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Antje Bürger berichtet vom „Leistungszentrum" Duke University
Auf der Grundlage langjähriger Kontakte von Professor Dr. Julius H. Schoeps aus dem Historischen Institut zum Department of Religion an der Duke University in Durham, North Carolina in den USA, wurde im Mai 1993 ein Partnerschaftsabkommen zwischen der Duke University und der Universität Potsdam unterzeichnet. Im Rahmen dieser Vereinbarung gibt es nun Dozenten- und Studentenmobilität in beiden Richtungen. Antje Bürger konnte im vergangenen Oktober ein von der Duke University und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) unterstütztes „Internship“ absolvieren. Sie berichtet über ihre Eindrücke:
„Die Zielstellung dieses Praktikums bestand darin, durch vor-Ort-Erfahrungen eine lebendige Vorstellung zu entwickeln, wie eine (besser: diese) amerikanische Universität „funktioniert“, um die Beratung und Betreuung der Programmteilnehmer und die administrative Begleitung aller Amerika-Programme der Potsdamer Universität zu optimieren. Außerdem war zu prüfen, ob das bisher auf den Bereich Geschichte bezogene Programm erweitert werden kann.
Der Aufenthalt bot auch Gelegenheit, Ralph Leiteritz, (den diesjährigen Austauschstudenten aus dem Bereich Politikwissenschaften zu treffen und seine bisherigen Studienerfahrungen als „Dukee“ auszuwerten. Um es gleich vorweg zu nehmen: Er macht seine Sache gut, belegt drei Kurse, arbeitet sehr hart, ist aber rundum zufrieden.
Die Duke University nimmt derzeit den 6. Platz auf der Rangliste amerikanischer Universitäten ein und zählt zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen der Vereinigten Staaten. Die Universität bietet als private Einrichtung optimale Lehr- und Studienbedingungen, verlangt aber auch Höchstleistungen von allen Beteiligten (ca. 10.000 Studenten, rund 1.450 Lehrkräfte). Sie bietet Bedingungen, die es den Studenten ermöglichen, intensiv, konzentriert, zügig und ohne wesentliche äußere Belastungen zu studieren.
Die Bibliotheken sind mit ihren unglaublich umfangreichen Beständen voll computerisiert und 24 Stunden täglich geöffnet; die einzelnen Uni-Komplexe sind durch einen perfekt organisierten Shuttlebus-Verkehr miteinander verbunden; diverse Verpflegungseinrichtungen sind von früh bis spät abends geöffnet, so daß man essen kann, wann und wo und was man möchte; die Uni hat ein elektronisches Sicherheitssystem und eine eigene Polizeistation; die Studenten haben in ihren Zimmern Telefon, Gespräche innerhalb der Uni sind gebührenfrei; Computerräume
sind in Bibliotheken und Lehrgebäuden vorhanden und für alle zugänglich (die meisten Studenten haben private PC's in ihren Zimmern); ein neues Studenten-Freizeit-Zentrum mit Cafes, Buchladen, Shops, Post, Geldautomaten, Kino- und Theatersaal, Galerie, Sitzecken usw. bietet neben riesigen Sportstätten auf dem Uni-Gelände ein umfangreiches Freizeitangebot. - Im Prinzip ist alles, was man braucht, „on campus“. Darüber hinaus bietet eine riesige Zahl studentischer Eigeninitiativen jedem Studenten ein breites Betätigungsfeld außerhalb seiner Studienaufgaben. Da lacht das Studentenherz! Und das der Potsdamer ganz besonders.
