Heft 
(1.1.2019) 11
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ERKLÄRUNGEN

Nr. 11/94-Seite 3

In eigener Sache

Im Verlauf des letzten Monats, verstärkt in den letzten Tagen, hat es einige Presseveröffentlichungen gegeben, in denen die Personalpolitik an der Universität Potsdam kritisiert wurde. Die Veröffentlichungen waren dem erst vor wenigen Monaten gewählten Senat der Universität Anlaß, sich nach einer außerordentlichen Sitzung am 2. Juni 1994 mit einer Erklärung an alle Mitarbeiter und Studenten der Universität sowie an die Medien zu wenden.

Am 31. Mai hatte sich bereits der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Hinrich Enderlein, in einer Presseerklärung zum Erneuerungsgeschehen an der Universität Potsdam geäußert und sich eindeutig vor die Universität gestellt. - Wir veröffentlichen im folgenden beide Erklärungen im Wortlaut.

Erklärung des Senats der Universität Potsdam auf seiner

Sondersitzung am 2.6.1994

Der Senat billigt erneut die Ent­scheidung des Rektors, an der Veranstaltung des Bundes Frei­heit der Wissenschaft e. V. und der Grundtvig-Stiftung e. V. nicht teilzunehmen, und spricht ihm das Vertrauen aus. In die­sem Zusammenhang erhobene Rücktrittsforderungen entbeh­ren jeder Grundlage und werden deshalb zurückgewiesen.

Mit Nachdruck verwahrt sich

der Senat gegen Versuche des Bundes Freiheit der Wissen­schaft und sonstiger außeruni­versitärer Gruppierungen, in die Personalpolitik der Universität einzugreifen, ohne die sachli­chen Voraussetzungen dafür zu besitzen.

Selbstverständlich muß die Dis­kussion über die Vergangenheit der Universität geführt werden. Die Universität selbst hat dies

immer getan und wird es auch in Zukunft tun. Es bleibt festzu­stellen, daß alle in der Universi­tät tätigen Personen wiederholt evaluiert wurden. Falls neue Gesichtspunkte auftauchen, müssen sie allerdings erneut ge­prüft werden. Dies darf jedoch nicht in der Form selbsternann­ter Tribunale geschehen oder zu einerHexenjagd ausarten. Die Diskussion muß sachge­

recht erfolgen und sich vorran­gig innerhalb der Universität vollziehen.

Die Gerechtigkeit gegenüber der Universität als ganzer und den betroffenen Personen im einzelnen erfordert es zu­gleich, daß unberechtigte Vor­würfe als solche benannt wer­den und die Universität sich schützend vor ihre Mitglieder stellt.

Minister Enderlein: Die personelle Erneuerung der Universität

Potsdam ist auf einem guten Weg

Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein hat die Universität Potsdam nachdrücklich gegen unqualifizierte Angriffe wegen ihrer Personalpolitik in Schutz genommen. Enderlein erklärte, er vertraue voll auf die Arbeit von Dutzenden von qualifizier­ten Wissenschaftlern aus der ganzen Bundesrepublik, die in den Evaluierungs-, Struktur- und Berufungskommissionen, im Gründungssenat, Senat und in den Fakultäten der Universi­tät Potsdam eine seriöse Arbeit geleistet hätten. Dazu gebe es für ihn keine Alternative. Wenn diese Ergebnisse von außen nicht zur Kenntnis genommen würden, so werden darin Un­kenntnis des Verfahrens und of­fensichtlich unsachliche Einmi­schungsversuche deutlich. Enderlein erklärte, daß er auch künftig Personalangelegenhei­ten der Hochschulen nur mit diesen selbst behandeln werde. Es bestehe keine Veranlassung dafür, die Diskussion mit au­

ßenstehenden, selbsternannten Ober-Evaluatoren zu führen. Insbesondere der sogenannte Bund Freiheit der Wissen­schaft sei in keiner Weise be­rufen oder qualifiziert, Perso­nalangelegenheiten einzelner Hochschulen von außen öffent­lich zu diskutieren. Schon in den 60er und 70er Jahren habe er in den Hochschulauseinan­dersetzungen der alten Länder eine verhängnisvolle Rolle ge­spielt, die nicht dazu ermuntere, ihn heute als Gesprächspartner zu akzeptieren.

Ausdrücklich wies Enderlein die Rücktrittsforderung an Rek­tor Mitzner zurück. Die mit dem Minister abgesprochene Nicht­teilnahme an der Veranstaltung stehe in voller Übereinstim­mung mit der Verantwortung des Rektors für die Personalan­gelegenheit der Universität. So wie es für das Ministerium nur die Universität als Ansprech­partner in dieser Frage gebe, gelte das auch umgekehrt. Das

Verständnis von Hochschulau­tonomie des BundesFreiheit der Wissenschaft werde deut­lich, wenn ein Außenstehender den von den Mitgliedern der Universität gewählten und ih­nen verantwortlichen Rektor zum Rücktritt auffordere. Enderlein betonte, daß es nicht angehe, daß einzelne Daten aus den Biographien einzelner Hochschulangehöriger als öf­fentliche Beweismittel für deren wissenschaftliche Qualifikation oder persönliche Integrität her­angezogen werden. Nur eine Gesamtwürdigung aller Fakten der einzelnen Personen könne zu einem qualifizierten Ergeb­nis kommen. Dabei müsse auch daruaf geachtet werden, daß Entscheidungen rechtlich und rechtsstaatlich einwandfrei be­gründet werden. Diese Arbeit sei von den dafür eingesetzten Gremien geleistet worden. Enderlein forderte die Universi­tät auf, sich nicht selbst als Stichwortgeber für derartige

unqualifizierte Diskussionen in der Öffentlichkeit zur Verfü­gung zu stellen. Wenn es im Einzelfall Diskussionsbedarf gäbe, so stehen dafür in der Uni­versität die gewählten Gremien zur Verfügung. Er selbst sei je­derzeit bereit, in dieses Ge­spräch mit der Universität ein­zutreten, wenn es von ihr ge­wünscht werde.

Enderlein betonte abschließend, daß er den personellen Aufbau­prozeß an der Universität Pots­dam auf einem guten Weg sehe. Die Berufungen gehen nach ei­nigen Schwierigkeiten zügig voran. Klärungsbedarf bestehe noch bei der Situation im Mit­telbau.Mit dem Personal, das an der Universität Potsdam zur Verfügung steht, werden wir bald eine der qualifiziertesten Hochschulen in dieser Republik in Lehre und Forschung stel­len. Pressemitteilung des Ministeriums für Wissen­schaft, Forschung und Kultur vom 31. 5. 94