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den Strom der Pilger, der Heiligengrabe aufsuchte, nach Stepenitz zu ziehen.
Alle diese Beobachtungen ermöglichen uns den Schluß, daß das Kloster Heiligengrabs nicht an einer Stelle gegründet worden ist, deren Wahl in das Belieben der Gründer gestellt war. Vielmehr ließ das Vorhandensein einer vielbesuchten Wallfahrtsstätte gerade diesen Ort als besonders günstig erscheinen. Damit ist nun aber das Kernstück der Legende in seinen wesentlichen Zügen als wahr erwiesen.
Zu den Teilen, die vermutlich ein Stück Wahrheit enthalten, gehört offenbar auch die Erzählung von den Erlebnissen des Bischofs zu Havelberg. Sie will darstellen, wie Bischof Heinrich II. ursprünglich der Wunderstätte mit Mißtrauen gegenüber gestanden habe, hernach aber ihr lebhafter Förderer geworden sei. Die Einzelheiten, die uns berichtet werden, sind ausgesprochen legendarisches Beiwerk. Daß aber in der Gesinnung des Bischofs gegenüber der Wallfahrtskapelle beim „heiligen Grabe" ein Wechsel stattgefunden hat, erscheint durchaus als wahrscheinlich. Ihm mußte das Kloster Stepenitz, das in seinem weltlichen Gebiet als die Gründung eines seiner Lehnsleute lag, viel mehr am Herzen liegen, als Heiligengrabe, das aus markgräflichem Boden lag. Vielleicht hat er darum Kloster Stepenitz besonders gefördert, ohne indes hindern zu können, daß das „heilige Grab" in der Gunst der Pilger und Wallfahrer blieb. Vielleicht hat er dann, als er das sah, seine Stellung zu ihm geändert und sich ihm förderlich und dienstlich erwiesen.
Auf einem offenbaren Irrtum beruht aber die Angabe der Legende, Otto, der Markgraf der Uckermark, sei der Gründer des Klosters gewesen. Da die Gründungsurkunde fehlt, läßt sich darüber nichts unbedingt Sicheres sagen. Damals herrschte in der Uckermark Otto IV. mit dem Pfeile. Die Prignitz aber gehörte nicht zu seinem Herrschaftsbereich. Er kann darum nicht der Gründer des Klosters sein. Es liegt hier vermutlich eine der vielen Verwechslungen der askanischen Markgrafen gleichen Namens vor, die schon von den Zeitgenossen oft nicht unterschieden werden konnten. Gründer des Klosters war, und als solchen bezeichnet ihn auch eine andere Ueber- lieferung, allem Anscheine nach Otto V. der Lange, dem auch das Land um Heiligengrabe gehörte. Dadurch erhält diese Ueberiieferung die größere Wahrscheinlichkeit, zumal auch sonst noch andere Beobachtungen dazu stimmen.
Wir wenden uns nunmehr jenen Teilen der Legende zu, die offenbar eines tatsächlichen Kernes entbehren. Zu ihnen