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INTERVIEW
Bereich Technische Bildung zeigt Profil
Gespräch mit Prof. Schmeer zu Forschungs- und Ausbildungsfragen
Der Bereich Technische Bildung ist neu strukturiert. Vom damaligen Gründungssenat wurde das Konzept mit der Aufgliederung in zukünftige Institute bzw. Abteilungen angenommen. Eine endgültige Entscheidung dazu steht jedoch noch aus. Sie obliegt den neu gewählten Gremien wie Fakultätsrat und Senat. Die Struktur umfaßt das zukünftige Institut für Berufspädagogik/Fachdidaktik Metall- und Elektrotechnik sowie die Abteilungen bzw. Institute Arbeitslehre, Elektrotechnik und Metalltechnik. Mit der Neuprofilierung des Bereiches Technische Bildung wird nun den Anforderungen der Lehrerbildung für das allgemein- bildende Schulwesen in Arbeitslehre (Technik, Wirtschaft) sowie denen der Lehrerbildung für das berufsbildende Schulwesen entsprochen. Noch arbeitet man nach vorläufigen Studienordnungen, die durch entsprechende Beschlüsse zu endgültigen Richtlinien werden müssen; letztlich natürlich mit der Zustimmung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport.
Die Überleitungen und Zuordnungen der Mitarbeiter sind abgeschlossen. Den Vorsitz der Überleitungskommission hatte Prof. Ernst Schmeer übernommen. Er selbst ist im Herbst 1992 auf den Lehrstuhl für Berufspädagogik/Fachdidaktik Metalltechnik berufen worden.
PUZ bat um ein Gespräch mit ihm.
PUZ: Von fachlichen Übereinstimmungen mit ähnlichen Bereichen an anderen Hochschuleinrichtungen kann man sicher ausgehen. Was aber ist das Novum an der Universität Potsdam?
Prof. Schmeer: An unserer Alma mater ist das bezüglich meines Bereiches die Profilierung der beruflichen Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik. Gefordert wird sie in dieser Form von der Kultusministerkonferenz zur Lehrerbildung für das berufsbildende Schulwesen seit 1973. Bisher gibt es nur an den Universitäten Hamburg, Bremen und Dresden vergleichbare Ansätze, allerdings dort in Verbindung mit der Ausbildung von Diplomingenieuren. An unserer hiesigen Einrichtung haben wir die Gelegenheit, die Ausgestaltung der beruflichen
Unser Gesprächspartner Prof. Dr. E. Schmeer
Fachrichtungen Elektro- und Metalltechnik ohne Ingenieurausbildung zu realisieren und weiter auszubauen. Dazu sind Forschungsvorhaben eingeleitet worden.
PUZ: Welche Vorhaben sind das? Haben Sie spezielle Arbeitsmöglichkeiten hinsichtlich der Durchführung von Forschungsaufträgen an Ihrem Bereich?
Prof. Schmeer: Wichtig ist uns ein Projekt auf dem Gebiet der alternativen Energien. Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) können wir auf den Bau sowohl einer fest installierten als auch einer dem Sonnenstand nachgeführten Solaranlage einschließlich eines Solarhauses, das die
Meßgeräte aufnimmt, verweisen. Der Gesamtwert dieses Objektes liegt bei ca. einer 3/4 Mill. DM. Die Photovoltaikanlage dient als Forschungs- und Demonstrationseinrichtung im Rahmen der anwendungsbezogenen Forschung in den Fachrichtungen Elektro- und Metalltechnik. Ausgenutzt wird sie auch innerhalb der Fachdidaktik im Hinblick auf die Lehrerbildung für die gymnasiale Oberstufe und das berufliche Schulwesen.
Mit dem Hahn-Meitner-Institut, Institutsteil Berlin Adlershof, und der TU Berlin wird ein gemeinsames Seminar zu Energiefragen durchgeführt. An ihm nehmen Berliner und Brandenburger Hochschul- und außerhochschulische Forschungsinstitute teil. Kontakte bzw. Ko-' Operationen gibt es auch außerhalb dessen mit der TU Berlin (Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik).
Auf Grund der Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der alternativen Energien ist die Universität Potsdam als Partner für das projektbegleitende Meßprogramm zur „Solarthermic 2000“ vom Bundesministerium für Forschung und Technologie vorgesehen. Die Ausarbeitung der Arbeitsprogramme und der Verträge ist im Gang und ermöglicht weitere Initiativen zu dieser Thematik.
In der beruflichen Fachrichtung Metalltechnik existiert ein Vorhaben auf dem Gebiet des computerunterstützten Zeichnens und des computerunterstützten Fertigem. Dazu konnte auf Grund des Hochschulerneuerungsprogramms ein CAD- Raum mit 10 Arbeitsplätzen und ein CAD/CAM-Raum mit 6 Computern sowie einer computergesteuerten Werkzeugmaschine eingerichtet werden. Im Rahmen der Vervollständigung dieser Grundausstattung wurde uns eine doppelfunktionale Drehmaschine bewilligt, die ein
konventionelles und computergesteuertes Bearbeiten von Werkstücken gestattet.
Das Institut Metalltechnik ist unterteilt in „Fertigungstechnik“ und „Kraftfahrzeugtechnik“. In der „Kraftfahrzeugtechnik“ gibt es ein Forschungsvorhaben mit einer Berliner Firma zu Bremsverschleißuntersuchungen bei Straßenfahrzeugen. Zielvorstellung ist hier eine verbesserte frühzeitige Erkennung von Schäden an Bremseinrichtungen.
PUZ: Wie würden Sie die Absolventensituation aus Ihren Erfahrungen heraus einschätzen, auch im bundesweiten Vergleich?
Prof. Schmeer: Lehrer für das berufsbildende Schulwesen gerade in den Fachrichtungen Metalltechnik, Elektrotechnik und Wirtschaftswissenschaft werden bundesweit gesucht. Wir haben zu wenige Absolventen dieser Fächer. Die zukünftigen Lehrer belegen eine umfängliche Anzahl von Vorlesungen und Seminaren im technischen wie auch im pädagogischen Bereich. Da die Perspektive hinsichtlich einer Einstellung in den Vorbereitungsdienst bzw. in den Schuldienst trotz Lehrermangel häufig nicht gesichert ist, bevorzugen sie nicht selten Offerten aus der Wirtschaft, die wiederum diese Fachleute gern aufnimmt. Das ist ein enormer Nachteil für unsere duale Berufsausbildung in der BRD. Die Entwicklung muß gestoppt werden. Notwendig sind attraktivere Angebote bzgl. der späteren Übernahme in den Vorbereitungsdienst. In Brandenburg haben wir beispielsweise einen zweijährigen Rhythmus, so daß meine ersten im März abschließenden Absolventen ein Jahr warten müssen. Ein jährlicher Zulassungszyklus wäre durchaus überle- genswert und sinnvoll.
Vielen Dank für das Gespräch. Für die PUZ fragte Petra Gör- lich.