Heft 
(1.1.2019) 01
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CAMPUS

DIE FIRST LADY IST EIN MANN

Australischer Humboldt-Stipendiat im Institut für Psychologie

entwicklungsstörungen bei Kindern sowie von neurologisch bedingten erworbenen Sprachstörungen, den Aphasien.

In Potsdam befaßten sich die Tagungsteil­nehmer im Unterschied zu der im Jahr zu­vor in Freiburg abgehaltenen Konferenz nicht nur mit den Störungen bei Erwach­senen, sondern ebenso bei Kindern. Dr. Ria De Bleser, Professorin für Patholin- guistik mit dem Schwerpunkt Kognitive Neurolinguistik an der Potsdamer Alma mater, begründet es damit, daß beispiels­weise die Untersuchung der frühen menschlichen Sprachwahrnehmung eine relativ neue Forschungslinie ist. So wollen Wissenschaftler hierbei herausfinden, ob Babys schon über sprachliche Fähigkeiten verfügen, bevor sie selbst sprechen kön­nen. Untersuchungen sollen beispielswei­se an den Thg bringen, ob sie rechts oder links lieber hören, damit bereits über eine gezielte Sprachwahrnehmung verfügen und in welchem Umfang. Ein weiterer Dis­kussionsgegenstand war der Dysgram­matismus bei Kindern. Die davon Betroffe­nen sind unfähig, grammatisch richtige Sätze zu bilden. Wortverarbeitungsmodel­le und Störungen der Wortverarbeitung der Aphasie sowie erworbene Störungen der Schriftsprache gehörten ebenso zum teilweise heiß Debattierten. So konnte Ria De Bleser über das unter ihrer Leitung im Rahmen eines Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft entwickelte com­putergestützte Verfahren zur modellorien­tierten Untersuchung von Störungen der Wortverarbeitung berichten.

Den Vorzug dieser Konferenz sieht Ria De Bleser darin, daß sowohl Fachwissenschaft­ler als auch Studierende davon profitieren konnten. B.E.

Dank der Vermittlung Tübinger Wissenschaftler und der Großzügigkeit von Birgit Hommel hat die Klassische Philologie der Universität Pots­dam einen umfangreichen Tbil des bibliotheka­rischen Nachlasses des Nestors der deutschen Altertumswissenschaft des Tübinger Emeritus Prof DDr. Hildebrecht Hommel (1899-1996), erhalten. Das etwa 720 Bände umfassende Ge­schenk, das nach dem Willen des Verstorbenen vor allem Studierenden offenstehen soll, spie­gelt das breitgefächerte Interesse des Altphilo­logen Hommels wider: Neben griechischen und lateinischen Tbxtausgaben, Kommentaren und Zeitschriftenbänden stehen Monographien mit Schwerpunkt in der Rechts- und Religionsge­schichte. Prof. Dr. Jörg Rüpke aus dem Institut für Klassische Philologie der Uni, der die Aus­wahl der Bände vornehmen durfte, freut sich über die Unterstützung:Diese Zuwendung bringt den Aufbau eines Grundbestandes quali­tativ und quantitativ in einer Weise voran, die die knappen und noch sinkenden Bibliotheksmittel uns nicht mehr erlaubten." J.R./Foto: privat

Wer war in der zehnjährigen Amtszeit Margaret Thatchers als Premierministerin Großbritanniens die First Lady des Lan­des? Wer ist der Albert Einstein Frank­reichs? Dies sind zwei der fragen, die Dr. Bruce D. Bums einigen seiner Probanden stellte. Ziel der vorwiegend experimen­tellen Untersuchungen des australischen Psychologen ist es, dem PhänomenDen­ken in Analogien" auf die Spur zu kom­men.

Man weiß schon etwas, man kennt eine bestimmte Situation. Mit diesen Vorausset­zungen interpretiert der Betreffende eine neue Situation anders als vorher, stellt Ana­logien her. So nennen die Befragten als Einstein Frankreichs, wie erwartet, die Wis­senschaftlerin Marie Curie. Menschen transportieren alsoalte" Situationen in neue. Die Analyse vonalt undneu so­wie der Erkenntnisweg, über Analogien et­was zu lernen, interessieren den Gast. An den Experimenten waren, über mehrere Jahre verteilt, inzwischen einige Täusend Tbstpersonen beteiligt.

Um die Forschungen auf dem Gebiet der Kognitiven Psychologie fortzusetzen, ar­beitet Burns seit Juli 1996 für ein Jahr, auch dank der Unterstützung Prof. Dr. Reinhold Kliegls aus dem Institut für Psy­chologie und dem Interdisziplinären Zen­trum für Kognitive Studien, an der Potsda­mer Uni als Postdoctoral Fellow. Er gehört damit zu den rund 500 promovierten aus­ländischen Wissenschaftlern im Alter bis

Dr. Bruce D. Burns, geboren 196SinAust- gMMm ralien, arbeitet seit

IpF 1 Sommer 1996 für ein

¥2, «fpi Jahr als Postdoctoral

't| I Fellow im Institut für

Psychologie der Uni. Der Humboldt-Sti- pendiat promovierte 1994 an der Univer- sity of California, Los Angeles/USA auf dem Gebiet der Kog­nitiven Psychologie. Foto: fbibukeit

zu 40 Jahren, die jährlich ein Stipendium der 1860 gegründeten Alexander von Humboldt-Stiftung für einen längeren Forschungsaufenthalt in Deutschland er­halten.

Mit Hilfe von Computersimulationen ko­gnitiver Prozesse will Burns auf dem Weg, seine bisherigen theoretischen Erkennt­nisse zu bestätigen, in Potsdam vorankom­men.Denn in der Psychologie ist es ganz wichtig, zu überprüfen, ob Mensch und Computer mit ihren jeweils spezifischen Denkmodellen zu gleichen Ergebnissen gelangen oder nicht. Gemeinsam mit Dr. Regina Vollmeyer aus dem Institut für Psy­chologie wendet er sich schon seit länge­remZielen und Problemlösungen zu. Gemeint sind in diesem Zusammenhang logische, nicht Lebensprobleme. Die Wis­senschaftler unterscheiden dabei zwi­schen spezifischen und unspezifischen Zielen. Bei letzteren, dem Erfassen einer Struktur,fanden wir heraus, daß besseres Lernen und leichteres Übertragen auf ähn­liche Aufgaben möglich ist", so Vollmeyer. Mit Zielen vor Augen gehen Menschen mit Strategien voran. In der Psychologie findet hierbei der Begriff der Differenz­reduktion Anwendung. Mechaniker bei­spielsweise können bei einem Defekt am Auto gezielt an die Reparatur gehen. Denn Geräusche oder andere Anzeichenwei­sen ihnen den Weg zur Schadens­beseitigung. Laien sind dagegen besten­falls in der Lage, Schritt für Schritt zu ver­suchen, Fehler zu finden und eventuell Tbile auszuwechseln.

In Potsdam will Burns weiter Denkprozes­se am Computer simulieren. Es gäbe zwar Theorien darüber, wie sich das Lernen im Gehirn vollzieht. Offen sind jedoch solche Probleme wie: Ist es sinnvoll, diese Prozes­se zu simulieren? Welchen Nutzen hat es, sie auf den Computer zu übertragen? Kann der Computer das realisieren, was der Mensch ihm vorgibt? B.E.

BÜCHER DES NESTORS DER DEUTSCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT NACH POTSDAM

PUTZ 1/97

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