CAMPUS
EIN ZEITZEUGE DES SPORTS BETRITT NEULAND
Prof. Walther Troger hielt seine Antrittsvorlesung
Die Gesamtheit des Sports, seine sich verstärkende Vernetzung mit der Wirtschaft und seine gesellschaftliche Stellung sind in Deutschland bisher wissenschaftlich nahezu unbearbeitet geblieben. Das ist deshalb unverständlich, weil sich der Weltsport zu einem selbständigen Bereich von erheblichem Ausmaß entwickelte. Dieses Fachgebiet sachkundig und mit hohem Anspruch vor allem im Rahmen der sportwissenschaftlichen akademischen Ausbildung zu vertreten, vermögen derzeit nur wenige.
Walther Troger mit seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), als Persönlicher Berater des IOC-Präsidenten, als Sportdirektor des IOC, als IOC-Mitglied und Leiter von mehreren Ständigen IOC-Kommissionen (- wobei das Kürzel „IOC" für Internationales Olympisches Komitee steht -) und schließlich als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland gehört zu diesen Persönlichkeiten. Er unterstützte beratend den Aufbau des Institutes für Sportwissenschaft an der Universität Potsdam. Kürzlich verlieh ihm deren Rektor, Prof. Dr. Rolf Mitzner, eine Honorarprofessur. Ende November vergangenen Jahres begann der Zeitzeuge des nationalen und internationalen Sports seine Lehrveranstaltungen mit einer Antrittsvorlesung. Walther Tröger widmete sich dem Thema „Wirtschaft und Sport in der internationalen Zusammenarbeit“. Damit gab er gleichzeitig den Auftakt zu seiner Vorlesungsreihe „Ökonomische und juristische Aspekte internationaler Sportpolitik“. So ist eine Fachrichtung in das Lehrprogramm aufgenommen worden, die in dieser Komplexität zumindest Seltenheitswert an deutschen Hochschulen hat. Diplom- und Lehramtsstudenten sowie externe Studierende werden davon profitieren.
Der Honorarprofessor versteht seine Vorlesungen nicht als öffentlichkeitswirksames Forum für den Präsidenten des NOK. Vielmehr wolle er Fragen provozieren und sich bemühen, möglichst wenig Bekanntes vorzutragen. Sein Thema betreffend, leitete er den Vortrag mit der Bemerkung ein, daß die Honorierung von Leistungen keine Erfindung der letzten Jahrzehnte sei. Die Förderung des Sports durch die Wirtschaft und die Mitteleinwerbung durch Sponsoren gingen einher mit der Gründung der Sportorganisationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Das NOK ist 1949 als die erste der bundesweit überfachlichen Sportorganisationen ins Leben gerufen worden. Es sah sich sehr schnell vor die Aufgabe gestellt, so Walther Tröger, über die geringen Bun
desmittel hinaus seinen finanziellen Bedarf zu decken. Das wurde u.a. durch die Vorbereitung und Entsendung der Olympiamannschaften notwendig. Die Gründung der Deutschen Olympischen Gesellschaft diente dem Ziel, Mittel bei Geldgebern insbesondere aus der Wirtschaft zu beschaffen. Diese Funktion erfüllte sie bis weit in die 70er Jahre. Gegenleistungen erhielt die Gesellschaft in Form von Werbemöglichkeiten und Nutzung der Symbole. Werbung mit Spitzensportlern war zu diesem Zeitpunkt noch unüblich. Später trug die Stiftung Deutsche Sporthilfe dazu bei, finanzielle Mittel für den Sport bereitzustellen und die Sportler auf breiter Basis zu fördern. Die Herausgabe von Sportbriefmarken, Gedenkmünzen, die Schaffung einer Lotterie und weitere Aktivitäten unterstützten dieses Anliegen. Auf internationaler Ebene wurde nach den Olympischen Spielen in München eine Arbeitsgruppe aufgebaut, die sich mit der Wahrung und Verwertung von Rechten, über die die Olympischen Organisationen insgesamt verfügen, befaßte. Zur Umsetzung des dabei entstandenen Konzepts hat das NOK gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe eine Wirtschaftskommission eingerichtet. Die Rechte an den Olympischen Ringen wurden in Deutschland der Deutschen Sportmarketing GmbH übertragen.
