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blaue Augen, während ein dichter, ergrauter Bart fast bis zur Hälfte der Brust reichte. Kurz, er sah gut und gern aus wie ein Förster unserer Tage. Der Zufall wollte es, daß Sieghardt, malerisch in eine Toga gehüllt, die von einer schweren römischen Bronzefibel zusammengehalten wurde, gerade über den Lagerplatz ging und des Alten ansichtig ward. Zuerst verschlug es ihm die Sprache, dann aber sprang er mit einem mächtigen Satz auf ihn zu, streckte ihm die Hand hin und schrie:
„Bei Wodans Bart, Vater?' wo kommst du her?"
Der Alte hielt mit seiner braunharten Hand die weiche des Knaben umspannt und sah ihm scharf in das rosige Antlitz, das die gelben Locken umwallten. Dann sprach er bedächtig:
„Hast du etwas zu trinken?"
Sieghardt lachte vor Freude, führte den Vater in die Wachstube und besorgte zwei Krüge Wein. Da setzte der alte Suebe den seinen behaglich an und leerte ihn gründlich. Nun gab es Rede und Gegenrede, und nach einiger Zeit begriff Sieghardt mit wachsendem Mißbehagen, aus kleinen Anspielungen und nebenherigen Aeußerungen, daß der Vater gekommen war, ihn heimzuholen. Dazu aber hatte er keine Lust, und so begann er nach einiger Zeit von sich zu berichten und heiter von seiner glänzenden Lage und dem Ruhm und der Macht des großen Cäsar zu prahlen. Der Alte gab zu, der Grund, weshalb er eine so weite und mühselige Wanderschaft unternommen habe, sei in erster Linie gewesen, das Antlitz eines so großen Mannes zu sehen, von dessen Kriegstaten der Ruf weit bis zu ihnen gedrungen sei. Um eines wahrhaften Helden und großen Mannes Angesicht zu sehen, sollte man Mühen und Entbehren nicht scheuen, und da sein Sohn hier so gut angeschrieben wäre, so werde es ihm wohl ein leichtes sein, ihn vor den großen Cäsar zu führen.
Diese Worte erfüllten Sieghardt mit einer gewissen Verlegenheit. Einmal wenn er des rundlichen und kahlköpfigen Mannes gedachte, um dessen Anblick willen sein Vater so große Beschwer auf sich genommen. Würde er auch in dieser heimischer Art so fremden Gestalt den Helden erkennen, der der große Mann in Wahrheit war? Fast zweifelte er daran. Zum anderen aber war er sich seiner bescheidenen Stellung im Gefolge des Cäsar Wohl bewußt und empfand täglich jene unaussprechliche Art, die dem Römer eigen war, die Menschen von sich fernzuhalten und es ihnen in seiner Nähe nicht wohl werden zu lassen, woraus dann freilich ein sonderbares Gefühl, von Unfreiheit und achtender Verehrung gemischt, er-