Heft 
(1.1.2019) 01
Einzelbild herunterladen

CAMPUS

INTERAKTIONEN ZWISCHEN MUTTER UND KLEINKIND

Hellgard Rauh lud zu einem Workshop über Videoanalysen

Als Reflexion über die anregenden Konfe­renztage im folgenden Auszüge aus dem Ar­tikelGermans give us a lesson in Eng Lit, den die Autorin Sara Maitland am 11. Okto­ber 1996 imIndependent" veröffentlichte.

Beate Neumeier/Andrea Kinsky-Ehritt

Sie mögen denken, daß die Deutschen Besseres zu tun hätten als über Gegen­wartsautorinnen in Großbritannien nachzu­denken. Sie würden irren. Ich komme gera­de von einer [.,.] (solchen) Konferenz, orga­nisiert von der Universität Potsdam mit Bei­trägen von 17 verschiedenen Universitäten. Anders als sonst üblich für solche Konferen­zen, hatte man auch acht Autorinnen mitein­geladen und für sie dazu auch öffentliche Lesungen organisiert. Dies ist ungewöhnlich und mutig - Konferenzen zum Thema Lite­ratur sind normalerweise streng geteilt: ent­weder akademisch oder schriftstellerorien- tiert. Außerdem ist der Innovationsgeist im Bereich einer Fremdsprache schon an sich beeindruckend. Die jungen deutschen Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler dort werden zu maßgebenden Europäerinnen und Europäern der nächsten Generation werden - zweisprachig, interkulturell kom­petent und kreativ. Eben deutsch.

Ich verbrachte wunderbare läge. Sie stärk­ten das Selbstbewußtsem und waren interes­sant [...] Warum wohl interessieren sich un­gefähr 100 deutsche Akademikerinnen und Akademiker, überwiegend, aber nicht aus­schließlich Rauen, für britische feministi­sche Autorinnen und forschen und diskutie­ren über sie und mit ihnen...? [...] Der Um­stand, daß vier der eingeladenen Autorinnen Englisch nicht als ihre Muttersprache ha­ben, kann kaum ein Zufall gewesen sein: Ethnizität ist, wie stets, ein wichtiges sozia­les Thema. [...] Feminismus ist ein weiterer Grund [...]; ich glaube jedoch, daß der Hauptgrund für ihr Interesse in einer selbst­bewußten und aufrichtigen Neugier liegt. ,Es gibt nichts zu verlieren 1 , erklärten sie - im Gegensatz zu britischer ängstlicher Vorsich­tigkeit, wir können potentiell nur etwas ge­winnen aus mehr Wissen um mehr Autorin­nen, mehr Rauen und ihren Geschichten. Es ging gar nicht um britische Erfahrungen im besonderen in diesen lägen, eher um das Suchen von Gemeinsamem bei allen Unterschiedlichkeiten [.,.] Ich bin stets pro­europäisch gewesen, auf abstrakter, anti­nationalistischer Motivation heraus. Jetzt möchte ich mit diesen Menschen in einem Europa sein (zusammen - da hege ich kei­nen Zweifel - mit ebensovielen selbstge­rechten, voreingenommenen Dummköpfen, Blindgläubigen und Langweilern, wie wir sie hier bei uns haben). Wir müssen uns unse­rerseits auch um solche Möglichkeiten des Austauschs bemühen. Jeder braucht mehr Reunde, neue Reunde. [.,,] Potsdam war ein Erlebnis. Sara Maitland

.Videoanalysen von Mutter-Kleinkind-In- teraktionen lautete das Thema eines Workshops, den Prof. Dr. Hellgard Rauh und ihre Mitarbeiter am Institut für Psycho­logie, Bereich Entwicklungspsychologie, der Universität Potsdam veranstalteten.

Die Untersuchung früher Mutter-Kind-Inter- aktionen ist in den vergangenen 20 Jahren zunehmend in das Interesse entwicklungs­psychologischer Forschung gerückt, und es wurden in diesem Zusammenhang eine Rei­he von Beobachtungsinstrumenten entwik- kelt. Dank der Entwicklung, Verbreitung und Verbesserung der Videotechnik und compu­tergestützter Auswertungsmöglichkeiten ha­ben sich die Möglichkeiten, Verhalten zu beobachten und zu registrieren, beträchtlich erweitert. Die Rage nach der Vergleichbar­keit von Untersuchungen bleibt jedoch pro­blematisch. Bei der Umsetzung einer jeden Forschungsfrage werden oft jeweils neue Beobachtungsinstrumente, Kategorien, Aus­wertungsmethoden, Konzepte entwickelt, selbst bei vergleichbaren Untersuchungs­fragen und Designs.

