Heft 
(1.1.2019) 09
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RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN...

Uni hat mit PIPTA drittes An-Institut

Kürzlich Unterzeichneten der Direktor des Potsdam Institutes für Pharmakoepi- demiologie und Technologieanwendung (PIPTA), Prof. Dr. Walter O. Spitzer, und der Rektor der Universität Potsdam, Prof. Dr. Wolfgang Loschelder, einen Kooperations­vertrag. Damit eröffnen sich weitere vielfältige Möglichkeiten nationaler und interna­tionaler Forschungskooperation und perspektivischer interdisziplinärer Lehre und Forschung für beide Seiten.

Nach dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien und dem Institut für angewandte Familien-, Kindheits­undjugendforschung e.V ist das seit 1993 bestehende PIPTA nun das dritte An-Insti­tut der Alma mater. Wesentlich beteiligt am Zustandekommen der Zusammenarbeit war Prof. Dr. Gerhard Kempter, früherer Pro­rektor für Forschung und wissenschaftli­chen Nachwuchs und Inhaber des Lehr­stuhls für Organische Chemie in der Mathe- matisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam.

Die Pharmakoepidemiologie erforscht ge­sundheitliche und für das Gesundheitssy­stem relevante Phä­nomene und Deter­minanten, die .im Zu­sammenhang mit dem Gebrauch von Arzneimitteln - thera­peutischer Nutzen,

Lebensqualität oder unerwünschte Arz­neimittelwirkung , - stehen. Es handelt sich um eine relativ neue Disziplin, die auf Methoden der Epidemiologie, der Statistik, der Demo­graphie, der Pharma­kologie, der Wirt­schaftswissenschaf­ten und der Sozial­wissenschaften auf­baut. Die Tfechnologiebewertung stützt sich ebenso auf diese Methodik, setzt aber die Schwerpunkte auf biomedizinische und technologische Eingriffe wie chirurgische Intervention, Laborversuche und wieder­herstellende Verfahren. Spezialisten sehen in derartigen technologischen Behand­lungsmethoden oft eine Alternative oder sogar eine Konkurrenz zur Arzneimittel- theraphie. In einer ausgewogenen Bewer­tung besteht deshalb das Anliegen. Hauptziel des Institutes für Pharmakoepi- demiologie und Ttechnologieanwendung ist die Entwicklung dieser beiden Brücken­disziplinen. PIPTA steht als Ansprechpart­ner für die öffentliche Verwaltung, die Indu­strie und akademische Institutionen zur Verfügung. Angeboten wird gleichermaßen

eine pharmakoepidemiologische Ausbil­dung für Wissenschaftler aus Europa, ins­besondere Osteuropa.. Grundlage für die Lehrtätigkeit des PIPTA ist seine Anbin­dung an die McGill Universität in Montre­al/Kanada. Darüber hinaus betreibt das In­stitut eigene methodische und angewand­te Forschungen, die sowohl auf die Durch­führung von Auftragsstudien als auch auf die Bearbeitung epidemiologisch-methodi­scher Fragestellungen ausgerichtet sind. Da die Brückendisziplin Pharmakoepide- miologie sich mit Wirkungen und Neben­wirkungen von Arzneimitteln beschäftigt,

erfordert dies die Beteiligung vieler wissen­schaftlicher Disziplinen an speziellen Fra­gestellungen. Die Kooperation des Institu­tes mit der Potsdamer Hochschule kann hier verschiedene Bereiche abdecken. So wird angestrebt, Forschungsprojekte auf­einander abzustimmen und gemeinsame Vorhaben zu initiieren. Wissenschaftlern der Universität wird Gelegenheit gegeben, sich an den Veranstaltungen des Institutes zu beteiligen, Fachleute des PIPTA sollen mit Lehraufträgen der Uni, so in der Er­nährungswissenschaft und Biochemie, be­traut werden. Gerhard Kempter arbeitet an Langzeitbegutachtungen eventueller Folge­schäden von Pflanzenschutzmitteln und Medikamenten mit und ist in den Scientific Advisory Board (SAB) berufen. B.E.

