Jünglinge einen Elch erlegt hätten, so würden sie für mündig erklärt und in den Männerrat ausgenommen. So hielt ich es für ein gefährliches und schwer zu jagendes Tier. Doch scheint mir mit dieser Jagd nicht viel Gefahr verbunden."

Sieghardt übermittelte die Frage des Cäsar dem Vater und blickte diesen dabei an. Nie hatte ein durchfurchtes Männerantlitz harmloser und vertrauenerweckender dreingeschaut als das des alten Jägers. Er wandte sich wieder voll dem Feldherrn zu.

„Du hast recht, o Herr. In dieser Jagd erwerben sich unsere Jünglinge das Männerrecht. Doch wird dieser Brauch bei uns noch nicht gar solange geübt. Früher kämpften wir mit dem Ur oder mit dem Bären nnd setzten die Kraft unserer Glieder ein in dem Kampf. Seit aber die Kunde von fremden Sitten zu uns gedrungen ist, daß einen Helden die List, der Verrat und der Treubruch nicht schänden, seitdem werden unsere Jünglinge Männer, wenn sie mit List den Elch zum Fall zu bringen vermochten."

Mit klarer, ruhiger Stimme übersetzte Sieghardt Wort für Wort die Rede des Alten. Cäsar blickte mit leicht ge­runzelter Stirn auf Vater und Sohn. Dann winkte er lässig mit der Hand einen Abschied. Da neigte sich Sieghardt leicht wie ein fürstlicher Mann.

„Mein Vater holt mich heim, o Herr."

Auch hierzu nickte Cäsar.

„Ich bin es zufrieden."

Er griff nach einer Armspange und reichte sie ihm hin. „Du bist entlassen." —

Erst weit draußen im Walde löste sich das lang Gestaute in der Brust der beiden Männer. Ein Lachen erscholl, so tief, so herzlich, so anhaltend, wie es seither nur noch manchmal am Wirtshaustisch im Kreise ergrauter Förster erschallt. Frohen Schrittes ging Sieghardt neben dem Vater einher. Freiheit, Urkraft, Stolz umwitterten ihn.

„Was macht die Mutter?" fragte er.

„Sie hat dir Gewänder gewebt, und die Scheuern sind voll. Das Vieh gedeiht. Doch wir brauchen den Sohn, das er des Gutes walte."

„Er kommt", sprach Sieghard froh. —

Cäsar aber nahm in sein unsterbliches Werk alles auf, was ihm der biedere Suebe über den Ur und den Elch erzählt, und machte so auch das erste Jägerlatein aus germanischem Munde unsterblich.