Ziel dieses Workshops war es deshalb, Be­obachtungsverfahren zur Mutter-Kmd-Inter- aktion aus verschiedenen Längsschnittunter- suchungen miteinander zu vergleichen und zu diskutieren, ob die bislang entwickelten Forschungsinstrumente wechselseitig auf die Videoaufnahmen der jeweils anderen Forschungsgruppe anwendbar sind. Vorge­stellt wurden Beobachtungsverfahren aus den Arbeitsgruppen von Dr. Lilo Ahnert (In­terdisziplinäres Zentrum für Angewandte Sozialisationsforschung, Berlin), Prof. Dr. Heidi Keller (Universität Osnabrück), Dr. Judit Gervai (Akademie der Wissenschaften, Budapest), PD Dr. Kurt Kreppner (Max- Planck Institut für Bildungsforschung, Ber­lin), Dr. Birgit Leyendecker (National Institut of Child Health, Bethesda, USA), PD Dr. Mechthild Rapousek (Institut für Soziale Päd­iatrie, Ludwig-Maximilians-Universität Mün­chen) und aus dem Institut für Psychologie der Universität Potsdam, Prof. Dr. Günter Esser (Klinische Psychologie) und Prof. Dr. Hellgard Rauh (Entwicklungspsychologie). Am Institut für Psychologie der Universität Potsdam sind mehrere Längsschnittstudien repräsentiert, die das Verhalten junger Müt­ter und das Verhalten von Babys in der Inter­aktion mit ihren Müttern in unterschiedlicher Weise analysieren. In der Mannheimer Stu­die von Prof. Esser wurden Kinder mit unter­schiedlichen Geburtsnsiken verglichen. Dr. Wijnroks im Arbeitsbereich Entwicklungs­psychologie hat vergleichbare Erfahrungen bei frühgeborenen Kindern und ihren Müt­tern in den Niederlanden gesammelt, und

Dr. Ziegenhain hat mit Prof. Rauh in Berlin das Entwicklungsschicksal von Kleinkindern mit und ohne Krippenbesuch verfolgt.

Im Workshop wurden anhand konkreter Videobeispiele die theoretischen Konzepte und ihre methodische Umsetzung diskutiert. Dabei wurde problematisiert, inwieweit die Befunde aus verschiedenen Projekten bei z.B. dermütterlichen Feinfühligkeit", der Kooperationsbereitschaft des Kindes oder seiner Belastetheit unmittelbar miteinander vergleichbar sind. Geplant ist, einen Antrag auf eine Forschergruppe zu stellen, um künf­tig bessere Möglichkeiten für gemeinsame oder wechselseitige Auswertungen zu erhal­ten. Das Institut für Psychologie scheint da­für ein günstiges Zentrum zu sein. rh.

BRANDENBURGISCHE HISTORISCHE KOMMISSION GEGRÜNDET

Am 20. November 1996 wurde an der Uni­versität Potsdam die Brandenburgische Hi­storische Kommission e.V (BrHiKo) gegrün­det. Aufgabe des Vereins ist die Förderung landesgeschichtlicher Forschung in Form von wissenschaftlichen Arbeiten und deren Veröffentlichung sowie die Koordinierung von Ausstellungen, wissenschaftlichen- gungen und Vorträgen. Die Schirmherr­schaft hat der Ministerpräsident des Lan­des Brandenburg, Dr. Manfred Stolpe, über­nommen. Vorsitzender des Gründungsvor­standes ist Prof. Dr. Friedrich Beck. Als Stell­vertretende Vorsitzende gehören ihm Dr. Lieselott Enders, Dr. Klaus Neitmann und Prof. Dr. Julius H. Schoeps aus dem Histo­rischen Institut der Um an.

Der Verein wird Verbindungen zu staatli­chen, kommunalen und privaten Einrichtun­gen und Personen knüpfen, die sich mit der Erforschung der brandenburgischen Lan­desgeschichte beschäftigen oder die dafür zu gewinnen sind. Zur Realisierung wissen­schaftlicher Forschungen auf ausgewählten Feldern, für größere Forschungsaufgaben bzw, für ständige -bereiche können Arbeits­gruppen gebildet werden. An die Mitglied­schaft in der Brandenburgischen Histori­schen Kommission ist die Bereitschaft ge­bunden, die Zwecke des Vereins wissen­schaftlich aktiv zu fördern. Neben Ordentli­chen Mitgliedern, die aus dem In- und Aus­land kommen können, sieht die Satzung Kor­respondierende Mitglieder und Ehrenmit­glieder vor. Dem aus neun Personen beste­henden Kuratorium der Brandenburgischen Historischen Kommission wird ein Vertreter des Landes Brandenburg vorstehen sowie zwei Persönlichkeiten des öffentlichen Le­bens angehören. K.H.

PUTZ 1/97

Seite 25