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(1.1.2019) 01
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DIE EIGENEN VIER WÄNDE

Gesellschaft für Geistesgeschichte tagte zu Bauen und Zeitgeist

Einrichtungsgegenstände dokumentieren den jeweiligen Zeitgeist, hier eine deutsche Sozialwohnung um 1960. Abb.: König

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Nierentische, Schrankwände, Bieder­meierkommoden, Schreibsekretäre, Hok- ker, Truhen, Zentralheizungen, Kachel­öfen, Schaukelstühle, Sitzecken, Petro- liumlampen, Heimelektronik, diese Ein­richtungsgegenstände geben nicht nur Auskünfte über die Wohnungsinhaber, sondern spiegeln ebenso den gerade herrschenden Zeitgeist wider. Unter vor­nehmlich wissenschaftlichem Aspekt nä­herte sich kürzlich die 38. Jahrestagung der Gesellschaft für Geistesgeschichte (GGG) dem PhänomenBauen und Zeit­geist im 19. und 20. Jahrhundert.

Ziel der 1958 gegründeten Gesellschaft ist es, durch interdisziplinäre Forschung den Zeitgeist in den Geisteswissenschaften zu erfassen. Als Vorsitzender der Vereinigung fungiert derzeit Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Professor für Neuere Geschichte mit dem Schwerpunkt deutsch-jüdische Geschichte und Direktor des Moses Mendelssohn Zen­trums an der Universität Potsdam. Schon 1993 entstand die Idee, den Zusammenhang von Bauen, Wohnkultur und sozialen Verhält­nissen im Rahmen einer Tägung genauer zu betrachten, erzählte die Geschäftsführerin der GGG und wissenschaftliche Mitarbeite­rin im Histonschen Institut der Potsdamer Uni, Dr. Irene Diekmann. Die große Reso­nanz auf die diesjährige Konferenz, rund 50 ffeilnehmer kamen, gab den Organisatoren in ihrem Anliegen recht. Umso mehr bedau­erte die Wissenschaftlerin das Fehlen von Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung und des zuständigen Uni-Dezernates.

Wie reagiert Architektur auf die Herausfor­derungen unserer Zeit? Bei der Diskussion um diese Thematik dürfen nach Auffassung des Schirmherrn der Veranstaltung und Bundesministers für Raumordnung, Bauwe­sen und Städtebau, Prof. Dr. Klaus Töpfer, Auseinandersetzungen nicht gescheut wer­den.Eine zukunftsfähige Stadt, in der sich Menschen wohlfühlen sollen, verlangt auch Markierungen der Identität des Ortes und der Zeit. Bewohner könnten sich nur dann mit ihrer Stadt in Einklang befinden, wenn sie sich in ihr wiederfänden. Träfe das nicht zu, wanderten sie ab. Damit falle den Bau­künstlern die Aufgabe zu, für die Nachwelt zu schaffen, Lebensräume durch Baukultur zu gestalten. Daraus ergibt sich für den Politiker die Frage: Ist die Beschleunigung des Wandels und damit einhergehend die Oberflächlichkeit das Problem unserer Zeit? Der Direktor des Architektur-Muse­ums Frankfurt/Main, Wilfried Wang, sieht die Architektur jetzt in vielerlei Hinsicht in einer Periode des Umbruchs. So würden in Deutschland angesichts moderner Compu­

tertechnik die 90.000 eingeschriebenen Ar­chitekten nicht alle gebraucht. Denkt man darüber nach, an welchen Orten sich Men­schen treffen, so waren es im Mittelalter die Kirchen. Heute übernehmen nach Überzeu­gung Prof. Dr. Hans J. Hillerbrands von der Duke University Durham/ USA die Shop­pingcenter diese Fünktion. Um die Dimen­sion zu verdeutlichen, sei erwähnt, daß in den USA von 1970 bis 1990 annähernd 25.000 solcherKonsumtempel entstan­den. Mit dem Stern-Center sei übrigens Amerika nach Potsdam gekommen, so die etwas'provokative These des Referenten. Zwei andere, in den letzten beiden Jahrhun­derten sich vollziehende Trends brachte Prof. Dr. Johann Friedrich Geist von der Ber­liner Hochschule der Künste auf den Punkt. Gemeint ist zum einen die sich deutlich re­duzierende Zahl der Haushaltsangehörigen. So stieg beispielsweise im Land Branden­burg nach Angaben des Landesamtes für

Die International Association for the Ex­change of Students for Tfechnical Experience (IAESTE), deren Aufgaben in Deutschland vom Deutschen Akademischen Austausch­dienst (DAAD) wahrgenommen werden, sucht deutsche Firmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die ausländi­schen Studierenden der Ingenieur- und Na­turwissenschaften sowie der Land- und Forstwirtschaft ein Praktikum ermöglichen. 1996 konnte IAESTE über 1.400 Prak­tikantenplätze vermitteln. Obwohl deutsche Arbeitgeber erfreulich bereit sind, Prakti-

Datenverarbeitung und Statistik die Zahl der Privathaushalte kontinuierlich an, seit 1991 um 3,3 Prozent. Gleichzeitig vergrößerte sich die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaus­halte stetig. Allein die Zahl der Einpersonen­haushalte erhöhte sich um 30.600. Mit der Zunahme kleinerer Haushalte vollzog sich der Rückgang jener mit drei und mehr, ins­besondere mit fünf und mehr Personen. Im Land Brandenburg sank die durchschnittli­che Haushaltsgröße im Zeitraum 1991 bis 1995 von 2,46 auf 2,37 Personen.

Zum anderen benannte Geist die Entwick­lung der Völkerwanderung aus den Miets­häusern in die Eigenheime". In diesem Kon­text ließ er nicht unerwähnt, daß Potsdam nach den gesellschaftlichen Umbrüchen von 1989 ohne Zweifel zumExperimentier­feld exklusiven Wohnens geworden sei. Nicht uninteressant übrigens seine Idee, Goethes legendäres Gartenhaus in Serie gehen zu lassen. B.E.

kanten aufzunehmen, finden nicht alle Be­werber einen Platz. Der Vermittlungs­service des Deutschen Akademischen Aus­tauschdienstes im IAESTE-Programm ko­stet die Arbeitgeber nichts. Sie zahlen nur eine monatliche Praktikantenvergütung von mindestens 1100,- DM. Wer 1997 im Rah­men des IAESTE-Programms einen Prak­tikumsplatz bereitstellen will, wendet sich bitte an: Deutsches Komitee der IAESTE im DAAD, Postfach 20 04 04, 53134 Bonn, Tbl. 0228/882-231, Fax 0228/882-550, e-mail: iaeste@daad.de. pn.

IAESTE SUCHT PRAKTIKANTENPLÄTZE

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