Heft 
(1929) 1
Seite
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wuchs. Deshalb wußte er nicht recht, wie es ihm möglich sein sollte, den Wunsch des Vaters zu erfüllen. Da aber sollte ein Zufall ihm zu Hilfe kommen.

Cäsar, in die Abfassung seines Werkes vertieft, bedurfte einiger Erklärungen seines Dolmetschers und war unwillig, ihn nicht in seiner Nähe zu seinem Dienst bereit zu finden. So schickte er nach ihm und erfuhr, der Vater des Jünglings sei durch den großen Wald hergewandert, seinen Sohn zu be­suchen. Dieser Waldmann aus dem fernen Osten kam ihm gerade recht, ihn über verschiedene Dinge zu befragen.

Der alte Suebe war indessen vor die Wachtstube getreten. Dort stand er in seiner unwahrscheinlich mächtigen Gestalt und sah unter spöttisch zusammengezogenen Brauen mit glimmendem Blick auf das kleine Geschlecht der dunkelköpfigen Römer, die sich in Kriegsübungen tummelten. Als sein Sohn mit der Botschaft des großen Cäsar zu ihm trat, nickte er befriedigt. Zusammen schritten die beiden Männer zum Julius Cäsar.

Da stand der hünenhafte Mann aus Germaniens Wäldern und blickte mit blau trotzenden Augen auf den größten Mann des damaligen Erdkreises. Und dieser sah auf ihn. Neben dem alten aber rankte sich unwillkürlich höher als sonst der Junge. Denn von der aufrechten Gestalt des Vaters ging ein Strom von Unabhängigkeit und Freiheit auf ihn über, den er lange nicht gespürt hatte. Das strenge Antlitz des Cäsar wurde von einem liebenswürdigen Lächeln erhellt. Er fragte nach der Heimat des Weitgewanderten, und Sieghard dolmetschte Frage und Antwort. Der Alte erzählte von einem undurchdringlichen Waldgürtel, der seine Heimat umschlösse. Sümpfe machten die Wege unzugänglich, so daß nicht Heere, sondern nur einsame Wanderer, des Weges kundig, sie zu durchziehen vermöchten. Auch sein Volk lebte inmitten der Wälder, in wenigen Sied­lungen zerstreut, im Kampf mit den wilden Tieren des Waldes.

Während der Alte sprach, stand Sieghardt halb vom Cäsar abgewandt und hing mit weit aufgerissenen Augen an den Lippen des Vaters. Dieser schloß in demselben Tonfall, in dem er bis dahin gesprochen.:

Ich rate dir gut, mein Sohn, daß du meine Worte nicht anders setzest, als ich sie gesprochen."

Da atmete der Jüngling tief, wandte sich dem Cäsar zu und wiederholte in dem wohllautenden Klang der römischen Sprache die Rede des Vaters.

Cäsar lauschte mit ruhiger Aufmerksamkeit. Manchmal flog aus halbgeschlossenen Lidern ein Blick zu dem mächtigen