TAFELRUNDE IM SENATSSAAL
Gemälde des Potsdamer Malers Wolfgang Liebert fand seinen Platz an der Uni
Einige seiner Bilder entstehen in der Natur, andere, wie „Die neue Tafelrunde von Sanssouci“, im Atelier. Wolfgang Liebert schuf das Gemälde im Rrühjahr und Sommer 1991 und beteiligte sich damit an einem Wettbewerb brandenburgischer Künstler zum Thema Voltaire aus Anlaß der Ausstellung Voltaire in Potsdam“. Sie wurde im Herbst 1991 für zwei Monate im Potsdamer Alten Rathaus gezeigt. Wolfgang Lieberts Werk gehörte zu den Exponaten. Seit 1994 befindet es sich nun im Senatssaal der Universität Potsdam, im Universitätskomplex Am Neuen Palais.
Anregungen für sein Bild fand der Maler u.a. bei Adolf von Menzel, 1815-1905, der Franz Kuglers 1842 erschienenes Buch „Friedrich der Große" illustrierte. In ihm sind 378 Holzschnitte enthalten, die Leben und Werk des Königs veranschaulichen. In der Folgezeit beschäftigte sich Menzel weiter mit diesem Sujet. So entstand 1850 sein berühmtes, im Zweiten Weltkrieg verschollenes Gemälde „Die Täfelrunde Köng Friedrichs II. in Sanssouci“. Nach vielen Skizzen und Überlegungen entschloß sich Wolfgang Liebert zur künstlerischen Neuauflage der Täfelrunde.
Auch die Erzählung „Reisebegegnung" aus dem Zyklus „Sonderbare Begegnungen“ von Anna Seghers, 1900—
1983, in der Franz Kafka, E. T. A. Hoffmann und Nikolai Wassil- jewitsch Gogol aufein- andertreffen, animierte den Künstler, seine Vorstellungen umzusetzen.
Er gruppierte Personen um Friedrich II. (1),
1712-1786, die in unterschiedlichster Art und Weise und zu verschiedenen Zeiten in direktem oder indirektem Bezug zu Potsdam standen. Denn vom Monarchen ist überliefert, daß er sich gern mit Zeitgenossen umgab und mit jenen korrespondierte, die er schätzte. Zu Zeiten Friedrichs hätte sicherlich der Physiker Albert Einstein (2),
1879-1955, zu ihnen gehört. Der Naturwissenschaftler entwickelte als wichtige Lebens
leistung die Relativitätstheorie. Er verstand sich als Pazifist und stellt diesbezüglich einen interessanten Gegenpol zum König, aber auch zu anderen dieser Runde, dar. Die Zitrone erhielt Friedrichs II. vom Künstler in die Hand, weil er geäußert haben soll, daß die besetzten Länder wie eine Zitrone auszupressen seien. Desweiteren fand natürlich Francois Marie Arouet de Voltaire, genannt
Voltaire (3), 1694—
1778, seinen Platz am Tisch. Der französische Philosoph und Schriftsteller war für Friedrich zeitlebens ein Vorbild. Beide verband eine nicht unproblematische Freundschaft, ab 1736 standen sie in intensivem Briefwechsel. Voltaire lebte von 1750 bis 1753 in Potsdam. Gleich nach seiner Thronbesteigung 1740 ernannte der Preußenkönig Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (4), 1699— 1753, zum Oberintendanten der preußi
schen Schlösser und Gärten. Bis zu seinem Tode leitete der Maler und Architekt auch die Ausgestaltung des Sanssouci-Parkes mit Gartenarchitekturen sowie Bildwerken. Der antike Dichter Homer (5), 8. Jahrhundert v. Chr., ist ein weiterer Gast der neuen Täfelrunde. „Er verkörpert für mich die zeitlose, künstlerisch unanfechtbare Größe, die sowohl gedank- i J lieh als auch > künstlerisch
Y grundlegend [ Geistiges und schützenswerte Wertmaßstäbe für Kultur initiiert hat“, so Wolfgang
Liebert.
Am unteren Bildrand malte er den französischen General Napoleon I. Bonaparte (6), 1769-1821, und den russischen Schriftsteller Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (7), 1828-1910. Napoleon weilte vom 24. bis 26. Oktober 1806 in Potsdam, wo er im heute nicht mehr existierenden Stadtschloß lo-
Historische Persönlichkeiten mit direktem oder indirektem Bezug zu Potsdam und Friedrich II. sind auf Wolfgang Lieberts Gemälde „Die neue Täfelrunde von Sanssouci"zu betrachten. Foto: Fritze
PUTZ 9/95
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