher? Man weih natürlich nicht, wann das geschehen wird, ob es geschehen wird, ja man glaubt nicht einmal daran. Aber für alle Fälle will man sicher sein, dah die vierzig Gulden, die alljährlich an Zins fallen, auch in einer neuen Zeit den alten Geist hilfsbereiter Nächstenliebe sichern helfen. Voll innigen Entzückens über das neugeborene Kindlein beschloh man, mit diesem Geld armen Menschen in fernen Zeiten einen Gabentisch decken zu lassen, falls in Heiligengrabe keine Klosterjungfrauen mehr sein sollten, die mit ihrer eigenen Weihnachtsfreude andere Menschen froh machen könnten.
„Da aber im fal"°) bemaltes Closter gantz erleddiget bnd darinnen Keine Jungfrawen mehr vorhanden sein würden, wie wihr nicht glauben, weil'") das Closter stehet, nicht geschehen wird, So sollen alßdan alle Viertzigk gülden Jehrliche obbeschriebene Zinse binnen") Pritzwald, Auch sonsten vmblaugk") da notürfftige haußarmen vorhanden, weil'") die stadt ist vnd in ehren stehet, immer vnd Zue ewigen Zeitten bleiben vnd für die Armuth daselbsten, furnemblich") den rechten armen, Zne erhaltunge derselbigen vnd Zne aussteurunge"') frommer, nottürfftigen Dienst Megden'") wiederum!» angeleget vnd ihnen dafür von solchen Viertzigk gülden Zinse gewandt vnd schneh") gekanffet werden, das man ihnen allewege aufs den Heiligen Newen JahresTag'") austheilen vnd verreichen soll."
Zu Zeugen dieses Vertrages hatte man aufgeboten Joachim von Düpow, auf Frehne erbgesessen, IohannesFalkenhagen und GregoriusPankow aus Prihwalk, Johann von Quihow, aus Seedors erbgesessen, und Anthonius Rau aus Seehausen. Vollstrecker dieser Anordnung nach dem Tode der beiden Schwestern von Wartenberg sollten sein die Pritzwalker Bürger Joachim Kemnitz der Altere, Hans Konow, Joachim Gartz und Claus Witte. Feierlich wurde dieser Vertrag beschworen und besiegelt. Dann hören wir länge nichts von dieser Angelegenheit. Der Rat von Pritzwalk nimmt neue Gelder vomKloster Heiligengrabe auf (15Ü2 : 400 Gulden», zahlt ihm die alten Schulden zurück (200 Gulden entliehen am 18. Januar 1884), trägt die Zinsen redlich und reichlich ab und entrichtet getreulich 80 Gulden Urbede").
)Ind dann kam der Krieg, der dreißig Jahre währte, und das Elend, das er brachte,
^ das währte noch länger. Die Zeiten wurden schwer und schwerer. Die Felder verödeten, weil niemand mehr bauen mochte, Städte und Dörfer verarmten, weil die Soldaten erpreßten, was möglich war. Auch in Heiligengrabe war die Not bitter groh. Die Dörfer lagen fast ganz wüst, die Felder wuchsen mit Heide zu, so war kein Getreide mehr, das Vieh hatten die Soldaten weggetrieben, dazu hatte man kein Geld, um Lebensmittel zu kaufen, denn alles lag fest auf Zins, und den wollte niemand zahlen. So erging es dem Kloster auch mit Pritzwalk. Man bat und drohte und erhielt nichts. Die rückständigen Zinsen wuchsen Jahr um Jahr, aber da man sie nicht erhielt, wuchs auch die Not im Kloster je länger je mehr. Da wandte man sich mit der Bitte um Hilfe an den Kurfürsten""), er möge doch den Rat von Pritzwalk zur Zahlung anhalten oder Zwangsmaßnahmen gegen die Stadt ergreifen, damit das Kloster zu dem Seinen käme.
Am 18. Januar 1682 erhielt Samuel Ros. in Perleberg, der Landreiter der Prignitz, folgenden kurfürstlichen Befehl.
„Georg Wilhelm rc. Churfürst rc. Wir sindt abermals von Domina"), Priorissa, vndt gesambter Versammelung des Jungfrewliches Clösters heyl. Grabe der 430 Gulden Zinsen halber, damit Ihnen der Raath^) Zu PritzWalck ver- hafftet"") demüthigst Bittendt angelanget worden, Wie auß dem einschluß") Zu ersehen. Wenn dan die güte bei) beclagten'") nichts verfangen; So befehlen wir dir hiermit, wieder sie mit der execution"") inhalts der Ordnung Zuuerfahren vnndt supplicantinnen") dardnrch Zu bemelten Ziußen Zuuerhelffei?"). Daran rc.
"0zugestellt. Versammlung, ""»zehn. erledigt, leerstehend. ^) davon.Falls aber, ^solange. "»in. "jauch sonst überall. ") solange. "»besonders. ^»Aussteuer. "» bedürftiger Dienstmägde. ") Gewand »Kleider» und Schuhe. "> zu Neujahr. ") eine uralte Abgabe, Bede genannt. "°> Georg Wilhelm (1619—1640). seit der Reformation führte die Äbtissin von Heiligengrabe den Titel Domina (Ist., Herrin); Abtissin ist sie erst seit 1748 wieder. ")Rat. "0 schuldig. "0 gemeint ist der beigefügte (nicht erhaltene» Bittbrief des Klosters. °°) Beklagten. 5°) Zwangsvollstreckung. "0 Bittstellerinnen. "") zu verhelfen.