zeit eine funktionsfähige Bibliothek braucht. Das sieht auch der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam, Dr. Horst Grämlich, so, obwohl er die Universität in der Stadt liebend gerne etwas präsenter sehen würde. Doch er weiß, daß man einen engeren Kontakt über die Menschen - und eben nicht über Bücher - suchen muß. Nach einem Gespräch mit ihm trat denn auch sein Stadtbaudirektor wieder in das Preisgericht ein. Zu den Gründen erklärte er dieses Mal: „Kein Kommentar“. Auf jeden Fall wirkte Richard Röhrbein für die Stadt Potsdam an der Jury-Entscheidung über den besten Architektenentwurf eines zentralen Bibliotheksbaus der Universität Am Neuen Palais mit. Und dieser im November letzten Jahres vorgestellte preisgekrönte Entwurf läßt in der Tät aufhorchen:
Prämiert wurde die eingereichte Arbeit einer jungen Berliner Architektin, Sabine Waldmann. Sie und ihre künstlerischen Berater, Katharina Feldhusen und Ralf Flecken- stein, sind von der weiträumigen, sanft gewellten Parklandschaft des ausgeschriebenen Bibliotheksstandortes Am Neuen Palais ausgegangen. Von dem jetzigen T-l- Wohnheimgebäude haben sie zwei Geschosse abgetragen und die lediglich zweigeschossige neue Bibliothek weitgehend unter einer begrünten Erdscholle „verborgen“, so daß die Dominanz des historischen Landschaftsraumes erhalten bleibt. Die „Scholle“ öffnet sich schließlich zum Park hin, eine großzügige Verglasung soll dabei viel Licht für die dort vorgesehenen Leseplätze hereinlassen. Weitere Leseplätze sind in durch Innenhöfe belichteten Bereichen im Inneren geplant, kleineren Einschnitten in der Landschaftswelle, die wie selbstverständlich Belichtungsflächen schaffen sollen.
„Entwurf trägt positiv zum UNESCO-Weltkulturerbe bei"
Der Vorsitzende des Preisgerichtes, Architekt Prof. Fritz Auer aus Stuttgart, nannte diesen Entwurf den „wohl poetischsten". Ausgewählt worden sei er aus insgesamt 138 eingereichten Arbeiten, weil in ihm Landschaft und Architektur eine gelungene Symbiose eingegangen wären. Die künftige Bibliothek sei auf diese Weise baulich präsent, ohne zu einem Bruch, zu einem Störfaktor der sensiblen Umgebung zu werden. Das sieht auch der Jury-Vertreter der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Konservator Dr. Heinz
Schönemann, so: Während die jetzigen Studentenwohnheime einen „brutalen Eingriff“ in die Landschaft darstellten, würde der Bibliotheksneubau diesen Eingriff mildern. „Der preisgekrönte Entwurf bringt für die Stiftung optimale Ergebnisse. Die Landschaft wird angehoben und die Umgebung dadurch landschaftlich optimiert. Wir sind sehr glücklich über diesen Entwurf, der positiv zum Weltkulturerbe der UNESCO beiträgt“, erklärte Heinz Schönemann im Namen der Stiftung wörtlich.
Zufrieden zeigte sich auch die Leitende Bibliotheksdirektorin der Universität, Barbara Schneider-Eßlinger. Sie betonte vor allem, wie sehr die Nutzer der Bibliothek unter den derzeitigen Bedingungen leiden und wie dringend sie eines zentralen neuen Bibliotheksgebäudes bedürfen. Darauf wies in aller Deutlichkeit ebenfalls der Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs,
Prof. Dr. Ralf Menzel, hin: „Das zu laute Nachdenken des Wissenschaftsministers über eventuelle weitere Varianten stört das sowieso schon zähe Verfahren sehr. Der überfällige Neubau der Potsdamer Universitätsbibliothek ist nun wahrhaftig kein geeignetes Objekt, um die Hochschule und die Stadt einander näherzubringen - zumal die Universität bereits vier Standorte hat und niemand daran interessiert ist, noch einen fünften, lediglich aus der Bibliothek bestehenden, aufzumachen.“ Vielmehr solle die Bibliothek das zentrale Kommunikationszentrum der Hochschule Am Neuen Palais werden und zu einem verstärkten Zusammengehörigkeitsgefühl beitragen.
Die Universitätsleitung wie auch das Landesbauamt erwarten jetzt jedenfalls von den politischen Entscheidungsträgern eine Festlegung. Der Abteilungsleiter der Zentralabteilung im MWFK und Vertreter dieses Ministeriums im Preisgericht, Winfried Smaczny, versicherte zwar während einer Pressekonferenz im November 1996, daß durch die Überlegungen des Wissenschaftsministers nichts verzögert und die Erarbeitung einer Haushaltsunterlage Bau
auf Basis des Waldmann-Entwurfs unmittelbar in Auftrag gegeben werden könne; doch ist es dem Landesbauamt nach Aussage der Abteilungsleitern Hochschulbau, Cornelia Müller-Mertens, bis heute nicht möglich, eine solche Haushaltsunterlage Bau zu erstellen, da es mittlerweile erneuten Klärungsbedarf hinsichtlich des städtebaulichen Planungsrechts gebe. Nicht erfolgt ist ebenfalls die „klare Aussage des Ministers zum künftigen Bibkliotheksstand- ort", die Smaczny vor der Presse noch für das Jahr 1996 ankündigte. Allerdings hat der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur im Januar dieses Jahres nun eine fünfköpfige Expertenkommission eingesetzt, die bis zum Sommer 1997 prüfen soll, ob eine integrierte Bibliothek aller Potsdamer Forschungseinrichtungen und der Stadt- und Landesbibliothek auf dem Alten Markt sinnvoll sei.
Bleibt zu hoffen, daß die aus Bibliothekaren anderer Bundesländer bestehende Kommission recht bald zu einer eindeutigen Empfehlung kommt, die dann auch von den politischen Entscheidungsträgern akzeptiert wird. Denn: JWir brauchen eine Richtung, in die wir marschieren können. Wie soll denn ohne seriöse Planungen jemals ein Baubeginn erfolgen?“ sagte mit Recht der Leiter des Landesbauamtes, Richard Rolf Hartleben, auf einer Pressekonferenz im November letzten Jahres.
Die Universitätsleitung jedenfalls hat dem Wissenschaftsminister zwischenzeitlich eine deutliche schriftliche Aufforderung zur Positionierung zukommen lassen. Eine offizielle Antwort war ihr bis zur Drucklegung der PUTZ nicht zuteil geworden.
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Die neue Bibliothek im Entwurf: Das T-]-Wohnheim wird auf die Höhe der beiden anderen Wohnheime „zurechtgestutzt'', die neue Bibliothek verschwindet weitgehend unter einer begrünten Erdscholle. Foto: Fritze
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Die neue Bibliothek im Querschnitt: die Landschaft dominiert, nur die verglasten Lesebereiche (rechts) sind sichtbar. Ansonsten fallen lediglich eine begrünte Erdscholle und natürlich das um zwei Stockwerke abgetragene T-l-Wohnheimgebäude ins Auge. Skizze: Waldmann