CAMPUS
FÜR EINE MULTIKULTURELLE BILDUNG
Feierliche Eröffnung des Sprachenzentrums
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Verständigung über unterschiedliche Lebenswelten und Grenzen hinweg: diesem Ideal versucht das Sprachenzentrum der Universität mit Hilfe seiner fremdsprachlichen Angebote, die auch die jeweilige Landeskunde beinhalten, zu entsprechen. Foto: Tribukeit
Viele der früher hohen, nationalen Schranken sind mittlerweile in Europa gefallen. Doch die Menschen können meist trotzdem noch nicht miteinander reden: „Man hat stets die besseren Chancen, wenn man die jeweilige Landessprache beherrscht.“ - Solche und ähnliche Kommentare waren denn auch bei der feierlichen Eröffnung des Sprachenzentrums der Universität Ende des letzten Jahres allerorten als Begründung für die immer noch häufige „Sprachlosigkeit“ zu hören. Damit wenigstens die Studierenden der Potsdamer alma mater ihre Ausbildung mit möglichst guten Fremdsprachenkenntnissen beenden können, hat sich der Gründungssenat der Hochschule bereits frühzeitig für ein Konzept entschieden, gemäß dem alle ihrer Studierenden die Chance haben, Fremdsprachen im Rahmen ihres Studiums kostenlos zu erlernen. Daß dies nicht selbstverständlich ist, bekundete z.B. mit Dr. Wolfgang Mackiewicz von der „Zentraleinrichtung Sprachlabore" der Freien Universität Berlin (FU) einer der Gründerväter des Zentrums, indem er erklärte: „Ich blicke heute mit Stolz und Neid auf das Sprachenzentrum der Potsdamer Universität“.
Der Stolz, so Mackiewicz, resultiere dabei aus seiner Mithilfe beim Aufbau - war doch das ebenfalls zentral angesiedelte Sprachlabor der FU in vielen Punkten Modell für die Potsdamer Variante; der Neid allerdings rühre aus der bereits jetzt im Vergleich zur FU vorhandenen besseren Stellenbesetzung her. Auch die gewählte Leiterin des Potsdamer Sprachenzentrums, Dr. Doris Flischikowski, stimmte Mackiewicz darin zu und verwies auf die derzeit hauptamtlich tätigen 32 Lehrkräfte und Lektoren, die von sieben Mitarbeitern aus dem Hochschulerneuerungspro- gramm (HEP) unterstützt würden. Allerdings seien 50 Mitarbeiter das endgültige Ausbauziel.
Die Studierenden jedenfalls profitieren bereits von dem erreichten Ausbaustand des Sprachenzentrums: Können sie doch zwischen rund 170 Kursen pro Semester, die in insgesamt zehn Sprachen angeboten werden (Arabisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Tschechisch, Polnisch und Latein sowie Deutschkurse für Ausländer), aus wählen. Darunter befinden sich sprachpraktische Bildungsangebote für philologische Studiengänge, allgemeine fachsprachliche Ausbildungslehrgänge für alle Fakultäten sowie Fort- und Weiterbildungslehrgänge. Und um ein eigenes „Training“ in
Sachen Sprachpraxis zu ermöglichen, stehen den Nutzern in jedem der drei Universitätsstandorte Mediotheken zur Verfügung, in denen sowohl auf fremdsprachige Bücher und Zeitschriften wie auch auf ausländische Fernsehsendungen zugegriffen werden kann. Die Öffnungszeiten dieser Mediotheken liegen zwischen 8 und 21 Uhr, allerdings hält sich die studentische Nachfrage derzeit noch in Grenzen und wäre durchaus steigerungsfähig.
Daß dieses Angebot und die schon erreichte Funktionsfähigkeit des Sprachenzentrums nur entstehen konnten, weil alle an einem Strang gezogen haben, zeigte sich im Rahmen der allein dreistündigen Ansprachen, Grußworte und Festvorträge anläßlich der Eröffnung recht gut. So dankte Prorektor Professor Dr. Wolfgang Loschelder im Namen des erkrankten Rektors zahlreichen Mitarbeitern (einschließlich den Mitgliedern des Gründungssenates) aus der Universität, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK), dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) sowie namentlich Dr. Wolfgang Mackiewicz von der FU Berlin, dem Gründungskanzler der Universität Potsdam, Jens Prüß, der Personaldezernentin
Die zur Eröffnung des Sprachenzentrums ausgelegten Lehrmaterialien, Broschüren und Bildbände erfreuten sich großer Behebtheit. Foto: Tribukeit
Steffi Kirchner und der Leiterin des Sprachenzentrums, Dr. Doris Flischikowski. Loschelder begrüßte dabei ausdrücklich, daß in Potsdam auch die nichtfremdsprachlichen Fächer Sprachleistungen zu festgelegten Anteilen vorsehen würden, schließlich sei es „der Ehrgeiz der Universität, jedem Absolventen fremdsprachliches Können zu ermöglichen". Seinen Worten schlossen sich die des stellvertretenden Abteilungsleiters Wissenschaft im MWFK, Dr. Josef Glombik, an: „Das Ministerium schätzt die Bedeutung des Sprachenzentrums, das bereits heute ein viel beachteter und geschätzter Teil der Universität ist, hoch ein", war von ihm zu erfahren. Und auch Bernd Karl Vogel, ein Referatsleiter
des MBJS, wertete die Gründung des Zentrums als einen wichtigen Schritt im Rahmen des Aufbaus der Potsdamer Hochschule zu einer modernen Universität. Dabei ruhen die Hoffnungen seines Ministeriums vor allem auf der durch das Sprachenzentrum geleisteten sprachpraktischen Ausbildung von bran- denburgischen Lehrkräften in Mangelfächern (wie z.B. Englisch oder Französisch), die derzeit noch durch Lehrer unterrichtet würden, die diese Fächer nicht studiert hätten.
Daß das Sprachenzentrums-Konzept einer eigenständigen, zentralen Betriebseinheit mit kollegialer Leitung durchaus auch seitens der Studierenden getragen wird, ließ sich den Worten von Matthias Rohde entnehmen, der im Namen der studentischen Vertreter des geschäftsführenden Ausschusses des Sprachenzentrums über die „Sorgen und Hoffnungen der Studierenden" sprach. Die Hoffnungen und Glückwünsche überwogen dabei deutlich, die Sorgen beschränkten sich im Grunde primär darauf, daß den Studenten immer noch zu wenig Kurse montags und freitags „zugemutet“ würden und sich infolge dessen (fast) alles zwischen Dienstag und Donnerstag ballen würde: „Es gibt durchaus genügend Studierende, die bereit sind, auch zum Anfang oder Ende einer Woche zu lernen“, bekräftigte er in Richtung der Dozenten.
Wie interessant und spannend das Erlernen von Sprachen und somit natürlich auch das Erfahren anderer Mentalitäten, Verhaltensweisen und Denkmuster sein kann, zeigten übrigens nicht nur zahlreiche Gespräche und Begegnungen der zur Eröffnung erschienenen internationalen Gästeschar; auch das in erster Linie von Studierenden dargebotene Musikprogramm strotzte nur so von bunter Vielfalt und Grenzüberschreitungen: Da reihte sich Schubert an Mussorgski, Gershwin an Vivaldi, setzte Miles Davis einen Kontrapunkt zu Mozart. Hg.
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