Heft 
(1.1.2019) 01
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CAMPUS

ALLESOIM CAMPUS"

Antje Bürger berichtet vomLeistungszentrum" Duke University

Auf der Grundlage langjähriger Kontak­te von Professor Dr. Julius H. Schoeps aus dem Historischen Institut zum De­partment of Religion an der Duke Uni­versity in Durham, North Carolina in den USA, wurde im Mai 1993 ein Part­nerschaftsabkommen zwischen der Duke University und der Universität Potsdam unterzeichnet. Im Rahmen die­ser Vereinbarung gibt es nun Dozenten- und Studentenmobilität in beiden Rich­tungen. Antje Bürger konnte im vergan­genen Oktober ein von der Duke Uni­versity und dem Deutschen Akademi­schen Austauschdienst (DAAD) unter­stütztesInternship absolvieren. Sie berichtet über ihre Eindrücke:

Die Zielstellung dieses Praktikums bestand darin, durch vor-Ort-Erfahrungen eine leben­dige Vorstellung zu entwickeln, wie eine (besser: diese) amerikanische Universität funktioniert, um die Beratung und Betreu­ung der Programmteilnehmer und die admi­nistrative Begleitung aller Amerika-Program­me der Potsdamer Universität zu optimieren. Außerdem war zu prüfen, ob das bisher auf den Bereich Geschichte bezogene Programm erweitert werden kann.

Der Aufenthalt bot auch Gelegenheit, Ralph Leiteritz, (den diesjährigen Austauschstu­denten aus dem Bereich Politikwissenschaf­ten zu treffen und seine bisherigen Studien­erfahrungen alsDukee auszuwerten. Um es gleich vorweg zu nehmen: Er macht seine Sache gut, belegt drei Kurse, arbeitet sehr hart, ist aber rundum zufrieden.

Die Duke University nimmt derzeit den 6. Platz auf der Rangliste amerikanischer Uni­versitäten ein und zählt zu den renommier­testen Bildungseinrichtungen der Vereinig­ten Staaten. Die Universität bietet als priva­te Einrichtung optimale Lehr- und Studien­bedingungen, verlangt aber auch Höchstlei­stungen von allen Beteiligten (ca. 10.000 Stu­denten, rund 1.450 Lehrkräfte). Sie bietet Be­dingungen, die es den Studenten ermögli­chen, intensiv, konzentriert, zügig und ohne wesentliche äußere Belastungen zu studie­ren.

Die Bibliotheken sind mit ihren unglaublich umfangreichen Beständen voll computerisiert und 24 Stunden täglich geöffnet; die einzel­nen Uni-Komplexe sind durch einen perfekt organisierten Shuttlebus-Verkehr miteinan­der verbunden; diverse Verpflegungseinrich­tungen sind von früh bis spät abends geöff­net, so daß man essen kann, wann und wo und was man möchte; die Uni hat ein elek­tronisches Sicherheitssystem und eine eige­ne Polizeistation; die Studenten haben in ihren Zimmern Telefon, Gespräche innerhalb der Uni sind gebührenfrei; Computerräume

sind in Bibliotheken und Lehrgebäuden vor­handen und für alle zugänglich (die meisten Studenten haben private PC's in ihren Zim­mern); ein neues Studenten-Freizeit-Zentrum mit Cafes, Buchladen, Shops, Post, Geldauto­maten, Kino- und Theatersaal, Galerie, Sitz­ecken usw. bietet neben riesigen Sportstät­ten auf dem Uni-Gelände ein umfangreiches Freizeitangebot. - Im Prinzip ist alles, was man braucht,on campus. Darüber hinaus bietet eine riesige Zahl studentischer Eigen­initiativen jedem Studenten ein breites Betä­tigungsfeld außerhalb seiner Studienaufga­ben. Da lacht das Studentenherz! Und das der Potsdamer ganz besonders.

