Heft 
(1.1.2019) 01
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CAMPUS

EIN ZEITZEUGE DES SPORTS BETRITT NEULAND

Prof. Walther Troger hielt seine Antrittsvorlesung

Die Gesamtheit des Sports, seine sich verstärkende Vernetzung mit der Wirt­schaft und seine gesellschaftliche Stel­lung sind in Deutschland bisher wissen­schaftlich nahezu unbearbeitet geblie­ben. Das ist deshalb unverständlich, weil sich der Weltsport zu einem selb­ständigen Bereich von erheblichem Ausmaß entwickelte. Dieses Fachge­biet sachkundig und mit hohem An­spruch vor allem im Rahmen der sport­wissenschaftlichen akademischen Aus­bildung zu vertreten, vermögen derzeit nur wenige.

Walther Troger mit seiner jahrzehn­telangen Tätigkeit als Generalsekre­tär des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), als Persönlicher Berater des IOC-Präsidenten, als Sportdirektor des IOC, als IOC-Mitglied und Leiter von mehreren Ständigen IOC-Kommissionen (- wobei das KürzelIOC" für Internationales Olympisches Komitee steht -) und schließlich als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland gehört zu diesen Persönlichkei­ten. Er unterstützte beratend den Aufbau des Institutes für Sportwissenschaft an der Uni­versität Potsdam. Kürzlich verlieh ihm deren Rektor, Prof. Dr. Rolf Mitzner, eine Honorar­professur. Ende November vergangenen Jah­res begann der Zeitzeuge des nationalen und internationalen Sports seine Lehrveranstal­tungen mit einer Antrittsvorlesung. Walther Tröger widmete sich dem ThemaWirt­schaft und Sport in der internationalen Zu­sammenarbeit. Damit gab er gleichzeitig den Auftakt zu seiner VorlesungsreiheÖko­nomische und juristische Aspekte internatio­naler Sportpolitik. So ist eine Fachrichtung in das Lehrprogramm aufgenommen worden, die in dieser Komplexität zumindest Selten­heitswert an deutschen Hochschulen hat. Diplom- und Lehramtsstudenten sowie exter­ne Studierende werden davon profitieren.

Der Honorarprofessor versteht sei­ne Vorlesungen nicht als öffentlich­keitswirksames Forum für den Prä­sidenten des NOK. Vielmehr wolle er Fragen provozieren und sich bemühen, möglichst wenig Bekanntes vorzutragen. Sein Thema betreffend, leitete er den Vortrag mit der Be­merkung ein, daß die Honorierung von Lei­stungen keine Erfindung der letzten Jahr­zehnte sei. Die Förderung des Sports durch die Wirtschaft und die Mitteleinwerbung durch Sponsoren gingen einher mit der Grün­dung der Sportorganisationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Das NOK ist 1949 als die erste der bundesweit überfachlichen Sport­organisationen ins Leben gerufen worden. Es sah sich sehr schnell vor die Aufgabe gestellt, so Walther Tröger, über die geringen Bun­

desmittel hinaus seinen finanziellen Bedarf zu decken. Das wurde u.a. durch die Vorberei­tung und Entsendung der Olympiamann­schaften notwendig. Die Gründung der Deut­schen Olympischen Gesellschaft diente dem Ziel, Mittel bei Geldgebern insbesondere aus der Wirtschaft zu beschaffen. Diese Funkti­on erfüllte sie bis weit in die 70er Jahre. Ge­genleistungen erhielt die Gesellschaft in Form von Werbemöglichkeiten und Nutzung der Symbole. Werbung mit Spitzensportlern war zu diesem Zeitpunkt noch unüblich. Später trug die Stiftung Deutsche Sporthilfe dazu bei, finanzielle Mittel für den Sport be­reitzustellen und die Sportler auf breiter Ba­sis zu fördern. Die Herausgabe von Sport­briefmarken, Gedenkmünzen, die Schaffung einer Lotterie und weitere Aktivitäten unter­stützten dieses Anliegen. Auf internationa­ler Ebene wurde nach den Olympischen Spielen in München eine Arbeitsgruppe auf­gebaut, die sich mit der Wahrung und Ver­wertung von Rechten, über die die Olympi­schen Organisationen insgesamt verfügen, befaßte. Zur Umsetzung des dabei entstan­denen Konzepts hat das NOK gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe eine Wirtschaftskommission eingerichtet. Die Rechte an den Olympischen Ringen wurden in Deutschland der Deutschen Sportmarke­ting GmbH übertragen.

