DIE BODENHAFTUNG NICHT VERLIEREN
Kolloquium zum effektiven Menschenrechtsschutz
Der englisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie löste mit seinem 1988 erschienenen Roman „Die satanischen Verse“ Massenproteste strenggläubiger Moslems aus. Sie gipfelten in einem Mordaufruf des damaligen iranischen Schiitenführers und Staatschefs Khomeini. Der Bekanntheitsgrad des Autors ermöglicht ihm derzeit einen gewissen Schutz. Wer aber nimmt die Menschenrechtsverletzungen Hunderter und Tausender Betroffener wahr? „Stille Diplomatie oder Publizität?“ - das ist hier die Rrage. Deshalb befaßte sich kürzlich auch ein zweitägiges vom Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam organisiertes Kolloquium mit Überlegungen zum effektiven Schutz der Menschenrechte und den damit in Zusammenhang stehenden wechselseitigen Erwartungen an Menschenrechtsorganisationen, Wissenschaft und Politik.
Prof. Dr. Eckart Klein, Direktor des Zentrums und Inhaber des Lehrstuhls für Staats-, Völker- und Europarecht der Juristischen Fakultät an der Potsdamer Alma mater, gelang es, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen zu gewinnen, über ihre Arbeitsweisen und die jeweiligen Zielsetzungen zu diskutieren. So kamen Repräsentanten von amnesty international, der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und des Deutschen Roten Kreuzes, aber ebenso des UN Flüchtlingskommissars, der Caritas für die Erzdiözese Freiburg und des Diatonischen Werkes Ze ‘ chn ung:zg. der EKD nach Potsdam. „Das von uns gewählte Thema erschien mir in besonderem Maße dazu geeignet, mit aktiv im Menschenrechtsschutz Tätigen, Wissenschaftlern und Politikern ins Gespräch zu kommen“, so Eckart Klein. Dieses bereits zweite interdisziplinär angelegte Treffen ermöglichte gleichzeitig eine inhaltliche Weiterführung der vor einem Jahr veranstalteten ersten Konferenz, die die Institution der Menschenrechts- bzw. Minderheitenkommissare vorstellte. „Als Wissenschaftliches Zentrum dürfen wir die Bodenhaftung nicht verlieren. Darum halte ich Gespräphe mit jenen, die sich mit dem praktischen Men-
Der Direktor des Menschenrechtszentrums der Universität Potsdam, Prof. Dr. Eckart Klein (I.), konnte zum Kolloquium „Stille Diplomatie oder Publizität?“neben Vertretern von Menschenrechtsorganisationen auch den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis (r.), begrüßen. Foto: Fritze
schenrechtsschutz auseinandersetzen, für außerordentlich wichtig“, argumentierte der Jurist. Das noch im Aufbau befindliche, personell unterbesetzte Menschenrechtszentrum nahm zum 1. Juli 1994 seine Arbeit auf und ist eine zentrale Einrichtung für die Bundesrepublik Deutschland. Auch als Mitglied im Menschenrechtsausschuß der Vereinten Nationen weiß der Jurist, daß die Abwägung zwischen stiller Diplomatie und Publizität stets neu eine Gratwanderung ist. In diesem Kontext sprach er von einer „Publizitätsfalle". Nicht jeder Fall sei publizitätsfähig. Um bekannte Persönlichkeiten kümmere sich die Öffentlichkeit. Den vielen Namenlosen könne dann geholfen werden, wenn klargestellt werde, daß es sich bei den Prominenten um „nur" wenige unter vielen handeln würde. Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, plädierte eher für Öffentlichkeit bei Menschenrechtsverletzungen, Pressefreiheit vorausgesetzt. So sei die Diskussion zum Rechtsextremismus in Deutschland erst nach breiter Berichterstattung über fremdenfeindliche Übergriffe und Brandanschläge erfolgt.
Man könne die Öffentlichkeit andererseits mit einer Vielzahl von Namen „erschlagen", die nicht erfaßbar seien. Dieser Fakt spreche für Geheimdiplomatie. Für die Darstellung allgemeiner Situationen wie die Massenvergewaltigungen und Erschießungen in Bosnien sei die Publizität dagegen geradezu unabdingbar, meint Prof. Klein. Die 60 Tfeilnehmer des Kolloquiums waren sich darin einig, daß Menschenrechtspolitik nicht zum Propagandainstrument für die eine oder andere Seite verkommen dürfe. Die Gefahr sei riesengroß und
für die Opfer wenig erfolgsonentiert, wenn nicht die Hilfe für Bedrängte, sondern vielmehr das Vorzeigen einer eigenen „weißen Weste“ im Vordergrund stünde. Je stärker eine Regierung in diesen Fragen nach außen wirke, umso eher gerate sie in Gefahr, ihre Aktivitäten des eigenen Vorteils willen auszuüben.
Die Möglichkeiten der Nichtregierungsorganisationen bestehen vor allem darin, Material zu beschaffen und Tätsachenaufklä- rung vor Ort zu betreiben. „Wir kommen ohne diese Gruppen nicht aus, weil sie uns den faktischen Hintergrund für die Beurteilung der Staatenbenchte liefern“, beschreibt Prof. Hein deren Anteil an der Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen. Auf dieser Grundlage könnten die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses ihre kritischen Fragen an die Regierungen richten.
Die Alternative stille Diplomatie oder Publizität existiert also real in aller Regel nicht - so das Fazit der Teilnehmer. Denn stille Diplomatie kann ebenso hilfreich sein wie in anderen Fällen Publizität Schutz bietet. Allgemeingültiges gäbe es auf diesem schwiengen Tterram nicht. Auch wenn heute eine größere Sensibilität gegenüber Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen sei, müsse der Schutz dieser Rechte als nationale und internationale Aufgabe angesehen werden. B.E.
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