RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN...
Uni hat mit PIPTA drittes An-Institut
Kürzlich Unterzeichneten der Direktor des Potsdam Institutes für Pharmakoepi- demiologie und Technologieanwendung (PIPTA), Prof. Dr. Walter O. Spitzer, und der Rektor der Universität Potsdam, Prof. Dr. Wolfgang Loschelder, einen Kooperationsvertrag. Damit eröffnen sich weitere vielfältige Möglichkeiten nationaler und internationaler Forschungskooperation und perspektivischer interdisziplinärer Lehre und Forschung für beide Seiten.
Nach dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien und dem Institut für angewandte Familien-, Kindheitsundjugendforschung e.V ist das seit 1993 bestehende PIPTA nun das dritte An-Institut der Alma mater. Wesentlich beteiligt am Zustandekommen der Zusammenarbeit war Prof. Dr. Gerhard Kempter, früherer Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs und Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie in der Mathe- matisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam.
Die Pharmakoepidemiologie erforscht gesundheitliche und für das Gesundheitssystem relevante Phänomene und Determinanten, die .im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Arzneimitteln - therapeutischer Nutzen,
Lebensqualität oder unerwünschte Arzneimittelwirkung , - stehen. Es handelt sich um eine relativ neue Disziplin, die auf Methoden der Epidemiologie, der Statistik, der Demographie, der Pharmakologie, der Wirtschaftswissenschaften und der Sozialwissenschaften aufbaut. Die Tfechnologiebewertung stützt sich ebenso auf diese Methodik, setzt aber die Schwerpunkte auf biomedizinische und technologische Eingriffe wie chirurgische Intervention, Laborversuche und wiederherstellende Verfahren. Spezialisten sehen in derartigen technologischen Behandlungsmethoden oft eine Alternative oder sogar eine Konkurrenz zur Arzneimittel- theraphie. In einer ausgewogenen Bewertung besteht deshalb das Anliegen. Hauptziel des Institutes für Pharmakoepi- demiologie und Ttechnologieanwendung ist die Entwicklung dieser beiden Brückendisziplinen. PIPTA steht als Ansprechpartner für die öffentliche Verwaltung, die Industrie und akademische Institutionen zur Verfügung. Angeboten wird gleichermaßen
eine pharmakoepidemiologische Ausbildung für Wissenschaftler aus Europa, insbesondere Osteuropa.. Grundlage für die Lehrtätigkeit des PIPTA ist seine Anbindung an die McGill Universität in Montreal/Kanada. Darüber hinaus betreibt das Institut eigene methodische und angewandte Forschungen, die sowohl auf die Durchführung von Auftragsstudien als auch auf die Bearbeitung epidemiologisch-methodischer Fragestellungen ausgerichtet sind. Da die Brückendisziplin Pharmakoepide- miologie sich mit Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln beschäftigt,
erfordert dies die Beteiligung vieler wissenschaftlicher Disziplinen an speziellen Fragestellungen. Die Kooperation des Institutes mit der Potsdamer Hochschule kann hier verschiedene Bereiche abdecken. So wird angestrebt, Forschungsprojekte aufeinander abzustimmen und gemeinsame Vorhaben zu initiieren. Wissenschaftlern der Universität wird Gelegenheit gegeben, sich an den Veranstaltungen des Institutes zu beteiligen, Fachleute des PIPTA sollen mit Lehraufträgen der Uni, so in der Ernährungswissenschaft und Biochemie, betraut werden. Gerhard Kempter arbeitet an Langzeitbegutachtungen eventueller Folgeschäden von Pflanzenschutzmitteln und Medikamenten mit und ist in den Scientific Advisory Board (SAB) berufen. B.E.
Der Rektor der-Universität Potsdam, Prof. Dr. Wolfgang Loschelder (vorne links) und der Direktor des PIPTA, Prof. Dr Walter O. Spitzer (rechts), Unterzeichneten Ende Oktober 1995 einen Kooperationsvertrag. Walter Spitzer ist Professor für Epidemiologie und Biostatik an der McGill Universität m Montreal/Kanada, der Herausgeber des international renommierten Journal of Chnical Epidemiology und einer der weltweit führenden Epidemiologen. Anwesend waren ebenso Prof Dr. Gerhard Kempter (links), Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie an der Universität Potsdam, und Dr. med. Michael A. Lewis (Zweiter von rechts), stellvertretender Direktor des PIPTA. Foto: Fritze
WIRBEL UM DIE ANTIBABY-PILLEN
Gespräch mit Dr. med. Michael A. Lewis
Nach Bekanntwerden der Ergebnisse einer Studie von Prof. Dr. Walter O. Spitzer, Direktor des PIPTA, über Thrombosegefahr durch moderne Anti-Baby-Pillen schlugen einige Patientinnen und Ärzte Alarm. Dies war der Anlaß für ein Gespräch mit Dr. med. Michael A. Lewis, dem Arzt und stellvertretenden Direktor des PIPTA sowie Mitglied des Departments Epidemiologie und Biostatistics der Medizinischen Fakultät der McGill Universität Montreal/Kanada. Er ist einer der Untersuchungsleiter der Transnationalen Fall-Kontroll Studie über orale Contraceptiva und der Gesundheit bei Frauen, die von Prof Dr. Walter O. Spitzer geleitet wird. Michael Lewis ist der Leiter des Internationalen Data Managementzentrums der Studie und hat im wesentlichen die Auswertung der Untersuchungsergebnisse durchgeführt. Für PUTZ befragte ihn Dr. Barbara Eckardt. PUTZ: Weshalb halten Sie die im Zusammenhang mit Ihrer Studie ausgesprochenen Warnungen für weitgehend unberechtigt?
Lewis: Zunächst ist anzumerken, daß die Studienergebnisse noch nicht veröffentlicht worden sind. Sie wurden lediglich auf Anfrage als Dienstleistung den deutschen, den britischen und den europäischen Behörden vertraulich vorgestellt Ähnliche Ergebnisse wurden ebenfalls aus zwei weiteren Untersuchungen, insbesondere der WHO-Untersuchung, an der die Transnationale Studie eng angelehnt ist, vorgestellt.
Seit der Einführung von oralen Contraceptiva besteht der Verdacht, daß Brauen bei Einnahme dieser Mittel einem erhöhten Thromboserisiko ausgesetzt sind. Dies ließ sich insbesondere für orale Contraceptiva der ersten Generation bestätigen und wurde hauptsächlich auf den Östrogengehalt dieser Pillen zurückgeführt. Um diesen Östrogengehalt zu verringern, wurden den Pillen der zweiten Generation Progestine zugefügt, danach kamen Pillen der dritten Generation auf den Markt mit ähnlichen Ersatzstoffen. Unsere Untersuchung war darauf ausgerichtet, das Risiko bei Pillen der dritten Generation mit dem Risiko bei Pillen der zweiten Generation zu vergleichen. Zunächst stellt sich heraus, daß jegliche Pilleneinnahme mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergeht, das bei dem drei - bis vierfachen des üblichen hegt. Setzt man also die Prävalenz von Thrombosen bei 1:1000 Rauen an, könnte sich dies bei
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PUTZ 9/95