Ein zunehmend delikates und in der & Öffentlichkeit besonders präsentes
__ Thema sparte Walther Tröger nicht
aus: Die Einbeziehung der Sportler in die Werbung und die Verwertung ihrer Persönlichkeitsrechte. Großes Konfliktpotential hege in den Interessenunterschieden zwischen jenen, die die Verträge abschließen, und den Sportlern selbst, zunehmend bei ihren Managern. Eine offensichtliche Diskrepanz auf zeigend, erläuterte der Referent folgendes. Viele Spitzensportler würden Vermarktungsverträge suchen, während andere mit geringeren Leistungen in medienwirksameren Sportarten lukrative Angebote bekämen. Dies sei ein schwer lösbares Problem. Das NOK habe aber mit seinen Verbänden vereinbart, diese Verträge für die Olympischen Spiele nicht gelten zu lassen. Es sei weiterhin die Frage zu klären, wie Sportler, die vermögend werden, zum Ausgleich für frühere finanzielle Unterstützung herangezogen werden können.
Zusammenfassend stellte Walther Tröger fest, daß die Wirtschaft bereit sei, den Sport zu unterstützen. Er betonte weiter, „wir sind ja keine BittsteUer, sondern bieten Gegenleistungen". Wenn die „Kassen gläsern" seien, wenn offengelegt werde, wofür das Geld verwendet werde, dann seien gemeinsam mit der Wirtschaft viele Vorhaben realisierbar.
B.E.
EIN VOLK VON GOTT UND GOLD
Zur Antrittsvorlesung Professor Dr. Manfred Görtemakers
Macht, Mission und Geld: das sind die Triebkräfte des Erfolges. Zumindest des Erfolges der Vereinigten Staaten von Amerika, wie Professor Dr. Manfred Görtemaker in seiner Antrittsvorlesung deutlich machen konnte. In Form einer gelungenen Mischung aus Ideengeschichte, Diplomatie und Machtpolitik verknüpfte der Neuzeit-Historiker und derzeitige Direktor des Historischen Instituts der Philosophischen Fakultät I internationale, europäische und deutsche Geschichte. Unter dem Titel .Macht und Mission. Aspekte amerikanischer Außenpolitik unter Truman, Eisenho- wer und Kennedy“ brachte er zum Ausdruck, daß sich am amerikanischen Sendungsbewußtsein als höherem Zweck und Teil einer Weltmachtpolitik nur wenig geändert habe.
Auf besonderes Interesse der aus Ost und West stammenden Zuhörerschaft stießen seine sehr konkreten Ausführungen über die Folgen dieser amerikanischen Politik für das Deutschland der 40er, 50ei und der beginnenden 60er Jahre. Der Historiker betonte, daß Deutschland für die USA dieser Zeit zwar eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle gespielt habe. „Glücklicherweise paßten die Deutschen in die damaligen amerikanischen Interessen“, erklärte Görtemaker. Daß davon allerdings schon bald nur noch die Westdeutschen profitierten, wurde dem Publikum der (wieder-)vereinigten Bundesrepublik anhand einer chronologischen Entwicklungslinie der damaligen Ereignisse klar vor Augen geführt. Dem Referenten gelang es, mit Hilfe dieser deutschen Nachkriegsgeschichte die Komponenten Machtwillen, den Wunsch nach Einflußnahme, Missionsdrang und Sendungsbewußtsein als die durchgängigen Triebkräfte amerikanischer Politik herauszukristallisieren. „So unterschiedlich auch die drei amerikanischen Präsidenten Truman, Eisenhower und Kennedy gewesen sein mögen, orientierten sie sich doch an diesen Fixpunkten. Freüich nicht, ohne auf die sich stetig ändernde außen- und innenpolitische Lage zu reagieren“, konstatierte Görtemaker. Beispielsweise setzte Harry S. Truman das neue politische Konzept seines Vorgängers Franklin D. Roosevelt fort, der die USA während des Zweiten Weltkrieges das Leih- und Pacht-Gesetz faktisch zu einer Weltmacht gemacht habe. „Von einer offiziellen Isolationspolitik Amerikas war nichts mehr zu spüren", berichtete der Historiker und verwies unter anderem auf die Eindämmungsdoktrin gegenüber der Sowjetunion. Er erläuterte ferner, wie sich vor diesem Hintergrund eine
Seite 12
PUTZ 1/95