Heft 
(1.1.2019) 01
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CAMPUS

INSTITUT FÜR SONDERPÄDAGOGIK GEGRÜNDET

Qualifizierungsbedarf von Lehrern auch in Zukunft hoch

Sonderpädagogischen Förderbedarf hat es schon zu DDR- Zeiten bei einer Viel­zahl von Kindern gegeben - wer wüß­te es nicht. Auch nach der Wende hat sich daran nichts geändert. Und doch ist die Situation nicht vergleichbar. Gerade in Brandenburg geht der Trend weg von der Sonderschule hin zur integrativen Beschulung. Noch gibt es keine aktuellen, sich auf den Bedarf an entsprechenden Lehrern beziehenden Zahlen für das Land. Das Bildungsmi­nisterium will sie in naher Zukunft veröffentlichen. Derzeit geht man von der Notwendigkeit 3000 ausgebildeter Sonderpädagogen in Brandenburg aus. Das erfordert in etwa eine jährliche Ab­solventenzahl um die 120 Personen. Um jener Anforderung gerecht zu wer­den, gründete man am 5. November 1994 das Institut für Sonderpädagogik der Universität Potsdam. Dessen Lei­tung hat in der Funktion des Geschäfts­führenden Direktors Prof. Dr. Herbert Goetze übernommen.

Die Neugründung bedeutete allerdings nicht erst den Beginn der Ausbildungstätig­keit. Dieser Anfang liegt bereits drei Jahre zurück. Damals, im Oktober 1991, hatte man begonnen, die ersten 70 Direktstudenten und 150 Fernstudenten für ein sonderpäda­gogisches Studium aufzunehmen. Bis zum heutigen Zeitpunkt schlossen 300 Studen­ten das Studium in den Fachrichtungen Gei­stigbehinderten-, Lernbehinderten-, Sprach- behinderten-, Verhaltensgestörten- und Körperbehindertenpädagogik ab. Weitere 351 Studenten befinden sich gegenwärtig im Studium, darunter neu auch in den Fach­richtungen Seh- und Hörbehindertenpäda­gogik.

Vieles wird am Institut auf der Basis von Lehraufträgen geleistet. Hauptamtlich be­setzt sind momentan lediglich die Verhal­tensgestörten-, die Lernbehinderten- und die Sprachbehindertenpädagogik sowie die Rehabilitationspsychologie. Sehr am Herzen liegt den Wissenschaftlern die Absicherung der Geistigbehindertenpädagogik. Leider gibt es auf diesem Gebiet in Potsdam we­der eine Professur noch einen wissenschaft­lichen Mitarbeiter.

Das Institut zeichnet sich durch eine Beson­derheit aus: Es widmet sich jetzt und abseh­bar auch in den nächsten Jahren ausschließ­lich der Nachqualifizierung. Dabei existie­ren zwei Möglichkeiten. Entweder erfolgt eine vollständige Nach- oder eine Teilquali­fizierung. Letztere eignet sich für bereits zu DDR-Zeiten im sonderpädagogischen Be­reich tätige Lehrer. Aber auch diese kom­

men an die Einrichtung mit sehr unterschied­lichen Voraussetzungen. So gab es in der ehemaligen DDR die Chance eines zweijäh­rigen Zusatzstudiums, eines ein- oder zwei­jährigen Fern- bzw. eines einjährigen Direkt­studiums. Dieses Erbe erfordert nun eine Vielfalt von geeigneten Anpassungsformen, die sich über ein bis vier Jahre erstrecken können. Schwerstarbeit bei der entsprechen­den Koordinierung aller Studienvarianten lei­stet Dr. Alfred Buss.

Angedacht ist natürlich auch die Durchfüh­rung eines grundständigen Studiums. Vor­stellungen dazu sind vorhanden. Deren Um­setzung steht allerdings noch aus. Unter anderem gibt es Klärungsbedarf hinsichtlich der Einrichtung eines diesbezüglichen Refe­rendariats in Brandenburg. In Berlin wird es im übrigen seit Jahren praktiziert!

Die Studierenden selbst nutzen die ihnen unterbreiteten Lehrangebote dankbar. Prof. Goetze urteilt über sie:Ihr Fleiß und Enga­gement sind beeindruckend. Vorlesungen und Seminare werden sehr regelmäßig be­sucht und intensiv verfolgt. Als Negativum fallen mir teilweise Diskussionsunfreudigkeit und mangelndes Theorieinteresse auf. Das kenne ich von westdeutschen Studenten weniger. Hier gilt es noch etwas nachzuho­len. Trotz aller Freude über das Erreichte, plagen das Institut auch Sorgen. Der Ge­schäftsführende Direktor brachte sie in sei­ner Rede anläßlich dessen Eröffnung zum Ausdruck. Er beschrieb sie alsungeliebte Kinder, Zwangsehe und gefährdeten Fami­lienzusammenhalt". Dabei bezog sich der

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Häufig wird das verletzte, herabgesetzte Selbst­wertgefühl erst zur eigentlichen Behinderung, die das Leben in der Gemeinschaft erschwert. Den Blick für derartige Zusammenhänge zu weiten, um sie im pädagogischen Handeln berücksichtigen zu können - darin besteht eines der Hauptanliegen in der Ausbildung am Institut für Sonderpädagogik.

Foto: zg.

Pädagoge auf die nun in die Bahn gebrach­te, dennoch in ihren Einzelheiten nicht voll­ständig geklärte Form der Zusammenarbeit mit dem an der Universität Potsdam angesie­delten Weiterbildungszentrum, auf die Fol­gen der eventuell ins Haus stehenden Ländervereinigung mit Berlin sowie auf das gefährdete 'Durchmischungsverhältnis von Direkt- und Fernstudenten. Zu den hoff­nungsvollen Perspektiven dagegen zählte er die in Kürze bevorstehende Etablierung einer Professur für Körperbehindertenpädagogik. Auf der Habenseite stehe ebenfalls eine her­vorragende Ausstattung, die in nicht allzu­ferner Zukunft erlauben werde, in wenigen Sekunden in einen Wissenschaftaustausch mit Kollegen in entlegenen Kontinenten zu treten. p.G.

Österreichischer Botschafter zu Besuch

Bei einem offiziellen Besuch in Brandenburg Ende letzten Jahres war der österreichische Botschafter Dr. Friedrich Hoess (Mitte, rechts neben ihm Prorektor Prof. Dr. Gerhard Kempter) auch zu Gast im Moses Mendelssohn Zentrum und der Universität Potsdam. Besonders interessiert zeigte er sich an der Beziehung zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung, der Situation der Sozialwissenschaften, denneuen Jüdischen Studien", der Germanistik und daran, ob es einen SchwerpunktÖsterreichische Gegenwarts­literatur" gebe. Auf eine Bitte der Universität hin vor etwa zwei Jahren hatte die Konsulin für Presse-, Kultur- und Wissenschaftsangelegenheiten am österreichischen Generalkonsulat in Berlin, Ass. Prof. Dr. Barbara Wicha (links), ein Bücherpaket mit einschlägiger Literatur überbracht. Foto.Rüffert

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