DUKE UNIVERSITY
Im Mittelpunkt steht jedoch das Studium: Enorm anspruchsvoll, zeitintensiv, leistungsorientiert und unter ständiger Kontrolle. Studenten im undergraduate Bereich (4 Studienjahre bis zum ersten akademischen Grad, dem Bachelor of Arts oder dem of Science) belegen in der Regel vier Kurse pro Semester, d.h. durchschnittlich 3 Stunden ä 50 Minuten pro Kurs in der Woche. Es handelt sich meistens um „lecture courses“, die sich aber von deutschen Vorlesungen stark unterscheiden, da diese Kurse von den Studenten vorbereitet werden müssen und der Dozent sich auf die Interpretation des als bekannt vorausgesetzten Stoffes konzentriert. Dadurch können mitunter pro Woche für vier Kurse zwischen 500 und 1.000 Seiten Pflichtliteratur anfallen. Regelmäßige Kontrollen in Form von Tests, Belegen, schriftlichen Hausarbeiten und Klausuren begleiten den Studenten und werden als Semesternote per Computer im „academic record“ gespeichert.
Die Studenten, die an der Duke University immatrikuliert werden, zählen zu den leistungsstarksten ihres Jahrganges. 1.600 werden jährlich im undergraduate Bereich als „freshmen“ zugelassen, 16.000 Bewerbungen gehen aber jährlich aus dem In- und Ausland ein. Daraus wird deutlich, daß die Duke University auf die Erziehung und Bildung besonders begabter junger Menschen ausgerichtet
ist, die sie auf Führungstätigkeiten vorzubereiten versucht. Denn generell gilt in Amerika: Je höher der Platz der Universität auf der Rangliste, desto wertvoller der akademische Abschluß, desto besser die Berufs- und Aufstiegschancen. 93 Prozent aller Duke-Absolventen im undergraduate Bereich gehen zum weiterführenden Studium an Graduate Schools, um in einem Vertiefungsstudium den Master- oder Doktortitel zu erwerben. (Im amerikanischen Durchschnitt gehen nur etwa 13 Prozent diesen Weg.) Der Leistungsdruck ist demnach erheblich und macht deutschen Studenten am Anfang für gewöhnlich zu schaffen. Doch stehen Lehrkräfte in gleichem Maße unter Leistungsdruck durch turnusmäßige Überprüfungen der gesamten Fachbereiche und der Qualität von Forschung und Lehre der einzelnen Professoren und Assistenten. Einmal im Jahr bewertet die Studentenschaft die Lehre der Professoren in einer umfangreichen Publikation.
Hinzu kommt bei vielen Studenten eine weitere „Druck“-Komponente: Im undergraduate Bereich kostet derzeit ein akademisches Jahr (September bis Juni) 27.000 US-Dollar (Studiengebühren, Verwaltungsgebühren, Unterkunft, Verpflegung, Bücher). Da die Duke University an hochbegabten jungen Menschen interessiert ist, die aber nicht zwangsläufig aus begüterten Familien kommen, erhalten 41 Prozent der zugelassenen Studenten im undergraduate Bereich auf Antrag „financial aid", meistens bestehend aus einer Kombination von Studiengebührenerlaß oder -reduzierung, zinsgünstigem Kredit und einem „on campus job“. Die Gelder, die die Duke University als private Universität für Stipendien, Lehre, Forschung, Ausbau und Erweiterungsbauten braucht, fließen größtenteils aus den Studiengebühren, aus Drittmitteln, Stiftungen und beachtlichen privaten Schenkungen ehemaliger Studenten ein. Im graduate Bereich finanzieren viele Studenten ihr Studium durch Assistententätigkeit in Lehre und Forschung, durch Stipendien, Gebührenerlaß u.ä., da die in der Forschung eingeworbenen Drittmittel von der Graduate School an die Departments zur eigenen Verwaltung freigegeben werden.
Aus dem Fond der Graduate School kommen auch die Gelder für die Potsdamer Studenten (Stipendium und Studiengebührenerlaß bis 9.000 DM). Mit dieser Unterstützung kann vorläufig jeweils ein Potsdamer Student der Geschichte oder Politikwissenschaften rechnen. Über eine Erweiterung der Partnerbeziehungen auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich wird derzeit nachgedacht. Es könnten am Anfang Sommerpraktika sein.“ Antje Bürger
PUTZ 1/95
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