Heft 
(1.1.2019) 09
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TAFELRUNDE IM SENATSSAAL

Gemälde des Potsdamer Malers Wolfgang Liebert fand seinen Platz an der Uni

Einige seiner Bilder entstehen in der Na­tur, andere, wieDie neue Tafelrunde von Sanssouci, im Atelier. Wolfgang Liebert schuf das Gemälde im Rrühjahr und Som­mer 1991 und beteiligte sich damit an ei­nem Wettbewerb brandenburgischer Künstler zum Thema Voltaire aus Anlaß der Ausstellung Voltaire in Potsdam. Sie wurde im Herbst 1991 für zwei Monate im Potsdamer Alten Rathaus gezeigt. Wolf­gang Lieberts Werk gehörte zu den Expo­naten. Seit 1994 befindet es sich nun im Senatssaal der Universität Potsdam, im Universitätskomplex Am Neuen Palais.

Anregungen für sein Bild fand der Maler u.a. bei Adolf von Menzel, 1815-1905, der Franz Kuglers 1842 erschienenes Buch Friedrich der Große" illustrierte. In ihm sind 378 Holzschnitte enthalten, die Leben und Werk des Königs veranschaulichen. In der Folgezeit beschäftigte sich Menzel wei­ter mit diesem Sujet. So entstand 1850 sein berühmtes, im Zweiten Weltkrieg verschol­lenes GemäldeDie Täfelrunde Köng Fried­richs II. in Sanssouci. Nach vielen Skizzen und Überlegungen entschloß sich Wolf­gang Liebert zur künstlerischen Neuauf­lage der Täfelrunde.

Auch die Erzählung Reisebegegnung" aus dem ZyklusSonderba­re Begegnungen von Anna Seghers, 1900

1983, in der Franz Kaf­ka, E. T. A. Hoffmann und Nikolai Wassil- jewitsch Gogol aufein- andertreffen, animierte den Künstler, seine Vor­stellungen umzusetzen.

Er gruppierte Personen um Friedrich II. (1),

1712-1786, die in unter­schiedlichster Art und Weise und zu verschie­denen Zeiten in direk­tem oder indirektem Bezug zu Potsdam stan­den. Denn vom Monar­chen ist überliefert, daß er sich gern mit Zeitge­nossen umgab und mit jenen korrespondierte, die er schätzte. Zu Zei­ten Friedrichs hätte si­cherlich der Physiker Albert Einstein (2),

1879-1955, zu ihnen ge­hört. Der Naturwissen­schaftler entwickelte als wichtige Lebens­

leistung die Relativitätstheorie. Er verstand sich als Pazifist und stellt diesbezüglich ei­nen interessanten Gegenpol zum König, aber auch zu anderen dieser Runde, dar. Die Zitrone erhielt Friedrichs II. vom Künst­ler in die Hand, weil er geäußert haben soll, daß die besetzten Län­der wie eine Zitrone aus­zupressen seien. Des­weiteren fand natürlich Francois Marie Arouet de Voltaire, genannt

Voltaire (3), 1694

1778, seinen Platz am Tisch. Der fran­zösische Philosoph und Schriftsteller war für Friedrich zeitlebens ein Vor­bild. Beide verband eine nicht unproblematische Freundschaft, ab 1736 standen sie in intensivem Brief­wechsel. Voltaire lebte von 1750 bis 1753 in Potsdam. Gleich nach seiner Thronbestei­gung 1740 ernannte der Preußenkönig Ge­org Wenzeslaus von Knobelsdorff (4), 1699 1753, zum Oberintendanten der preußi­

schen Schlösser und Gärten. Bis zu seinem Tode leitete der Maler und Architekt auch die Ausgestaltung des Sanssouci-Parkes mit Gartenarchitekturen sowie Bildwerken. Der antike Dichter Homer (5), 8. Jahrhun­dert v. Chr., ist ein weiterer Gast der neu­en Täfelrunde.Er verkör­pert für mich die zeitlose, künstle­risch unanfecht­bare Größe, die sowohl gedank- i J lieh als auch > künstlerisch

Y grundlegend [ Geistiges und schützenswerte Wertmaßstäbe für Kultur initiiert hat, so Wolfgang

Liebert.

Am unteren Bildrand malte er den französi­schen General Napoleon I. Bonaparte (6), 1769-1821, und den russischen Schriftstel­ler Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (7), 1828-1910. Napoleon weilte vom 24. bis 26. Oktober 1806 in Potsdam, wo er im heute nicht mehr existierenden Stadtschloß lo-

Historische Persönlichkeiten mit direktem oder indirektem Bezug zu Potsdam und Friedrich II. sind auf Wolfgang Lieberts GemäldeDie neue Täfelrunde von Sanssouci"zu betrachten. Foto: Fritze

PUTZ 9/95

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