Ein zunehmend delikates und in der & Öffentlichkeit besonders präsentes

__ Thema sparte Walther Tröger nicht

aus: Die Einbeziehung der Sportler in die Werbung und die Verwertung ihrer Persön­lichkeitsrechte. Großes Konfliktpotential he­ge in den Interessenunterschieden zwischen jenen, die die Verträge abschließen, und den Sportlern selbst, zunehmend bei ihren Mana­gern. Eine offensichtliche Diskrepanz auf zei­gend, erläuterte der Referent folgendes. Viele Spitzensportler würden Vermarktungsverträ­ge suchen, während andere mit geringeren Leistungen in medienwirksameren Sportar­ten lukrative Angebote bekämen. Dies sei ein schwer lösbares Problem. Das NOK habe aber mit seinen Verbänden vereinbart, die­se Verträge für die Olympischen Spiele nicht gelten zu lassen. Es sei weiterhin die Frage zu klären, wie Sportler, die vermögend wer­den, zum Ausgleich für frühere finanzielle Unterstützung herangezogen werden kön­nen.

Zusammenfassend stellte Walther Tröger fest, daß die Wirtschaft bereit sei, den Sport zu unterstützen. Er betonte weiter,wir sind ja keine BittsteUer, sondern bieten Gegenlei­stungen". Wenn dieKassen gläsern" seien, wenn offengelegt werde, wofür das Geld ver­wendet werde, dann seien gemeinsam mit der Wirtschaft viele Vorhaben realisierbar.

B.E.

EIN VOLK VON GOTT UND GOLD

Zur Antrittsvorlesung Professor Dr. Manfred Görtemakers

Macht, Mission und Geld: das sind die Triebkräfte des Erfolges. Zumindest des Erfolges der Vereinigten Staaten von Amerika, wie Professor Dr. Manfred Görtemaker in seiner Antrittsvorlesung deutlich machen konnte. In Form einer gelungenen Mischung aus Ideenge­schichte, Diplomatie und Machtpolitik verknüpfte der Neuzeit-Historiker und derzeitige Direktor des Historischen Instituts der Philosophischen Fakultät I internationale, europäische und deut­sche Geschichte. Unter dem Titel .Macht und Mission. Aspekte amerikanischer Außenpolitik unter Truman, Eisenho- wer und Kennedy brachte er zum Aus­druck, daß sich am amerikanischen Sen­dungsbewußtsein als höherem Zweck und Teil einer Weltmachtpolitik nur wenig geändert habe.

Auf besonderes Interesse der aus Ost und West stammenden Zuhörerschaft stießen seine sehr konkreten Ausführungen über die Folgen dieser amerikanischen Politik für das Deutschland der 40er, 50ei und der begin­nenden 60er Jahre. Der Historiker betonte, daß Deutschland für die USA dieser Zeit zwar eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle gespielt habe.Glücklicherweise paß­ten die Deutschen in die damaligen amerika­nischen Interessen, erklärte Görtemaker. Daß davon allerdings schon bald nur noch die Westdeutschen profitierten, wurde dem Pu­blikum der (wieder-)vereinigten Bundesrepu­blik anhand einer chronologischen Entwick­lungslinie der damaligen Ereignisse klar vor Augen geführt. Dem Referenten gelang es, mit Hilfe dieser deutschen Nachkriegsge­schichte die Komponenten Machtwillen, den Wunsch nach Einflußnahme, Missionsdrang und Sendungsbewußtsein als die durchgän­gigen Triebkräfte amerikanischer Politik her­auszukristallisieren.So unterschiedlich auch die drei amerikanischen Präsidenten Truman, Eisenhower und Kennedy gewesen sein mögen, orientierten sie sich doch an diesen Fixpunkten. Freüich nicht, ohne auf die sich stetig ändernde außen- und innenpolitische Lage zu reagieren, konstatierte Görtemaker. Beispielsweise setzte Harry S. Truman das neue politische Konzept seines Vorgängers Franklin D. Roosevelt fort, der die USA wäh­rend des Zweiten Weltkrieges das Leih- und Pacht-Gesetz faktisch zu einer Weltmacht gemacht habe.Von einer offiziellen Isolati­onspolitik Amerikas war nichts mehr zu spü­ren", berichtete der Historiker und verwies unter anderem auf die Eindämmungsdoktrin gegenüber der Sowjetunion. Er erläuterte fer­ner, wie sich vor diesem Hintergrund eine

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