Heft 
(1929) 1
Seite
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man einen Fremden in die engste Verbundenheit und Gemein­schaft aufnahm. In Rußland Pflegte Salz und Brot nie unter den Geschenken an Neuvermählte zu fehlen. Auch in unserer Heimat findet sich diese Sitte allenthalben, und zwar müssen Salz und Brot in der Wohnung der Nenverwählten sein, ehe diese die Wohnung betreten. Ja, man Pflegt, wenn man eine neue Wohnung bezieht, Salz und Brot aus der alten in die neue Wohnung mitzunehmen. In Pommern läßt man bei der Hochzeit einen Salzteller unter den Güsten umgehen, die ihre Gaben an Geld in das Salz stecken. Noch heute Pflegen Haus­frauen ängstlich darüber zu wachen, daß das Salz im Hause nie ansgeht.

Das Salz galt wie das Meer als ein Sinnbild der Fruchtbarkeit. Man schrieb ihm die Eigenschaft zu, das liebende Begehren zu erregen. Hier liegt der Grund für unsere Redewendung: wenn die Speise versalzen ist, war die Köchin verliebt. Sie wollte sich eben durch reichliches Salzen die Gegenliebe des Geliebten, der auch von der Speise essen sollte, unfehlbar sichern. Man glaubte auch, Salzgenuß vermehre die Nachkommenschaft, und erzählte sich, daß sich gerade auf den Salzschiffen die Zahl der Mäuse gewaltig vergrößere und dachte sogar an Jungfernzeugung der Mäuse auf Salzschiffen. So galt das Salz geradezu als ein Sinnbild der Zeugung.

Eigentümlicherweise war es aber auch ein Sinnbild der Unfruchtbarkeit. Die Steppen, in denen das Salz in großen Mengen gefunden wurde, mußten wegen ihrer leblosen Oede einen solchen Schluß nahe legen; vgl. 5. Mos. 29,22; Hesek. 47,11; Zeph. 2,9; Ps. 107,34. Darum bestreute Abi- melech die zerstörte Stadt mit Salz (Richter 9, 45), und Attila nach der Zerstörung von Padua und Friedrich Barbarossa nach der Eroberung von Mailand 1102 sollen es ihm gleich getan haben.

Da das Salz göttlichen Ursprungs zu sein schien, ließ sich von hier ans auch eine seiner wesentlichsten Eigenschaften, seine Reinheit und seine reinigende Kraft, ableiten. In der deutschen Götterlehre heißt es sogar, die Götter seien aus dem Salzstein geleckt, während die Urriesen ans dem Niederschlag urweltlicher Gewässer entstanden sein sollen. Darum galt auch ckar mer 80 reine, ckar er keine bÜ8t>eit rnac Zelicken"; ja, nach der Anschauung der Friesen ist das Meer so rein, daß es den Leichnam eines Missetäters nicht behält, sondern an den Strand wirft. (Quelle des Salzreichtums der Meere ist nach norwegischer Anschauung eine geheimnisvolle Mühle, die auf dem