ERKLÄRUNGEN
Nr. 11/94-Seite 3
In eigener Sache
Im Verlauf des letzten Monats, verstärkt in den letzten Tagen, hat es einige Presseveröffentlichungen gegeben, in denen die Personalpolitik an der Universität Potsdam kritisiert wurde. Die Veröffentlichungen waren dem erst vor wenigen Monaten gewählten Senat der Universität Anlaß, sich nach einer außerordentlichen Sitzung am 2. Juni 1994 mit einer Erklärung an alle Mitarbeiter und Studenten der Universität sowie an die Medien zu wenden.
Am 31. Mai hatte sich bereits der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Hinrich Enderlein, in einer Presseerklärung zum Erneuerungsgeschehen an der Universität Potsdam geäußert und sich eindeutig vor die Universität gestellt. - Wir veröffentlichen im folgenden beide Erklärungen im Wortlaut.
Erklärung des Senats der Universität Potsdam auf seiner
Sondersitzung am 2.6.1994
Der Senat billigt erneut die Entscheidung des Rektors, an der Veranstaltung des Bundes Freiheit der Wissenschaft e. V. und der Grundtvig-Stiftung e. V. nicht teilzunehmen, und spricht ihm das Vertrauen aus. In diesem Zusammenhang erhobene Rücktrittsforderungen entbehren jeder Grundlage und werden deshalb zurückgewiesen.
Mit Nachdruck verwahrt sich
der Senat gegen Versuche des Bundes Freiheit der Wissenschaft und sonstiger außeruniversitärer Gruppierungen, in die Personalpolitik der Universität einzugreifen, ohne die sachlichen Voraussetzungen dafür zu besitzen.
Selbstverständlich muß die Diskussion über die Vergangenheit der Universität geführt werden. Die Universität selbst hat dies
immer getan und wird es auch in Zukunft tun. Es bleibt festzustellen, daß alle in der Universität tätigen Personen wiederholt evaluiert wurden. Falls neue Gesichtspunkte auftauchen, müssen sie allerdings erneut geprüft werden. Dies darf jedoch nicht in der Form selbsternannter Tribunale geschehen oder zu einer „Hexenjagd“ ausarten. Die Diskussion muß sachge
recht erfolgen und sich vorrangig innerhalb der Universität vollziehen.
Die Gerechtigkeit gegenüber der Universität als ganzer und den betroffenen Personen im einzelnen erfordert es zugleich, daß unberechtigte Vorwürfe als solche benannt werden und die Universität sich schützend vor ihre Mitglieder stellt.
Minister Enderlein: Die personelle Erneuerung der Universität
Potsdam ist auf einem guten Weg
Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein hat die Universität Potsdam nachdrücklich gegen unqualifizierte Angriffe wegen ihrer Personalpolitik in Schutz genommen. Enderlein erklärte, er vertraue voll auf die Arbeit von Dutzenden von qualifizierten Wissenschaftlern aus der ganzen Bundesrepublik, die in den Evaluierungs-, Struktur- und Berufungskommissionen, im Gründungssenat, Senat und in den Fakultäten der Universität Potsdam eine seriöse Arbeit geleistet hätten. Dazu gebe es für ihn keine Alternative. Wenn diese Ergebnisse von außen nicht zur Kenntnis genommen würden, so werden darin Unkenntnis des Verfahrens und offensichtlich unsachliche Einmischungsversuche deutlich. Enderlein erklärte, daß er auch künftig Personalangelegenheiten der Hochschulen nur mit diesen selbst behandeln werde. Es bestehe keine Veranlassung dafür, die Diskussion mit au
ßenstehenden, selbsternannten „Ober-Evaluatoren“ zu führen. Insbesondere der sogenannte „Bund Freiheit der Wissenschaft“ sei in keiner Weise berufen oder qualifiziert, Personalangelegenheiten einzelner Hochschulen von außen öffentlich zu diskutieren. Schon in den 60er und 70er Jahren habe er in den Hochschulauseinandersetzungen der alten Länder eine verhängnisvolle Rolle gespielt, die nicht dazu ermuntere, ihn heute als Gesprächspartner zu akzeptieren.
Ausdrücklich wies Enderlein die Rücktrittsforderung an Rektor Mitzner zurück. Die mit dem Minister abgesprochene Nichtteilnahme an der Veranstaltung stehe in voller Übereinstimmung mit der Verantwortung des Rektors für die Personalangelegenheit der Universität. So wie es für das Ministerium nur die Universität als Ansprechpartner in dieser Frage gebe, gelte das auch umgekehrt. Das
Verständnis von Hochschulautonomie des Bundes „Freiheit der Wissenschaft“ werde deutlich, wenn ein Außenstehender den von den Mitgliedern der Universität gewählten und ihnen verantwortlichen Rektor zum Rücktritt auffordere. Enderlein betonte, daß es nicht angehe, daß einzelne Daten aus den Biographien einzelner Hochschulangehöriger als öffentliche Beweismittel für deren wissenschaftliche Qualifikation oder persönliche Integrität herangezogen werden. Nur eine Gesamtwürdigung aller Fakten der einzelnen Personen könne zu einem qualifizierten Ergebnis kommen. Dabei müsse auch daruaf geachtet werden, daß Entscheidungen rechtlich und rechtsstaatlich einwandfrei begründet werden. Diese Arbeit sei von den dafür eingesetzten Gremien geleistet worden. Enderlein forderte die Universität auf, sich nicht selbst als Stichwortgeber für derartige
unqualifizierte Diskussionen in der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Wenn es im Einzelfall Diskussionsbedarf gäbe, so stehen dafür in der Universität die gewählten Gremien zur Verfügung. Er selbst sei jederzeit bereit, in dieses Gespräch mit der Universität einzutreten, wenn es von ihr gewünscht werde.
Enderlein betonte abschließend, daß er den personellen Aufbauprozeß an der Universität Potsdam auf einem guten Weg sehe. Die Berufungen gehen nach einigen Schwierigkeiten zügig voran. Klärungsbedarf bestehe noch bei der Situation im Mittelbau. „Mit dem Personal, das an der Universität Potsdam zur Verfügung steht, werden wir bald eine der qualifiziertesten Hochschulen in dieser Republik in Lehre und Forschung stellen. “ Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 31. 5. 94