Der Rektor der-Universität Potsdam, Prof. Dr. Wolfgang Loschelder (vorne links) und der Direktor des PIPTA, Prof. Dr Walter O. Spitzer (rechts), Unterzeichneten Ende Oktober 1995 einen Kooperationsvertrag. Walter Spitzer ist Professor für Epidemiologie und Biostatik an der McGill Universität m Montreal/Kanada, der Herausgeber des international renommierten Journal of Chnical Epidemiology und einer der weltweit führenden Epidemiologen. Anwesend waren ebenso Prof Dr. Gerhard Kempter (links), Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie an der Universität Potsdam, und Dr. med. Michael A. Lewis (Zweiter von rechts), stellvertretender Direktor des PIPTA. Foto: Fritze

WIRBEL UM DIE ANTI­BABY-PILLEN

Gespräch mit Dr. med. Michael A. Lewis

Nach Bekanntwerden der Ergebnisse ei­ner Studie von Prof. Dr. Walter O. Spitzer, Direktor des PIPTA, über Thrombose­gefahr durch moderne Anti-Baby-Pillen schlugen einige Patientinnen und Ärzte Alarm. Dies war der Anlaß für ein Ge­spräch mit Dr. med. Michael A. Lewis, dem Arzt und stellvertretenden Direktor des PIPTA sowie Mitglied des Depart­ments Epidemiologie und Biostatistics der Medizinischen Fakultät der McGill Universität Montreal/Kanada. Er ist einer der Untersuchungsleiter der Transnatio­nalen Fall-Kontroll Studie über orale Contraceptiva und der Gesundheit bei Frauen, die von Prof Dr. Walter O. Spit­zer geleitet wird. Michael Lewis ist der Leiter des Internationalen Data Manage­mentzentrums der Studie und hat im we­sentlichen die Auswertung der Untersu­chungsergebnisse durchgeführt. Für PUTZ befragte ihn Dr. Barbara Eckardt. PUTZ: Weshalb halten Sie die im Zusam­menhang mit Ihrer Studie ausgesproche­nen Warnungen für weitgehend unberech­tigt?

Lewis: Zunächst ist anzumerken, daß die Studienergebnisse noch nicht veröffentlicht worden sind. Sie wurden lediglich auf An­frage als Dienstleistung den deutschen, den britischen und den europäischen Be­hörden vertraulich vorgestellt Ähnliche Er­gebnisse wurden ebenfalls aus zwei weite­ren Untersuchungen, insbesondere der WHO-Untersuchung, an der die Trans­nationale Studie eng angelehnt ist, vorge­stellt.

Seit der Einführung von oralen Contra­ceptiva besteht der Verdacht, daß Brauen bei Einnahme dieser Mittel einem erhöhten Thromboserisiko ausgesetzt sind. Dies ließ sich insbesondere für orale Contraceptiva der ersten Generation bestätigen und wur­de hauptsächlich auf den Östrogengehalt dieser Pillen zurückgeführt. Um diesen Östrogengehalt zu verringern, wurden den Pillen der zweiten Generation Progestine zugefügt, danach kamen Pillen der dritten Generation auf den Markt mit ähnlichen Er­satzstoffen. Unsere Untersuchung war dar­auf ausgerichtet, das Risiko bei Pillen der dritten Generation mit dem Risiko bei Pil­len der zweiten Generation zu vergleichen. Zunächst stellt sich heraus, daß jegliche Pilleneinnahme mit einem erhöhten Throm­boserisiko einhergeht, das bei dem drei - bis vierfachen des üblichen hegt. Setzt man also die Prävalenz von Thrombosen bei 1:1000 Rauen an, könnte sich dies bei

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PUTZ 9/95