„ANFANGSSCHOCK" MILDERN HELFEN
Anstrengungen zur Verbesserung der Studienbedingungen
In neuen Lebenssituationen, wie beim Studienbeginn, ist wohl jeder für Rat und Unterstützung dankbar, um schnell und effektiv „einsteigen“ zu können. Deshalb bemüht man sich an der Potsdamer Uni immer wieder um die Verbesserung der Studienbedingungen. Die Einrichtung von Thtorien erweist sich hier als ein ebenso klassisches wie bewährtes Mittel.
Den Erstsemestlern Umwege beim Eingewöhnen „Dschungel“ Universität zu ersparen, haben sich zum Ziel gesetzt.
Hitorien sind in der Regel von älteren Studierenden geführte studentische Kleingruppen. Das Ziel besteht dann, Studienanfänger bei der Orientierung in der Universität zu unterstützen, zum Studium allgemein anzuleiten, geeignete Studier- und Lernstrategien zu entwickeln oder bei auftretenden Schwierigkeiten zu helfen.
Für die Einführung umfassender TUtoren- systeme sprach sich kürzlich in Potsdam auch der Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz, Dr. Josef Lange, aus. „Uitoren können in der Einführungsphase des Studiums die Unübersichtlichkeit des Großunternehmens Universität durchschaubar machen, weil sie die Anonymität von Großveranstaltungen in überschaubaren Gruppen auflösen.“ Angesichts des erforderlichen Zeitaufwandes ist es für Lange unstrittig, daß eine studiennahe und dem Studium förderliche Erwerbstätigkeit für das Studium und die Studierenden nützlicher ist als studienfremde Tätigkeiten. Deshalb beklagt er umso mehr, daß „Ansätze für Uitoren immer weit oben auf der Liste (stehen), wenn es um die Kürzung von Mitteln für die Hochschulen geht“.
Mit dem Wintersemester 1996/97 begann nun an der Uni ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen Uitoren eine Ausbildung als Studienfaches erhalten. Auf diese Weise sollen bereits tätige oder als Uitoren ihre ehrenamtliche Tätigkeit Aufnehmende Unterstützung erfahren. Unter dem Motto „Hitorlnnen
als Studienfaches“ startete Ende Oktober 1996 die erste TUtorenwerkstatt, an der 17 Interessierte aus allen Fächern teilnahmen. Elisabeth Hilligardt fungierte dabei als Trainerin. Sie ist Juristin und verfügt über jahrelange Erfahrungen in der Lehre. Neben der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, zunächst an der Juristischen Fakultät in Tübingen und jetzt in Potsdam, kann sie eine mehrjährige Ausbildung im Coaching- und Konfliktmanagement-Bereich vorweisen. Insgesamt sei die Werkstatt bei den Studierenden auf große Resonanz gestoßen. Besonders begeistert waren die Teilnehmer vom modellhaft gezeigten partnerschaftlichen Umgang. „Als Defizite erkannten wir, daß die Lern- und Arbeitstechniken weit intensiver behandelt werden müssen. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Zeit war dies jedoch nicht realisierbar“. Deshalb stehen die Tfermine der zweiten, dann in zwei Blöcken stattfindenden Tlitorenwerkstatt bereits fest: 7. und
und Einarbeiten m den ehrenamtliche Tutoren Foto: Tribukeit
8. Februar bzw. 3. und 4. April 1997. Elisabeth Hilligardt ist es wichtig hervorzuheben, daß die Arbeit der Thtoren als Ergänzung, nicht als Konkurrenz zu der der Studienberater und Studienfachberater zu verstehen ist.
Die Sportstudenten Claudia Witthuhn und Stephan Pentz sehen keinen Luxus darin, „einerseits Studienanfänger an die Hand zu nehmen, sie mit Tips und Tricks zum Studienalltag vertraut zu machen, ihnen eine schnellstmögliche Integration in das universitäre Leben zu ermöglichen und andererseits auch in kleinen Gruppen Techniken effizienter Arbeitsweisen und Lernmethoden zu vermitteln“. Sie glauben vielmehr, auf diese Weise zu einer erheblichen Verbesserung der Qualität der Wissensvermittlung und -aufnahme gelangen zu können. Dies hätte nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die Motivation des einzelnen Studierenden. Denken Claudia Witthuhn und Stephan Pentz an ihren eigenen Studienbeginn zurück, so vermißten sie damals solche Hilfen, begrüßen also die nachträgliche Wissensvermittlung umso mehr. Wir würden sehr gerne den nachkommenden Studenten durch unsere Tütorentätigkeit ein Stückchen weiterhelfen.“ Denn die zwei läge der TUtorenwerkstatt „wurden zu einem kurzwelligen und interessanten Trip, der uns viele nützliche Wege und neue Dimensionen des Möglichen eröffnete“.B. E.
DAS KANN ERST DER ANFANG SEIN...
Thomas Keysers gehört zu den 25 Jura- Studenten, die als ehrenamtliche Thtoren ihre Erfahrungen an Erstsemestler weitergeben. Im folgenden schildert er seine Eindrücke von der ersten Thtorenwerk- statt, die kürzlich an der Potsdamer Uni stattfand.
„Es hatte eher den Anschein einer Gruppentherapie: 17 Leute saßen im Kreis und machten ein Partnerinterview, um sich gegenseitig vorzustellen. Danach wurden Kärtchen bemalt, beschriftet und auf ein Plakat geklebt. Motto: Was braucht ein Studierender in Potsdam? Was hat das alles mit Tütorenausbildung zu tun? Jetzt ist für mich klar: Ein guter Tütor kann noch soviel Wissen anhäufen, es bleibt wertlos, wenn er es nicht vermitteln kann. Mit „einfach etwas erzählen“ war es wohl doch nicht getan. Visualisieren war ein Stichwort: Andere dazu zu bringen, Fagen zu stellen. Also doch keine Gruppentherapie, sondern das Anwenden von Moderations- und Präsentationstechniken. Schließlich ging es darum, diese
Tfechniken anzuwenden. Einfach genial, wie man mit wenigen Hilfsmitteln und scheinbar banalen Tricks eine Gruppe leiten kann. Zum Schluß waren sich alle einig, solche TUtorenwerkstatt muß es auch für andere Studierende geben. Denn ich habe erfahren, was man bei der Betreuung der Erstsemestler alles falsch machen kann. Ich stellte fest, wieviel Zeit und Energie verlorengeht, um die banalsten Dinge herauszufinden. Daraus ergibt sich die FVage: Warum hat die Uni Potsdam bisher keine koordinierte Erstsemestlerbetreuung bzw. keine ausfinanzierten Tütorenstellen? Es müßte sich inzwischen herumgesprochen haben, daß dieses eine der besten Arten ist, Inhalte, aber auch Methoden zu vermitteln, damit die Studierenden die so oft verlangte Studierfähigkeit erlangen. Die TUtorenwerkstatt kann also nur der Anfang sein. Zumindest müssen diejenigen Fachschaften unterstützt werden, die auf ehrenamtlicher Basis bereits eine Erstsemestlerbetreuung aufgebaut haben. Diese TUtoren sollten ebenfalls eine qualifizierte Ausbildung erhalten.“
Seite 33
PUTZ 1/97