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eine Verhandlung beim Kammergericht anzustreben, ,,dcm'-°) mit Einziehung der Dienste vndt pachte die albereit gutesTheils ruinierte stadt Vollendes zue gründe zue richten." Es kam also zu einem Verhör vor dem Kammergericht am 28. September 1632, über dessen Erfolg nichts bekannt ist."?) Nur das ist sicher, die Stadt zahlte nicht, wenigstens nicht alles.
Im Jahre 1634 erst wendet sich das Kloster wieder an den Kurfürsten mit der Bitte, ihm doch Hilfe zu schaffen. Da an der Rechtlichkeit der Forderung kein Zweifel sein konnte, wurde dem Rate ohne weiteres am 31. Juli 1634 aufgetragen, innerhalb von vier Wochen die Bittsteller zufrieden zu stellen oder des Landreiters gewärtig zu fein, falls die Zahlung nicht geschähe, lind es wurde nichts gezahlt. Da erhielt der Landreiter zu Perleberg unter dem 6. Dezember den Befehl, nunmehr mit der „Exekution" gegen den Rat zu verfahren, und dem Kloster zu den Zinsen zu verhelfen. Das Erscheinen des Landreiters mag eine eigenartige Weihnachtsüberraschung für die arme Stadt gewesen sein. Es war nichts zu holen, und so mußte der Landreiter unverrichteter Dinge seines Weges ziehen. Noch trauriger mag es im Kloster ausgesehen haben in dieser Weihnacht, in der wieder einmal eine Hoffnung auf Besserung der Lage schwand.
Die Jahre gingen ins Land, die Not wuchs allenthalben, die Dörfer waren wüst und die Städte verlassen, und der Krieg nahm kein Ende. Ja es schien, als wüchse seine Macht, je größer die Schar der Erschlagenen wurde und die Zahl der verbrannten Dörfer. Auch für die beiden Gegner wurden die Zeiten ernster. Die Wittstocker Schlacht wurde geschlagen,"") das Elend wuchs. Die Klosterfrauen verließen Heiligengrabe 1636, das Stift lag wüst, die Wohnung des Stiftshauptmanns war verbrannt. Wittstock mit seinen festen Mauern bot Schutz vor dem Wüten der Soldaten. Von allen Seiten strömte das Landvolk hier zusammen. Als sich nun die Menschenmassen in der Stadt drängten, da kam die Pest, 1637, und raffte viele, viele dahin. Auch die Domina Eva von Wartenberg"") erlag ihr und ein großer Teil der Klosterfrauen. Von 46, die ausgezogen waren, kehrten um das Jahr 1648 nur acht nach Heiligengrabe zurück. Als die Pest vorrüber war, und die armen Menschen Zeit fanden, auch einmal weiter als nur auf den neuen Tag zu denken, da wurden sie sich ihrer Armut bewußt und vermochten nicht zu sagen, woher das Geld für Brot zu nehmen. So wandten sich die von der Pest verschonten Klosterlcute an den Kurfürsten,"") er möchte ihnen doch helfen, daß sie zu den Zinsen kämen, die nun schon auf 900 Gulden angewachsen wären. Der konnte dem Rat nur befehlen zu zahlen, konnte auch mit der Exekution' drohen, aber erreichen konnte er nichts.
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Endlich war Friede im Land."?) Allenthalben gingen die Menschen unverdrossen daran aufzubauen, was zerstört lag, einzuziehen in die wüsten Dörfer und Städte und sich das Leben so erträglich wie möglich zu machen. Auch in Heiligengrabe ist alles darauf bedacht,-Kloster und Besitz in den alten Stand zu setzen."-). Da denkt man auch an die Pritzwalker Schuld und wendet sich an den Rat der Stadt, teilt ihm mit, wie hoch die Zinsen schon angewachsen seien und dringt in ihn, doch nun endlich er ist zu machen mit der Bezahlung.
Am 5. April 1652 trifft in Heiligcngrabe ein Antwortschreiben des Rates vom 8. April ein. Die Aufschrift lautete:
.,Denen Wohlwurdigen, HochCdlen, Viel Ehr vnd Tngentreichen Jnngsraven, Dominae, Driorilisae vndt ganzem Lapituli"^) des Jungfröwlichen Klosters Zum Heiligen Grabe. Vnsern In sonders^) hochgeehrten, nachbarlichen, LiebVerthen, Ehrenfreundinnen."
Versiegelt war das Schreiben mit einem kleinen, roten Siegel,"") das das Wappen"") der Stadt zeigt mit den Buchstaben 5LP-5sns1us civilsüs pntz^slkcnsis, d. h. Rat der Stadt Pritzwalk.
Nun muß man bedenken, welche Schicksale die Stadt bestanden hatte. Im März 1638 hatte die doch schon stark geschädigte Stadt"?) sich noch gegen schwedische Reiter wehren können. Im Juli aber fiel sie einem übermächtigen Feinde in die Hand. Mehr als einhundert Wagen mit geraubten Gut führten die Soldaten fort. Dann kam die Pest und raffte die Mehrzahl der Bürger dahin, ein großer Brand'"") legte die halbe Stadt in Asche. Nun war Friede allenthalben, aber die Lasten nahmen zu, nicht ab. In diesem Augenblick kommt die Forderung des Klosters an den Rat (Menschen, die von den Dingen vor dem Kriege vielleicht nichts mehr wußten!) Sie hatten genug zu tun mit der Beitreibung der Landessteucrn
"Z anstatt. "?f Es hat den Anschein, als habe zwischen den beiden Gegnern ein Vergleich stattgefunden, in dem die genaue Höhe der Schuld festgesetzt wurde. Von dieser Summe f430 Gulden > sind 80 Gulden gezahlt worden. Diese Verhandlung hat nach einer Bemerkung aus dem Jahre 1654 bereits am 27. September 1632 also am Vortage der Gerichtsverhandlung stattgefunden. 1636, am
Scharfenberg'e südlich von Wittstock; vgl. das sehr schöne alte Bild im Heiligen- graber Museum mit der genauen Darstellung der Schlacht. "") war Domina von 1635- 1637. "°1 5. Oktober 1639. "'s 1648 Friede zu Münster und Osnabrück, "-s große Verdienste hat dabei der Klosterhauptmann Hans Erdmann von Bertkow, der namentlich in den Schwedenkriegen sehr viel getan hat, um Unheil von dem Kloster abzuwenden. Er war Klosterhauptmann von 1645-1680. Versammlung der Klosterfrauen, "'j besonders. "°j in mehreren, leider meist zerbrochenen Abdrücken vorhanden. "") vgl. die Wappentafel am Rathaus. "?j vgl. den Brief des Rates von 1632. 1642.