Heft 
(1.1.2019) 01
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WISSENSCHAFT AKTUELL

STONE-COLD WINTER UND BRÜTEND HEISSE GETRÄNKE - WARUM NICHT?

Ein WIP-Projekt zur Semantik im Englischen

Zahlreiche Wissenschaftler aus Einrich­tungen der Akademie der Wissenschaf­ten erhielten nach deren Auflösung eine Förderung im Rahmen des Wissen­schaftler-Integrationsprogramms (WIP), das Teil der Hochschulerneuerung in den neuen Bundesländern ist. Zu den Zielen der Erneuerung gehört die Rück­führung der Forschung an die Universi­täten.

In derPUTZ stellen wir in loser Fol­ge WIP-Projekte vor. Das dieses Mal thematisierte ProjektSemantische Kombinatorik im Englischen ist beim Institut für Anglistik und Amerikanistik in der Philosophischen Fakultät I der Universität Potsdam angesiedelt und wird von Prof. Dr. Achim Hoffmann ge­leitet. Die Gruppe forscht zur angegebe­nen Thematik mit der Anwendungs­orientierung auf die Vermittlung engli­scher Lexik.

Die Kombination von Wörtern zu Phrasen und Sätzen (Grammatik) und zu Wortbildungs­typen und Phraseologismen (Lexik) ist im allgemeinen nicht als Problem bewußt. Trotz­dem ist allen Sprachpraktikern bekannt, daß die angemessene Wortwahl in Kombinatio­nen eine der Hauptfehlerquellen bei der Be­nutzung einer Fremdsprache darstellt. Und das um so mehr, als weder Grammatiken, Wörterbücher noch Sammlungen von Wort­gebräuchen (Usage) Wortkombinationen sy­stematisch behandeln. So bleibt es ein theo­retisches wie auch praktisches Desideratum, Wörter, ihre semantischen Beziehungen zu­einander und die von ihnen aufgebauten Sy­steme zu untersuchen und soweit wie mög­lich lehr- und lernbar zu machen. Deshalb ist es unser Ziel, handhabbare Prinzipien der Wortkombination im Rahmen des Lexik­systems des Englischen zu erarbeiten. Die systematische Beschreibung und Einbettung in das Gesamtsystem des englischen Wort­schatzes umfaßt das Problem der Wortkombi­natorik im Wortfeld, in der Wortklasse und innerhalb der Lexik.

Wieso stellt die Kombination von Wör­tern überhaupt ein Problem dar?

Auch im Englischen sind Wortkombinationen in einigen Fällen voraussagbar, in anderen nicht. Voraussagbare Kombinationen sind regelhaft, weil ihnen eine nachvollziehbare Kombinationsregel zugrunde liegt. So kom­binieren z.B. Temperaturadjektive wie cold kalt" mit Substantiven, die für Konkreta mit Masse stehen, da alle physikalischen Körper Temperatur haben. Nicht voraussagbare Kombinationen gelten nur als teüweise regel­

hand [hsend] 1.

N Count - (usu.)

Lowest part of human arm or (occas.)

pri-

Head

mate arm

bare ~(s),

(for grasping

(with) ~s cla- sped, (with) ~s

sth.). Cross-

clenched, dish -

linked in

pan ~s,

lexical field:

(with)

Part

~(s) Held out

etc.

of forearm,

whole of palm,

Sub-

fingers etc.,

ject ~s clench,

antepode of

~(s) grope for

foot ,

sth., ~(s) touch so./sth., ~(s)

wave,

corre-

spondent to

~s

claw,paw etc.

wiggle etc.

