Heft 
(1928) 1
Seite
38
Einzelbild herunterladen

38

über 65 000 Morgen Landes. Daneben hatte es Rechte und Besitz in den Städten Werben und Pritzwalk.

Da geschah es, daß in dem Dorfe Alt-Kr üssow i m ausgehenden 15. JahrhundertWunder" geschahen. Es war jene Zeit, als in der Mark die Verehrung der heiligen Anna, der Mutter der Jungfrau Maria, aufkam. Damals soll ein Bild der heiligen Anna in der Krüssower Kirche Wunder getan haben. Nun zogen zahllose Pilger nach Alt-Krüssow, um dort Heilung zu suchen, und es scheint, als ob viele von ihnen auch Heilung gefunden haben; denn im Anfang des 18. Jahrhunderts soll der Pfarrer Georg Krause Krücken, die von den Geheilten zurückgelassen waren, schockweise aus der Kirche hinausgeschafft haben. Natürlich gingen bei dem zahlreichen Besuch auch zahl­reiche Spenden ein. An ihnen hatte das Kloster Heiligengrabe, obwohl es Besitzer des Dorfes war, keinen Anteil, da das Domstift zu Havelberg das Patronatsrecht über die Kirche hatte. Von dem Ertrage der eingehenden Spenden wurde auch das wundervolle Gotteshaus mit seinen schönen Kunstwerken errichtet. Acht Jahre lang ist, soweit wir genau sehen, an ihm gebaut worden. Im Jahre 1520 war der Bau fertiggestellt, für den ein Teil der Mauersteine und der Ziegel aus der Heiligengraber Klosterziegelei bezogen wurde. Die Kirche in Alt-Krüssow verrät in ihren Formen ganz deutlich den Einfluß der neuen Kapelle in Heiligengrabe, von der noch zu sprechen sein wird, und die auch sonst das Vorbild für andere Kirchenbauten der Prignitz abgab. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Heiligengraber Kapelle und die Kirche in Alt-Krüssow auf denselben Bau­meister zurückgehen, da es den Anschein hat, als ob mit dem Bau in Krüssow erst in stärkerem Maße begonnen wurde, nachdem die neue Kapelle in Heiligengrabe eingeweiht war.

Inzwischen hatte man nämlich in Heiligengrabe die alte Kapelle über demGrabe" abreißen lassen und an ihrer Statt jenen schönen Bau errichtet, der noch heut das Entzücken aller Besucher wachruft. Am 21. Mai 1512 wurde das wunder­tätige Sakrament, das während des Baues an anderer Stelle aufbewahrt worden war, in feierlicher Weise in die neue Kapelle zurückgebracht, die am folgenden Sonntage, dem Sonntage Exaudi (23. Mai), eingeweiht wurde. Wenn wir von der Höhe der an diesen beiden Tagen eingegangenen Opfergaben einen Schluß auf die Zahl der Besucher wagen dürfen, so müssen wir gestehen, daß sie offenbar nicht sehr groß gewesen ist und hinter dem, was man im allgemeinen erwarten durfte, erheblich zurückblieb. Um nun die Scharen der Pilger in