Heft 
(1.1.2019) 03
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Nr. 3/94 - Seite 8

WIP

WIPIANER AN DER UNIVERSITÄT

Zahlreiche Wissenschaftler aus Einrichtungen der Akademie der Wissenschaften erhielten nach deren Auflösung eine För­derung im Rahmen des Wissenschaftier-Integrationsprogramms (WIP), das Teil der Hochschulerneuerung in den neuen Bundesländern ist. Zu den Zielen der Erneuerung gehört die Rückführung der Forschung an die Universitäten.

Für die Anbindung an der Universität Potsdam gab es eine Vielzahl von Interessenten; mit technischen Kräften belief sich die Zahl auf etwa 350 Personen. Vom Gründungssenat wurde empfohlen, in die Universität Potsdam solche Projekte zu integrieren,die entweder Bestandteil der konzipierten Strukturen werden könnten oder diese Strukturen sinnvoll, z. B. durch den Ausbau von Spezialisierungsrichtungen, ergänzen.

Inzwischen hat die Universität Potsdam für 260 Personen eine positive Entscheidung getroffen. Davon haben 195 wissen­schaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter in 88 Projekten das Angebot einer Aufnahme in die Universität im Rah­men des WIP bis maximal Ende 1996 angenommen. Darunter befinden sich auch die Bewerber aus dem Potsdamer Raum. Damit ist unsere Universität im Vergleich zu den Berliner Universitäten weit über das übliche Maß hinausgegangen. Die Einstellung einer so großen Anzahl von Personen erfordert hohen verwaltungstechnischen Aufwand. Hier haben die Ange­hörigen der Universitätsverwaltung in den letzten Monaten ein großes Stück Arbeit geleistet.

In der jetzigen Aufbausituation unserer Universität spielt das gegenseitige Kennenlernen der Mitarbeiter, die Kenntnis von Vorhaben und Projekten - auch im Hinblick auf die für Potsdam gewollte starke interdisziplinäre Zusammenarbeit - eine große Rolle. Die Redaktion möchte dazu einen Beitrag leisten und wird in loser Folge die Projektgruppen vorstellen.

WIP-ProjektgruppeAstronomie bei der Universität Potsdam

WIP-Projekt Magnetische Sterne

Projektleiter: Dr. S. Hubrig Untersuchung der Struktur von Ma­gnetfeldern ausgewählter Stemtypen und Einzelsteme

Subtilere Vorstellungen vom Verhalten und der Entwicklung der Sonne, dem Hauptgestal­tungsfaktor des Klimas auf der Erde ausarbeiten zu wollen, er­fordert in der Sternphysik eine Vielzahl von unterschiedlichen physikalischen Mechanismen, um ihr komplexes Zusammen­wirken zu analysieren und zu verstehen. Für die Erklärung bestimmter, an einigen Stemty­pen zu beobachtenden Erschei­nungen, erweisen sich die Ma­gnetfelder in zunehmendem Maße als gut geeignet. Sie si­gnalisieren riesige Ladungsträ­gerströme im Inneren der Plas­makugeln und erklären das Ent­stehen anomaler Anhäufungen bestimmter exotischer chemi­scher Elemente. Für die erfolg­reiche Beobachtung derartiger Erscheinungen braucht man sehr große Teleskope mit raffi­nierten Lichtanalysatoren.

WIP-Projekt

Astronomie

Projektleiter: Dr. E. Schilbach Kinematik unserer Galaxis in einem inertialen Referenzsystem (3 Wiss.) Der astrometrische ESA-Satel- lit HIPPARCOS, der am

15. August 1993 sein vierjähri­ges Beobachtungsprogramm beendete, liefert zum ersten Mal homogene, sehr genaue Positionen, Eigenbewegungen und Parallaxen für ca. 120 000 Sterne. Durch die HIPPAR- COS-Daten erhalten wir eine neue Basis für die kosmische Entfemungsskala und für die kinematischen Untersuchungen unserer Galaxis im Abstand bis zu 1 kpc von der Sonne. Das entsprechende Koordinatensy­stem wird jedoch eine Restrota­tion relativ zu einem Inertialsy­stem aufweisen. Diese Rotation kann durch die Bestimmung der Position und Eigenbewe­gungen von HIPPARCOS- Stemen bezüglich extragalakti­scher Objekte abgeleitet wer­den, was allerdings nur unter Einbeziehung zusätzlicher Be­obachtungen möglich ist. Das Potsdamer Programm schlägt vor, Himmelsaufnahmen mit dem Tautenburger Schmidt-Te­leskop für diesen Zweck zu nut­zen. Als größte Schmidt-Kame­ra der Welt besitzt das Tauten­burger Teleskop besonders günstige instrumentelle Para­meter für diese Aufgabe. Dabei wird eine ähnlich hohe Genau­igkeit erwartet wie bei einem Anschluß mit VLBI (Very Long Base Interferometry)-Be- obachtungen. Das Potsdamer Programm wurde vom HIP-

PARCOS-Consortium als Teil des ProjektesLink to Extraga- lactic Reference Frame bestä­tigt.

In einer größeren Entfemungs­skala (> lkpc) können die Be­wegungsverhältnisse in unserer Galaxis effektiv nur bei Nut­zung photographischer Beob­achtungen mit lichtstarken Te­leskopen studiert werden. Mit dem Tautenburger Teleskop werden bis zu 100 000 Sterne auf einer Photoplatte abgebil­det. Diese enorme Information kann erst jetzt, nach der Ent­wicklung vollautomatischer Plattenmeßmaschinen wissen­schaftlich erfaßt werden. An­hand der Messungen von Tau­tenburger Platten mit Meßma­schinen in Paris und Cambrigde (UK) untersuchen wir die Kine­matik von offenen und Kugel- stemhaufen. Dabei handelt es sich entsprechend um die jüng­sten und ältesten Objekte unse­rer Galaxis.

Aus den Ergebnissen lassen sich Rückschlüsse auf die Ent­wicklung unserer Galaxis zie­hen.

WIP-ProjektKompa- te Galaxiengruppen

Projektleiter: Dr. H. Tiersch Merger-Prozesse in kompakten Ga­laxiengruppen

Eine Erscheinungsform des Umgangs miteinander, die man bei den Menschen mittlerweile überwunden glaubt, ist im Uni­versum noch gang und gäbe: der Kannibalismus. Begegnen .sich zwei Sternsysteme im Kos­mos, so treten sie in gravitative Wechselwirkung miteinander. Vor allem Effekte wie die dy­namische Reihung und Gezei­tenwechselwirkung führen dazu, daß die größere Galaxie das kleinere Stemsystem frißt. Besonders aktiv ist der Galaxienkannibalismus in kompakten Galaxiengruppen, wo die Einzelgalaxien dicht beieinander sind. N-Körper- Rechnungen haben gezeigt, daß solche Gruppen eine Lebens­zeit von 2 ... 3 Milliarden Jah­ren haben, dann sind alle Gala­xien der Gruppe zu einer Rie­sengalaxie verschmolzen. Solch ein Zeitraum erscheint sehr lang, ist im astronomi­schen Sinne aber sehr wenig, verglichen mit dem Alter des Universums von 15 ... 20 Milliarden Jahren. Durch Be­obachtungen von mehreren Ga­laxiengruppen, die sich natur­gemäß in verschieden weit fort­geschrittenen Entwicklungssta­dien befinden, soll aus dem räumlichen Nebeneinander ein zeitliches Nacheinander abge­leitet werden. Dazu führt un­sere Projektgruppe optische