Combinable

Ob-

ject clap (os)

with articles,

~(s) (together),

demonstrati-

clasp os ~s,

ves posses-

cup os ~s ,fold

sives, quan-

(os) ~s,

tifiers in spe­cific

grasp

(os)(s), hold

to

(out / up) os,

distinctive

rub os ~s (to-

contexts:

gether),

Zur Veranschaulichung der Nutzanwendung der Forschungsergebnisse dient der Entwurf eines englisch-englischen Wörterbuchparagraphen zur primären Bedeutung des Substantivshand". Dargestellt ist die semantische Kombinatorik als Wörterbuchinformation: Einbettung in das Wort­feld, Substantivkombinationen, geordnet nach syn­taktischen Funktionen, Ableitungen vom Sub­stantivhand.

haft, weil sie zwar im Rahmen von Regeln funktionieren, aber - besonders in einer Fremdsprache - nicht nachvollziehbar sind. So kombiniert z.B. das Adjektiv lukewarm lauwarm" nicht mit allen Körpersubstan­tiven, sondern - anders als im Deutschen - nur mit Flüssigkeitsubstantiven.

Auf der semantischen Kombinierbarkeit von Wörtern bauen weitere Dimensionen der Kombinierbarkeit auf: das Sprecherinteresse an bestimmten Kombinationen (die realisiert werden können oder nicht); die Sprecherer­wartung gegenüber bestimmten Kombinatio­nen (man denke an Kollokationen); der Sprecherwunsch nach bestimmten Kombina­tionen (die präferiert werden oder nicht), und schließlich verschiedene Grade von Idiomati-

sierung in Wortbildung und Phraseologie. Das gilt sinngemäß auch für Kombinationen von Substantiven, die allerdings ihren Kombi­nationspartnern, den Adjektiven und Verben, nicht regelhaft zugeordnet werden können. Wortbegleiter wie Determinatoren und Modi­fikatoren kombinieren regelhaft mit ihren Wortpartnern, z.B. quantifizierbare Substan­tive mit Quantifikatoren oder graduierbare Adjektive und Verben mit Graduatoren.

Weshalb werden Wortkombinationen im Wortfeld betrachtet?

Weil nicht das einzelne Wort, sondern erst das gesamte lexikalisch-semantische Wort­feld generelle Aussagen über das Kombinati­onsverhalten von Wörtern erlaubt. So güt die erwähnte Kombinationsregel für alle regel­haft kombinierenden Wörter im Feld der Temperaturadjektive. Daher nennen wir die­se RegelFeldkombinationsregel wie im obigen Beispiel cold. Abweichungen von der Feldkombinationsregel gelten nur für einzel­ne Wörter wie feverish, das mit Substantiven für Warmblüter kombiniert und damit einer Wortkombinationsregel folgt - die Kombi­nation folgt aus der Wortbedeutung oder sie ist überhaupt nicht regelhaft wie lukewarm oben, das eineWortkombinationsadresse" bildet - die Kombination ergibt sich nicht aus der Wortbedeutung.

Warum werden Wortkombinationen in­nerhalb der Wortklasse untersucht?

Jedes Wortfeld weist eine charakteristische Verteilung von regelhaft und nicht regelhaft kombinierenden Wörtern auf, so daß eine Generalisierung nur durch einen Überblick über die betreffende Wortklasse möglich ist. Diesem Zweck dienen repräsentative Wort­felder, welche die Kombinationsmöglichkei­ten in unterschiedlichem Grade ausschöpfen, d.h. so läßt sich feststellen, daß Wortfelder innerhalb einer Wortklasse absolut regelhaft bis absolut nicht regelhaft kombinieren kön­nen.

Als prototypisch für eine Wortklasse gelten Wortfelder mit voll ausgebildeter Kombi­natorik (Ausschöpfung aller Möglichkeiten), wie z.B. Temperaturadjektive im Englischen; als peripher mit schwächer ausgebildeter Kombinatorik wie Farbadjektive im Engli­schen und als marginal mit am schwächsten ausgebüdeter Kombinatorik (meist PRO-For- men der betreffenden Wortklasse). Für Lehr- und Lernzwecke bieten sich also prototypi- sche Wortfelder an, während periphere bis marginale Felder das Bild nur abrunden, doch von geringerem Belang sind.

Manfred Schentke

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PUTZ 1/95