Heft 
(1.1.2019) 01
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TITEL

BEISPIELLOSES HICK-HACK UM DIE NEUE ZENTRALBIBLIOTHEK

DER UNIVERSITÄT POTSDAM

Der nach jahrelangem Tauziehen gefundene Konsens scheint grundlos in Frage gestellt zu werden - Lichtstreifen am Horizont?

Hat allen Grund zur Freude: die junge Berliner Architektin Sabine Waldmann, deren Entwurf von der Jury als bester auserkoren wurde. ' Foto: Fritze

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Man könnte darüber lachen, wenn es nicht um eine für die gesamte Universität so wichtige Entscheidung ginge: den Neubau einer Bibliothekszentrale mit an­gegliederter Bereichsbibliothek für die Geisteswissenschaften. Die Planung die­ses Neubaus - um von einem Baubeginn noch gar nicht zu reden - droht nämlich, eine unendliche Geschichte zu werden. Dabei hatte alles mit der Geburtsstunde der Universität im Jahre 1991 so schön begonnen...

Damals war es unstrittig gewesen, daß eine aufstrebende junge Hochschule - zumal die größte im Lande - eines zentralen Bibliotheksbaus als ihres wissenschaftli­chen Herzstücks bedürfe. Der Wissen­schaftsminister, Hinrich Enderlein, setzte sich denn auch mit Nachdruck für eine Idee ein, der selbst Kritiker einen gewissen Charme nicht absprechen konnten: den Wiederauf- und Umbau des ehemaligen Bahnhofs Kaiser Wilhelm II. zu einer moder­nen Bibliothek. Die Lage dieses sogenann­ten Kaiserbahnhofs schien günstig; bildete das Gebäude doch, von den öffentlichen Verkehrsverbindungen ausgehend, eine Art Eingangstor zu dem Hauptstandort der Universität Am Neuen Palais. Und war in Anbetracht der hohen Auflagen des Denk­malschutzes und der sensiblen Lage am Rande des Parkes von Sanssouci schließ­lich weit und breit kein privater Investor für das zum Ifeil schon ruinenhafte Gebäude in Sicht. Doch das Projekt schien zu teuer: Rund 70 Millionen DM waren dafür veran­schlagt gewesen - dem Finanzminister Brandenburgs bei weitem zu viel für einen Bibliotheksbau.

Also hieß es, sich nach neuen Standort­varianten umzuschauen. Begleitet von ei­nem neuen Wissenschaftsminister, Steffen Reiche, ging man das Verfahren zügig an - Und wurde fündig. Im Mai 1995 waren sich die Leitungsebenen der Universität Pots­dam, des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK), des Mini­steriums für Finanzen, der Stiftung Preußi­sche Schlösser und Gärten Berlin-Branden­burg und der Stadtverwaltung Potsdam ei­nig, daß der zentrale Bibliotheksneubau der Hochschule auf dem Gelände desT-l- Wohnheimes an der Kaiser-Friedrich-Stra- ße Am Neuen Frilais entstehen sollte. Wie aus dem MWFK unmittelbar danach verlau­tete, sei noch im Mai ein Planungsauftrag des Finanzministeriums an das Landes­bauamt Potsdam ergangen. Als sich da­

nach im Juli 1995 nach einer Vor-Ort-Bege- hung seiner Arbeitsgruppe Bibliotheken auch der Wissenschaftsrat positiv zu dem Standort äußerte und diesen akzeptierte, war die Erleichterung groß: Ein europa­weiter Architektenwettbewerb wurde aus­geschrieben; zwar erst im April 1996, doch rechnete man immer noch mit einem baldi­gen Baubeginn.

Neue Unsicherheiten schleichen sich ein

Der wäre zwar dringender notwendig denn je. So sind die Studierendenzahlen der Uni­versität Potsdam auf mittlerweile knapp 10.000 angestiegen, hat sich ihr Personalbe­stand erheblich erweitert, sind die meisten der konzipierten Fachgebiete nun auch ver­treten. Doch scheinen die Konturen des Baus ihres Herzstücks - der zentralen Bi­bliothek - wiederum unklar geworden zu sein. Entzündet hat sich die neue Unsicher­heit im Oktober 1996 kurz vor Bekanntgabe der Ergebnisse des Archtiktenwettbe- werbs, der den Steuerzahler bereits rund eine Million DM gekostet haben soll. Zu diesem Zeitpunkt erklärte nämlich der Ver­treter der Stadtverwaltung in dem Preisge­richt des Wettbewerbs, Stadtbaudirektor Richard Röhrbein, seinen Austritt aus dieser Jury. Als Grund dafür gab er an, von der Richtigkeit des Standortes nicht mehr über­zeugt zu sein. Er fände es viel besser, die Universität - und das heißt hier ihre Biblio­thek - in das Stadtzentrum zu holen.

Mit zu dem Röhrbeinschen Schwanken beigetragen haben kann möglicherweise eine kurz vorher stattgefundene Tägung der

UNESCO in Potsdam, auf der sich die Stadt massiver Kritik wegen diverser Baupläne und -projekte ausgesetzt gesehen hatte. Einer der kleineren Kritikpunkte war öffent­lichen Verlautbarungen zufolge auch die Universität Am Neuen Fälais - was vor dem Hintergrund einer bereits seit längerem erfolgten Einigung mit der Spitze der Stif­tung Preußische Schlösser und Gärten Ber­lin-Brandenburg als ein bereits von der Rea­lität überholter Sachverhalt angesehen wer­den kann. Das half aber nichts: Zumindest der für die Universität Potsdam zuständige Wissenschaftsminister Reiche begann nun, laut nachzudenken über den Bibliotheks­standort Am Neuen Mais. Flankiert wurde dieses Nachdenken sowohl bei Steffen Rei­che als auch bei Richard Röhrbein immer von dem Wunsch, die Universität in die Stadtmitte zu holen. Und zwar möglichst in ein eventuell wieder aufzubauendes Stadt­schloß oder ein anderes, an dessen frühe­rem Standort zu erstellendes Gebäude, das dann eine Zentralbibliothek aus der Stadt- und Landesbibliothek, der Fachhochschu­le Potsdam, der Universität Potsdam und eventuell noch weiteren Bibliotheken ent­halten sollte.

Nicht nur in Anbetracht der mageren Fi­nanzlage der Stadt muß man kein Prophet sein, um zu ahnen, wie lange sich ein Ent­scheidungsprozeß um den Platz des frühe­ren Stadtschlosses und dessen zukünftiger Bebauung noch hinziehen wird. Die Univer­sität Potsdam dürfte dann jedenfalls schon nicht mehr zu den ganz jungen Hochschu­len dieses Landes zählen. Fest steht dem­gegenüber, daß sie bereits in der Zwischen-

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