WISSENSCHAFT ÄICTUiU.
Zur Kooperation der Potsdamer Universität mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen
FORSCHEN, WO DIE NACHT SECHS MONATE DAUERT UND DER WINTER EIN GANZES JAHR
Die Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung
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Die Polar I: Von ihr aus vermessen Wissenschaftler des AWI beispielsweise die Konzentration von Aerosolen mithilfe von Photometem, das sind kleine Rußpartikel, die beispielsweise infolge industrieller Produktion, vor allem aber auch durch Vulkanausbrüche, entstehen und in die Stratosphäre über den Polargebieten transportiert werden. Sie bilden im polaren Winter polare stratosphärische Wolken aus, die eine entscheidende Rolle beim Ozonabbau spielen. So konnte gezeigt werden, daß die starke Aerosolbelastung in der arktischen und antarktischen Stratosphäre infolge des Pmatubo-Ausbruchs 1991 zu einem verstärkten Ozonabbau in den beiden folgenden Jahren führte. Foto: Nagel
Eines der Markenzeichen der Potsdamer Universität ist ihre enge Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sich in Potsdam und seinem unmittelbaren Umland sehr zahlreich angesiedelt haben. Für diese Kooperation, die über an anderen Standorten üblichen Verknüpfungen weit hinausgeht, wurden verschiedenartige Fbrmen entwickelt: so z. B. gemeinsame Berufungen von Professoren, die Durchführung gemeinsamer Studiengänge und der Aufbau Interdisziplinärer Zentren. Auch laufen die Vorbereitungen für die Errichtung eines gemeinsamen Campus’ der Potsdamer Naturwissenschaften mit Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und der Flaunhofer-Gesellschaft in Golm derzeit auf Hochtouren. Mit diesem Artikel über die Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) wird in der PUTZ eine Reihe fortgeführt, in der nach und nach die Einrichtungen vorgestellt werden, die vor allem auf naturwissenschaftlichem Gebiet mit der Universität Potsdam kooperieren.
Das AlfredWegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven ist eines von 16 Großforschungseinrichtungen der Hermann von Helmholz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Seit 1992 hat es einen Ableger auf dem Potsdamer Tfelegraphenberg: die Forschungsstelle Potsdam des AWI. Diese wiederum ist ein wichtiger Kooperationspartner der Universität Potsdam. Zwar gibt es noch keinen offiziellen Kooperationsvertrag, aber dies könnte sich bald ändern: Am 17. 1. 1997 erhielt Dr. Hans-Wolfgang Hubberten, Leiter der Potsdamer Außenstelle, vom brandenburgischen Wissenschaftsministerium den Ruf auf eine C4-Professur für Isotopengeologie, sein Mitarbeiter Dr. Klaus Dethloff, der m der Arbeitsgruppe Physik und Chemie der Atmosphäre anhand von Modellrechnungen die Klimaprozesse in den Polarregionen analysiert, den Ruf auf die C3-Professur für Physik der Atmosphäre. Hubberten hofft auf einen schnellen Verlauf der nun folgenden Verhandlungen mit der Universität und dem Ministenum, so daß er bereits im folgenden Semester seine Lehrtätigkeit in Potsdam aufnehmen könnte. Thema seiner Vorlesung wäre die Bedeutung der Isotope in der Geowissenschaft, beispielsweise bei der Untersuchung von Rieselfeldern.
Doch auch jetzt gibt es schon gemeinsame Projekte mit der Universität, insbesondere mit der Max-Planck-Arbeitsgruppe „Nicht
lineare Dynamik" von Prof. Dr. Jürgen Kurths. So arbeiten beispielsweise Kurths und Dethloff zusammen an der Modellierung bestimmter Klimadaten, ein Doktorand von Kurths untersucht mithilfe mathematischer Verfahren Seesedimentsproben, die vom AWI in polaren Seen genommen wurden. Zwei Doktoranden des AWI promovieren ebenfalls an der Universität Potsdam, und auch ein Student der Geoökologie macht derzeit seine Diplomarbeit an dem Institut. Für Hubberten ist es wichtig, mit einer Universität zu kooperieren, die in „Fahrradentfernung“ liegt: „Die Studenten können nachmittags mal eben für zwei Stunden vorbeikommen, und umgekehrt geht ein Wissenschaftler für einen Vortrag auch mal schnell an die Uni.“
Auf dem Grunde der Seen ...
Die Potsdamer Forschungsstelle des AWI ist eine echte Neugründung. Zwar war Potsdam durch die Abteilung Polarforschung des Potsdamer Zentralinstituts für Physik der Erde über Jahrzehnte, neben Bremerhaven, eine der Wiegen bedeutsamer Polarexpeditionen, aber die sechs Mitarbeiter koordinierten lediglich die ostdeutsche Polarforschung. Diese zeichnete sich dadurch aus, daß die DDR-Forscher jahrzehntelang Untersuchungen auf dem Antarktischen Festland durchgeführt hatten und seit 1987 auch offiziell eine eigene Forschungsstation, die „Georg Förster“, auf dem Festland unterhielten. Hingegen befindet sich die westdeutsche Antarktisstation „Georg von
Neumayer” auf dem Schelfeis, über dem Meer. Das hatte zur Folge, daß die westdeutschen Wissenschaftler sich mehr auf die maritime Polarforschung konzentrierten, während die ostdeutschen bevorzugt auf dem Kontinent gearbeitet haben. Nach der deutschen . Wiedervereinigung beschloß man deswegen, auch die deutsche Polarforschung zu vereinigen, indem man die Potsdamer Forschungsstelle mit den beiden Arbeitsgruppen Physik und Chemie der Atmosphäre und Geowissenschaften aufbaute. „Wenn wir nicht existieren würden, dann würde der gesamtdeutschen Polarforschung ein ganz wichtiger Zweig fehlen, nämlich der Zweig Untersuchungen in Landgebieten der Polarregionen“, bringt es Hubberten auf den Punkt.
Die von ihm geleitete geowissenschaftliche Arbeitsgruppe untersucht, wie in der Vergangenheit die Natur auf Klimaschwankungen in der Antarktis und der Arktis reagiert hat. Dadurch erhofft man sich Aufschluß darüber, welche Folgen zukünftige Klimaänderungen haben. Zwar gibt es mittlerweile komplexe Modelle für Klimaprognosen, aber deren Ergebnisse sind nicht unbedingt eindeutig. Die gängige Meinung beispielsweise, daß eine Erderwärmung um wenige Grad Celsius zu einem Abschmelzen von Gletschern und so einem Ansteigen des Meeresspiegels führen wird, läßt außer acht, daß eine Erwärmung auch eine höhere Verdunstung mit sich bnngt. So gibt es Überlegungen, daß dadurch verstärkt feuchte Luft- Fortsetzung nächste Seite
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