DER MARATHONLAUF IM SPRACHENZENTRUM
Protestaktionen der Studierenden hatten Erfolg
Seit Dezember 1995 kämpften die Studenten der Juristischen Fakultät für den Erhalt der fachsprachlichen Ausbildung an der Universität. Die Finanzierung von sieben Stellen aus dem Hochschulerneuerungsprogramm (HEP) lief am 31.12.1996 aus. Die Weiterfinanzierung blieb bis kurz vor Ultimatum ungeklärt, die Weiterführung der sieben Stellen unwahrscheinlich. Im Oktober 1996, nach ergebnislosen Haushaltsverhandlungen des Kabinetts im August, starteten die Studenten zum Endspurt durch.
Die Strecke: Der Kurs stellte für alle Iteilneh- mer eine große Herausforderung dar. Die Straße war holprig, die Sicht durch die angespannte Haushaltslage der Universität und des Landes Brandenburg stark eingeschränkt. Die neue Stellenbesetzungssperre und die Auflage, einen Iteil der 54 Lehrkräfte aus dem aufgelösten Pädagogischen Institut Cottbus zu übernehmen, sorgten für erschwerte Bedingungen. Das Ziel, die sieben Stellen ab dem 1.1,1997 fest im Haushalt zu verankern und damit die fachsprachliche Ausbildung für die Studenten auf Dauer zu sichern, schien in fast unerreichbare Ferne gerückt.
Die Teilnehmer: An den Start gingen, neben den Studenten, das Rektorat der Universität einschließlich des Kanzlers, das Personaldezernat, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK), der Ausschuß für Haushalt und Finanzen des Landtags (AHF) sowie der Vorsitzende
des Wissenschaftsausschusses, Dr. Klaus- Dietrich Krüger.
Der Verlauf des Rennens: Zu Anfang war das Tfempo ziemlich gemäßigt, fast drei Jahre lang liefen alle TMnehmer ruhig auf das Ultimatum am 31.12.1996 zu. Im Oktober 1996 starteten die Studenten dann zum Endspurt durch. Die Lage war schwierig, denn die Universität sollte trotz ihres ohnehin schon stark strapazierten Haushaltes gezwungen werden, einen Großteil der 54 Lehrkräfte des Pädagogischen Instituts Cottbus zu übernehmen und deren Stellen zu finanzieren. Es fanden intensive Gespräche zwischen sämtlichen Teilnehmern des Marathonlaufes sowie dem Senat der Universität statt. Die Studentenvertreter organisierten Unterschriftensammlungen und Informationskampagnen, verschiedene Fachschaf- ten schrieben an Mitglieder des AHR Studenten standen im telefonischen Kontakt mit Abgeordneten des Parlaments. Am 14. No
vember demonstrierten mehrere hundert Studenten unter dem Motto: „Hunderte Studenten - Ein Protest“ für den Erhalt der sieben Stellen und zogen vom Wissenschaftsministenum zum Landtag, wo sich eine kleine Delegation von Studenten mit dem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden des ÄHR Dr. Wolfgang Hackel und Günter Rentsch, sowie dem Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses, Dr. Klaus-Dietrich Krüger, traf. Aus dem Protokoll über die Beratung des AHF zu den Stellen im Sprachenzentrum am 15. Dezember ging hervor, daß der Wissenschaftsminister Steffen Reiche beschlossen hat, die sieben Stellen zu erhalten. Wie das zu bewerkstelligen sei, ging aus dem Protokoll leider nicht hervor. Das MWFK und die Universität einigten sich darauf, daß die Lehrkräfte jeweils eine halbe unbefristete Stelle und eine auf vier Jahre befristete Vertragserweiterung um zwanzig Wochenstunden erhalten, die aus dem Hochschulsonderprogramm III finanziert wird.
Damit bleibt die Sprachausbildung für die Studierenden der Universität Potsdam zumindest für die nächsten vier Jahre gesichert. Wie der Marathonlauf um den Erhalt der Fachsprachenausbildung im Jahre 2000 fortgesetzt wird, hängt von der Haushaltslage ab. Wir Studenten hoffen, daß dann eine dauerhafte Lösung gefunden werden kann.
