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FAKULTATENTAG
Fakultätentag Biologie an der Universität Potsdam
Der Vorstand der Konferenz Biologischer Fachbereiche und Fakultäten Deutschlands (KBF) hatte beschlossen, als Tagungsort für die diesjährige Plenarversammlung (Fakultätentag Biologie) die Universität Potsdam zu wählen. Bei der Wahl des Tagungsortes ließ sich der Vorstand davon leiten, daß die Universität Potsdam insofern geeignet sei, als sie bundesweit die einzige Universität ist, die sich in der Neugründungsphase befindet und auch die Biologie nach einem neuen Strukturkonzept aufbaut.
Die diesjährige Tagung fand am Freitag, dem 18. 2. 1994, im Kleinen Physikhörsaal statt. Prorektor Prof. Dr. Loschelder übernahm die Begrüßung der Teilnehmer. Er gab einen kurzen Überblick über den Stand und die Weiterentwicklung der Universität Potsdam. Danach überbrachte Herr Brandt vom MWFK die Grüße des Ministers. Er erläuterte die vom Strukturbeirat für den Wissenschaftsrat erarbeitete Einschätzung zum Stand und zur Entwicklung der Biologie an der Universität Potsdam. Er hob hervor, daß Einigkeit mit dem Minister darüber bestehe, den bereits vor vier Jahren begonnenen und z. Z. ausgesetzten Diplomstudiengang wieder fest an der Universität zu etablieren. Die Bedeutung einer gut vertretenen Biologie im Gesamtrahmen der Naturwissenschaft sei unumstritten. Es sei nicht sinnvoll und wissenschaftlich nicht vertretbar, die Biologie kleinzuhalten, sie lediglich zu Serviceleistungen anderer Studiengänge und für das Lehramt zu nutzen. Für alle diese Ausbildungszwecke sei eine wissenschaftlich qualitätsvolle Biologie notwendig. Forschung und Lehre müßten eine Einheit bilden. Zu einer international konkurrenzfähigen biologischen Forschung und Ausbildung gehöre zweifellos ein Studiengang Bio
logie. In dem Maße, wie es gelänge, die spezifischen Angebote und Möglichkeiten vor Ort zu nutzen, werde auch ein wichtiger Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses herangebildet werden können. Ohne Diplomstudiengang wäre die Biologie in Potsdam auch für wissenschaftlich aktive Hochschullehrer nicht attraktiv. Für den weiteren Ausbau der Biologie sei es notwendig, die jetzt laufenden Berufungsverfahren sehr zügig und erfolgreich abzuschließen und im Rahmen des neuen Strukturkonzepts über weitere Ausschreibungen international bekannte Professoren zu gewinnen.
Die Plenarversammlung wählte Herrn Prof. Dr. H. Mehlhom einstimmig für die nächsten zwei Jahre erneut zu ihrem Vorsitzenden. In diesem Jahr beschäftigte sich die Plenarversammlung der KBF mit allen Fragen des Studiums des Faches Biologie, das zur Zeit seine größte fachliche Ausweitung erlebt und in vielfältiger gesellschaftspolitischer Kritik steht. Wesentlich waren folgende Fragenkomplexe, zu denen Resolutionen verfaßt und an die Ministerien versandt wurden:
1. Auswirkungen der Gentechnik und des Tierschutzgesetzes auf die Forschung und die Berufsaussichten der Absolventen. Die unnötigen Behinderungen durch die Gesetze haben zu einem dramatischen Verlust von Arbeitsplätzen durch Abwanderung der Firmen geführt.
2. Zur Problematik „tierfreies Studium“: Aus Anlaß einstweiliger Verfügungen bzw. als Folge von Anträgen zur Abhaltung von tierfreien (alternativen) Praktika seitens bestimmter Studentengruppen, gerichtet an verschiedene Wissenschafts- bzw. Kultusministerien in Deutschland, hat die KBF
Im Präsidium des Biologischen Fakultätentages (v. I. n. r.): Herr Brandt (Vertreter des MWFK), Prorektor Prof. Dr. Loschelder, Prof. Dr. Mehlhorn, Vorsitzender der KBF (Universität Bochum), Frau Steiger, Vertreterin der Hochschulrektorenkonferenz und Mitglied des Beirates (Bonn), Prof. Dr. Urbach, Mitglied des Beirates und Mitbegründer der KBF vor 20 Jahren.
Foto: Tribukeit
diesen Fragenkomplex in ihrer Vollversammlung ausführlich diskutiert und die Ergebnisse in einer einstimmig angenommenen Resolution zusammengefaßt. Grundtenor dieser Resolution ist die Aussage, daß es ein tierfreies Studium nicht geben wird und geben kann, da Biologen den praktischen Umgang mit allen lebenden Organismen erlernen müssen und untrennbare Verflechtungen zwischen Tier- und Pflanzenreich bestehen.
Die Biologie versucht, das Wissen um die Regulierung von Funktionszusammenhängen zu erweitern. Hierfür sind funktionsbedingte Organe notwendig, deren Zusammenhänge im sinnvollen Experiment erlernt werden müssen. Aus diesem Grund sind 60-70 % der biologischen Lehrveranstaltungen Praktika, deren Inhalt zudem in allen deutschen Universitäten weitgehend gleich ist.
Die grundsätzlichen Studieninhalte und Anforderungen in der Biologie (Diplom bzw. Staatsexamen) müssen identisch und verbindlich für alle Absolventen
bestehen, da die Berufsaussichten sonst extrem stark eingeschränkt werden. Wegen der untrennbaren Verbindung der lebenden Systeme untereinander kann es den „Nur-Botani- ker“ oder „Nur-Zoologen“ aus fachlicher, aber auch aus berufsständischer Sicht nicht geben.
Der Abiturient kann und sollte sich vor Studienbeginn über die Inhalte des Biologiestudiums informieren und ggf. andere, naturbezogene Studiengänge wählen.
3. Der KBF hält nach wie vor für das Fach Biologie eine lOse- mestrige Regelstudienzeit für unbedingt erforderlich. Das Fach erlebt z. Z. durch den Ausbau und die Entwicklung neuer Methoden eine enorme Erweiterung der Anwendungsgebiete. Will man im praktischen Fach Biologie dem auch nur annähernd Rechnung tragen, so darf das Hauptstudium nicht nur auf drei Semester und die wissenschaftliche Diplomarbeit nicht noch weiter verkürzt werden. Sollten bereits Gesetze mit generell kürzeren Studienzeiten