Heft 
(1.1.2019) 01
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DieWittgenstein-Experten vor dem Haus des Einstein Forums. Foto: Fritze

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nach Regeln kein Deuten, sondern eine Pra­xis ist. Prof. Dr. Jacques Bouveresse (Paris) führte die These aus, daß dieser Praxis­bezug des Regelfolgens tatsächlich skepti­sche Konsequenzen des Paradoxes unter­bindet. Prof. Dr. Albrecht Wellmer (Berlin) wiederum argumentierte, daß Wittgensteins Analyse des Regelfolgens nicht zu einer Ana­lyse des Sprachverstehens im allgemeinen

gemacht werden kann, da allem Ver­stehen von Äußerun­gen ein Deuten zu­grunde liegt.

Diese Ansicht führte ihn jedoch zu dem Problem, das Witt­genstein mit dem Praxisbegriff lösen wollte: Wie läßt sich die Pluralität der möglichen Deutun­gen einer situativ ein­gebundenen Äuße­rung eingrenzen? Nach Wellmer kann diese Flage unter an­derem durch die Annahme der Verständlich­keit der Äußerung gelöst werden. Auch Prof. Dr. Eugene T. Gendlin (Chicago) hat auf die Situationsabhängigkeit der Bedeutung einer Äußerung hingewiesen, aber ohne dann eine Bedrohung für deren Eindeutigkeit zu sehen, Dr. Clemens Sedmak (Innsbruck) ging ausführlich auf das Lügen als Sprach- spiel ein und illustrierte, wie regel- und

kontextgebunden jedes Sprachspiel ist. Die mögliche Spannung zwischen den Ordnun­gen und dem Offenen betrifft nicht nur die Eindeutigkeit oder Unbestimmtheit von Be­deutungen, sondern auch die Rationalität vön Handlungen. Ist Rationalität immer in ge­ordnete Systeme eingebunden oder wird sie in kreativen Handlungen erzeugt?

Dieser Aspekt wurde von Prof. Dr. Peter M. S. Hacker (Oxford) emgebracht: Er interpre­tierte Wittgensteins Philosophie als Entwick­lung von der Auffassung der Sprache als Wirklichkeitsabbildung zur Auffassung der Sprache als Konvention. Diesem Thema wid­mete sich auch Dr. Hans Rudi Fischer (Hei­delberg) in seinen Ausführungen zur Mög­lichkeit, Rationalität im Wahnsinn zu sehen. Prof. Dr. Thomas Rentsch (Dresden) vertrat die Ansicht, daß die innere Logik morali­scher Sprachspiele eine praktische Philoso­phie jenseits von Relativismus und Dogma­tismus ermöglicht. Nicht nur dieser interes­sante Vortrag löste lebhafte Diskussionen im Workshop aus. Zusammen mit den Vorträ­gen brachten die vielen Diskussionsbeiträ­ge Ordnung in die zentralen FFagen, die aber weiterhin offen bleiben. Logi Gunnarsson

MIT WORTEN DES ANDEREN

Romanistischer Tag an der Uni

Literatur in Übersetzung und Literatur als Übersetzung möglichst umfassend und anschaulich vor Augen zu führen, war das Anliegen des kürzlich erstmals an der Uni durchgeführten Romanistischen Tages.

Die Idee dazu hatte Dr. Ottmar Ette, Pro­fessor für spanische und französische Li­teratur sowie Geschäftsführender Direk­tor des Institutes für Romanistik.

Der Wissenschaftler suchte nach einer The­matik für diesen lüg, die möglichst viele Gebiete, wie Literatur, Sprachwissenschaft,

Kulturwissenschaft und Sprachpraxis, in sich vereint. Mit denliterarischen Übersetzun­gen wurde er fündig. Sein Konzept ging auf, denn fast 100 Teilnehmer nicht nur aus Pots­dam, leider nur wenige Professorenkollegen aus Ettes Fakultät, kamen zur Veranstaltung.

Außerdem konnten in den Gesprächen mit Übersetzern, Verlegern, Wissenschaftlern,

Autoren, Dozenten und Studierenden die Ziele, Angebote und Chancen der Potsda­mer Romanistik anschaulich erfahrbar ge­macht werden. In einem Werkstattgespräch präsentierten sowohl anerkannte als auch noch nicht etablierte italienische, sardische, französische, portugiesische und spanische Übersetzer Kostproben ihrer Übertragun­gen. Ebenso standen wissenschaftliche Fachvorträge und eine Autorenlesung auf dem Programm.

Ottmar Ette betrachtet die literarische Über­setzung als Herausforderung der Literatur-

Einsames Arbeiten, oft zu nächtlicher Zeit, wer erinnert sich dabei nicht an Carl Spitzwegs Der arme Poet, gehört oft zum Alltag von Übersetzern. Literarische Übersetzer verdienen im Vergleich zu ihren fachsprachlichen Kollegen und Dolmetschern noch immer weit weniger. Der Romanistische 1hg sollte dazu beitragen, Interesse an Übersetzern und ihrer Tätigkeit zu wecken. Abb.: Repro

angebots offeriert beispielsweise das Spra­chenzentrum für Interessierte einen litera­rischen Übersetzungskurs französisch. Ziel der von Ette initiiertenSchreibwerkstatt" ist es, Berufsbezogenheit schon während des Studiums herzustellen. Durch die eigene Übersetzungsarbeit erhalten die Studieren­den Einblicke in diesen Berufszweig. Da die Translationennicht im leeren Raum verpuffen sollen, plant Prof. Ette, sie in ei­ner zweisprachigen Publikationsreihe Pointe (Potsdamer interkulturelle Texte) zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um Übertragungen von bisher nicht über­setzten Klassikern der Romania. Neben der Praxiserfahrung erhalten die Studierenden auf diese Weise auch Publikationsmöglich- keiten. B.E.

Wissenschaft.In unseren postmodernen Zeiten be­sitzt der Übersetzer noch das, was anderen Kultur­schaffenden längst ab­handen gekommen ist: ein Original. Überset­zungsprozesse gehörten angesichts zunehmender Globalisierung und Inter­nationalisierung der Kul­tur zu den alltäglichen Er­fahrungen sehr vieler Menschen. Was heute in London, Catania oder un­weit von Aracataca ge­schrieben wird, liegt vielleicht morgen schon dem japanischen wie dem deutschen Leser vor, so Ette. Aus dieser Perspektive erscheine der literarische Übersetzer nur als ein kleines Rädchen im gigantisch vernetz­ten profitablen Kulturbetrieb. Den außerge­wöhnlichen Wert literarischer Übersetzun­gen sieht der Hochschullehrer angesichts ihrer Einbettung in das Netzwerk der alltäg­lichen Übersetzungsprozesse nur schwer er­kennbar.

Der Wissenschaftler ist in Anbetracht der Bedeutung des Gegenstandes bestrebt, die literarischen Übersetzungen als einen Stu­dienschwerpunkt in seinem Institut zu in­stallieren. In jedem Semester soll es künf­tig dazu spezielle Lehrveranstaltungen ge­ben. Außerhalb des obligatorischen Lehr-

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