Tina Weitzmann
„JURISTISCHE FAKULTÄT BEFINDET SICH IN ERNSTHAFTER KRISE"
Jörn Eckert zu den Gründen seines Weggangs aus Potsdam
Dr. Jöm Eckert, seit dem 1. Oktober 1991 Professor für Bürgerliches Recht und Europäische Rechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam und von Oktober 1994 bis November 1995 deren Dekan, wird zum Ende dieses Wintersemesters nach Kiel zurückkehren. Die PUTZ-Redaktion befragte ihn nach den Gründen für seine Entscheidung:
Der Abschied aus Potsdam fällt mir nach über fünf Jahren nicht leicht. Ich gehöre ja zu den sechs Professoren, die im Oktober 1991 die „Erstausstattung“ der Juristischen Fakultät bildeten. Die Fakultät, die ich in der Folgezeit mit aufbauen und an deren Konsolidierung ich in meinem Dekanat mitwirken durfte, ist mir naturgemäß ans Herz gewachsen. Das Klima unter den Kollegen und das Verhältnis zu den Studierenden sind ausgezeichnet. Zudem habe ich insbesondere durch meine Tätigkeit als Richter am Bran- denburgischen Oberlandesgericht und im Vorstand der Potsdamer Juristischen Gesellschaft über die Universität hinaus fachliche und persönliche Bindungen in Potsdam und Brandenburg aufgebaut.
Bei der Abwägung zwischen Kiel und Pots
dam gab schließlich das Verhalten des Wissenschaftsministeriums den Ausschlag. Nachdem ich im Sommer 1996 Rufe nach Hamburg und Kiel erhalten hatte, habe ich dies dem Minister mitgeteilt und ihm zugleich meine Bereitschaft bekundet, in Bleibeverhandlungen einzutreten. Ich habe auf beide Schreiben keine Antwort erhalten. Nachdem ich den Minister Ende November 1996 über die Annahme des Rufes nach Kiel in Kenntnis setzte, erhielt ich jetzt ein Schreiben vom 8. Januar 1997, in dem mich Minister Reiche bittet, im Interesse „flexibler Kommunikation und Kooperation" meinen Lebensmittelpunkt alsbald nach Potsdam zu verlegen! Man könnte dies als bloßes Mißverständnis unerwähnt lassen, wäre es nicht signifikant für das vollständige Desinteresse des Wissenschaftsministenums an der Universität Potsdam und ihren Professoren. Hinzu kommt, daß das Ministerium aus meiner Sicht die Entwicklung der Universität und namentlich der Juristischen Fakultät in eine falsche Richtung steuert. Ich möchte dies an dieser Stelle nur an einigen wenigen Beispielen aus dem Bereich der Juristischen Fakultät verdeutlichen. Ihr Wettbewerbsvorteil sollte von Anfang an in einer
Schwerpunktsetzung in den Bereichen Wirtschaftsrecht und Ver- waltungswis- senschaften sowie in einer gegenüber anderen Fakultäten deutlich besseren Ausstattung mit Hochschullehrern für die Betreuung der Studierenden bestehen. Beides erscheint durch die vom Ministerium abverlangten Stellenstreichungen höchst fraglich. Von den ursprünglich vorgesehenen 19 Professoren sind zwei im Bereich des Öffentlichen Rechts weggefallen. Der Gründungslehrstuhl für Wirtschaftsrecht ist seit dem Frühjahr 1996 vakant. Von den beim Aufbau der Fakultät für unverzichtbar gehaltenen „Ecklehrstühlen“ werden mit meinem Weggang vier nicht besetzt bzw. gestrichen sein. Wie so die gewünschte Schwerpunktsetzung bzw. ein günstiges Fortsetzung nächste Seite
Prof. Dr. Jörn Eckert
Foto: privat
PUTZ 1/97
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