DUKE UNIVERSITY

Im Mittelpunkt steht jedoch das Studium: Enorm anspruchsvoll, zeitintensiv, leistungs­orientiert und unter ständiger Kontrolle. Stu­denten im undergraduate Bereich (4 Studien­jahre bis zum ersten akademischen Grad, dem Bachelor of Arts oder dem of Science) belegen in der Regel vier Kurse pro Semester, d.h. durchschnittlich 3 Stunden ä 50 Minu­ten pro Kurs in der Woche. Es handelt sich meistens umlecture courses, die sich aber von deutschen Vorlesungen stark unterschei­den, da diese Kurse von den Studenten vor­bereitet werden müssen und der Dozent sich auf die Interpretation des als bekannt voraus­gesetzten Stoffes konzentriert. Dadurch kön­nen mitunter pro Woche für vier Kurse zwi­schen 500 und 1.000 Seiten Pflichtliteratur anfallen. Regelmäßige Kontrollen in Form von Tests, Belegen, schriftlichen Hausarbeiten und Klausuren begleiten den Studenten und werden als Semesternote per Computer im academic record gespeichert.

Die Studenten, die an der Duke University immatrikuliert werden, zählen zu den lei­stungsstarksten ihres Jahrganges. 1.600 wer­den jährlich im undergraduate Bereich als freshmen zugelassen, 16.000 Bewerbungen gehen aber jährlich aus dem In- und Ausland ein. Daraus wird deutlich, daß die Duke Uni­versity auf die Erziehung und Bildung beson­ders begabter junger Menschen ausgerichtet

ist, die sie auf Führungstätigkeiten vorzube­reiten versucht. Denn generell gilt in Ameri­ka: Je höher der Platz der Universität auf der Rangliste, desto wertvoller der akademische Abschluß, desto besser die Berufs- und Auf­stiegschancen. 93 Prozent aller Duke-Absol­venten im undergraduate Bereich gehen zum weiterführenden Studium an Graduate Schools, um in einem Vertiefungsstudium den Master- oder Doktortitel zu erwerben. (Im amerikanischen Durchschnitt gehen nur etwa 13 Prozent diesen Weg.) Der Leistungs­druck ist demnach erheblich und macht deutschen Studenten am Anfang für ge­wöhnlich zu schaffen. Doch stehen Lehrkräf­te in gleichem Maße unter Leistungsdruck durch turnusmäßige Überprüfungen der ge­samten Fachbereiche und der Qualität von Forschung und Lehre der einzelnen Profes­soren und Assistenten. Einmal im Jahr be­wertet die Studentenschaft die Lehre der Professoren in einer umfangreichen Publika­tion.

Hinzu kommt bei vielen Studenten eine wei­tereDruck-Komponente: Im undergraduate Bereich kostet derzeit ein akademisches Jahr (September bis Juni) 27.000 US-Dollar (Stu­diengebühren, Verwaltungsgebühren, Unter­kunft, Verpflegung, Bücher). Da die Duke University an hochbegabten jungen Men­schen interessiert ist, die aber nicht zwangs­läufig aus begüterten Familien kommen, er­halten 41 Prozent der zugelassenen Studen­ten im undergraduate Bereich auf Antrag financial aid", meistens bestehend aus ei­ner Kombination von Studiengebührenerlaß oder -reduzierung, zinsgünstigem Kredit und einemon campus job. Die Gelder, die die Duke University als private Universität für Stipendien, Lehre, Forschung, Ausbau und Erweiterungsbauten braucht, fließen größ­tenteils aus den Studiengebühren, aus Dritt­mitteln, Stiftungen und beachtlichen priva­ten Schenkungen ehemaliger Studenten ein. Im graduate Bereich finanzieren viele Studen­ten ihr Studium durch Assistententätigkeit in Lehre und Forschung, durch Stipendien, Ge­bührenerlaß u.ä., da die in der Forschung eingeworbenen Drittmittel von der Graduate School an die Departments zur eigenen Ver­waltung freigegeben werden.

Aus dem Fond der Graduate School kommen auch die Gelder für die Potsdamer Studenten (Stipendium und Studiengebührenerlaß bis 9.000 DM). Mit dieser Unterstützung kann vorläufig jeweils ein Potsdamer Student der Geschichte oder Politikwissenschaften rech­nen. Über eine Erweiterung der Partnerbe­ziehungen auf den mathematisch-naturwis­senschaftlichen Bereich wird derzeit nachge­dacht. Es könnten am Anfang Sommerprak­tika sein. Antje Bürger

PUTZ 1/95

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