CAMPUS
INSTITUT FÜR SONDERPÄDAGOGIK GEGRÜNDET
Qualifizierungsbedarf von Lehrern auch in Zukunft hoch
Sonderpädagogischen Förderbedarf hat es schon zu DDR- Zeiten bei einer Vielzahl von Kindern gegeben - wer wüßte es nicht. Auch nach der Wende hat sich daran nichts geändert. Und doch ist die Situation nicht vergleichbar. Gerade in Brandenburg geht der Trend weg von der Sonderschule hin zur integrativen Beschulung. Noch gibt es keine aktuellen, sich auf den Bedarf an entsprechenden Lehrern beziehenden Zahlen für das Land. Das Bildungsministerium will sie in naher Zukunft veröffentlichen. Derzeit geht man von der Notwendigkeit 3000 ausgebildeter Sonderpädagogen in Brandenburg aus. Das erfordert in etwa eine jährliche Absolventenzahl um die 120 Personen. Um jener Anforderung gerecht zu werden, gründete man am 5. November 1994 das Institut für Sonderpädagogik der Universität Potsdam. Dessen Leitung hat in der Funktion des Geschäftsführenden Direktors Prof. Dr. Herbert Goetze übernommen.
Die Neugründung bedeutete allerdings nicht erst den Beginn der Ausbildungstätigkeit. Dieser Anfang liegt bereits drei Jahre zurück. Damals, im Oktober 1991, hatte man begonnen, die ersten 70 Direktstudenten und 150 Fernstudenten für ein sonderpädagogisches Studium aufzunehmen. Bis zum heutigen Zeitpunkt schlossen 300 Studenten das Studium in den Fachrichtungen Geistigbehinderten-, Lernbehinderten-, Sprach- behinderten-, Verhaltensgestörten- und Körperbehindertenpädagogik ab. Weitere 351 Studenten befinden sich gegenwärtig im Studium, darunter neu auch in den Fachrichtungen Seh- und Hörbehindertenpädagogik.
Vieles wird am Institut auf der Basis von Lehraufträgen geleistet. Hauptamtlich besetzt sind momentan lediglich die Verhaltensgestörten-, die Lernbehinderten- und die Sprachbehindertenpädagogik sowie die Rehabilitationspsychologie. Sehr am Herzen liegt den Wissenschaftlern die Absicherung der Geistigbehindertenpädagogik. Leider gibt es auf diesem Gebiet in Potsdam weder eine Professur noch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter.
Das Institut zeichnet sich durch eine Besonderheit aus: Es widmet sich jetzt und absehbar auch in den nächsten Jahren ausschließlich der Nachqualifizierung. Dabei existieren zwei Möglichkeiten. Entweder erfolgt eine vollständige Nach- oder eine Teilqualifizierung. Letztere eignet sich für bereits zu DDR-Zeiten im sonderpädagogischen Bereich tätige Lehrer. Aber auch diese kom
men an die Einrichtung mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen. So gab es in der ehemaligen DDR die Chance eines zweijährigen Zusatzstudiums, eines ein- oder zweijährigen Fern- bzw. eines einjährigen Direktstudiums. Dieses Erbe erfordert nun eine Vielfalt von geeigneten Anpassungsformen, die sich über ein bis vier Jahre erstrecken können. Schwerstarbeit bei der entsprechenden Koordinierung aller Studienvarianten leistet Dr. Alfred Buss.
Angedacht ist natürlich auch die Durchführung eines grundständigen Studiums. Vorstellungen dazu sind vorhanden. Deren Umsetzung steht allerdings noch aus. Unter anderem gibt es Klärungsbedarf hinsichtlich der Einrichtung eines diesbezüglichen Referendariats in Brandenburg. In Berlin wird es im übrigen seit Jahren praktiziert!
Die Studierenden selbst nutzen die ihnen unterbreiteten Lehrangebote dankbar. Prof. Goetze urteilt über sie: „Ihr Fleiß und Engagement sind beeindruckend. Vorlesungen und Seminare werden sehr regelmäßig besucht und intensiv verfolgt. Als Negativum fallen mir teilweise Diskussionsunfreudigkeit und mangelndes Theorieinteresse auf. Das kenne ich von westdeutschen Studenten weniger. Hier gilt es noch etwas nachzuholen.“ Trotz aller Freude über das Erreichte, plagen das Institut auch Sorgen. Der Geschäftsführende Direktor brachte sie in seiner Rede anläßlich dessen Eröffnung zum Ausdruck. Er beschrieb sie als „ungeliebte Kinder, Zwangsehe und gefährdeten Familienzusammenhalt". Dabei bezog sich der
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Häufig wird das verletzte, herabgesetzte Selbstwertgefühl erst zur eigentlichen Behinderung, die das Leben in der Gemeinschaft erschwert. Den Blick für derartige Zusammenhänge zu weiten, um sie im pädagogischen Handeln berücksichtigen zu können - darin besteht eines der Hauptanliegen in der Ausbildung am Institut für Sonderpädagogik.
Foto: zg.
Pädagoge auf die nun in die Bahn gebrachte, dennoch in ihren Einzelheiten nicht vollständig geklärte Form der Zusammenarbeit mit dem an der Universität Potsdam angesiedelten Weiterbildungszentrum, auf die Folgen der eventuell ins Haus stehenden Ländervereinigung mit Berlin sowie auf das gefährdete 'Durchmischungsverhältnis von Direkt- und Fernstudenten. Zu den hoffnungsvollen Perspektiven dagegen zählte er die in Kürze bevorstehende Etablierung einer Professur für Körperbehindertenpädagogik. Auf der Habenseite stehe ebenfalls eine hervorragende Ausstattung, die in nicht allzuferner Zukunft erlauben werde, in wenigen Sekunden in einen Wissenschaftaustausch mit Kollegen in entlegenen Kontinenten zu treten. p.G.
Österreichischer Botschafter zu Besuch
Bei einem offiziellen Besuch in Brandenburg Ende letzten Jahres war der österreichische Botschafter Dr. Friedrich Hoess (Mitte, rechts neben ihm Prorektor Prof. Dr. Gerhard Kempter) auch zu Gast im Moses Mendelssohn Zentrum und der Universität Potsdam. Besonders interessiert zeigte er sich an der Beziehung zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung, der Situation der Sozialwissenschaften, denneuen „Jüdischen Studien", der Germanistik und daran, ob es einen Schwerpunkt „Österreichische Gegenwartsliteratur" gebe. Auf eine Bitte der Universität hin vor etwa zwei Jahren hatte die Konsulin für Presse-, Kultur- und Wissenschaftsangelegenheiten am österreichischen Generalkonsulat in Berlin, Ass. Prof. Dr. Barbara Wicha (links), ein Bücherpaket mit einschlägiger Literatur überbracht. Foto.Rüffert
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