Heft 
(1.1.2019) 01
Einzelbild herunterladen

ANFANGSSCHOCK" MILDERN HELFEN

Anstrengungen zur Verbesserung der Studienbedingungen

In neuen Lebenssituationen, wie beim Studienbeginn, ist wohl jeder für Rat und Unterstützung dankbar, um schnell und ef­fektiveinsteigen zu können. Deshalb be­müht man sich an der Potsdamer Uni im­mer wieder um die Verbesserung der Studienbedingungen. Die Einrichtung von Thtorien erweist sich hier als ein ebenso klassisches wie bewährtes Mittel.

Den Erstsemestlern Umwege beim Eingewöhnen Dschungel Universität zu ersparen, haben sich zum Ziel gesetzt.

Hitorien sind in der Regel von älteren Stu­dierenden geführte studentische Klein­gruppen. Das Ziel besteht dann, Studienan­fänger bei der Orientierung in der Univer­sität zu unterstützen, zum Studium allge­mein anzuleiten, geeignete Studier- und Lernstrategien zu entwickeln oder bei auf­tretenden Schwierigkeiten zu helfen.

Für die Einführung umfassender TUtoren- systeme sprach sich kürzlich in Potsdam auch der Generalsekretär der Hochschul­rektorenkonferenz, Dr. Josef Lange, aus. Uitoren können in der Einführungsphase des Studiums die Unübersichtlichkeit des Großunternehmens Universität durch­schaubar machen, weil sie die Anonymität von Großveranstaltungen in überschauba­ren Gruppen auflösen. Angesichts des er­forderlichen Zeitaufwandes ist es für Lange unstrittig, daß eine studiennahe und dem Studium förderliche Erwerbstätigkeit für das Studium und die Studierenden nützli­cher ist als studienfremde Tätigkeiten. Des­halb beklagt er umso mehr, daßAnsätze für Uitoren immer weit oben auf der Liste (stehen), wenn es um die Kürzung von Mit­teln für die Hochschulen geht.

Mit dem Wintersemester 1996/97 begann nun an der Uni ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen Uitoren eine Ausbildung als Stu­dienfaches erhalten. Auf diese Weise sol­len bereits tätige oder als Uitoren ihre ehren­amtliche Tätigkeit Aufnehmende Unterstüt­zung erfahren. Unter dem MottoHitorlnnen

als Studienfaches startete Ende Oktober 1996 die erste TUtorenwerkstatt, an der 17 Interessierte aus allen Fächern teilnahmen. Elisabeth Hilligardt fungierte dabei als Trai­nerin. Sie ist Juristin und verfügt über jahre­lange Erfahrungen in der Lehre. Neben der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin, zunächst an der Juristischen Fakultät in Tü­bingen und jetzt in Potsdam, kann sie eine mehrjährige Ausbil­dung im Coaching- und Konfliktmanage­ment-Bereich vor­weisen. Insgesamt sei die Werkstatt bei den Studierenden auf große Resonanz gestoßen. Beson­ders begeistert wa­ren die Teilnehmer vom modellhaft ge­zeigten partner­schaftlichen Um­gang.Als Defizite erkannten wir, daß die Lern- und Ar­beitstechniken weit intensiver behandelt werden müssen. Aufgrund der zur Verfü­gung stehenden Zeit war dies jedoch nicht realisierbar. Deshalb stehen die Tfermine der zweiten, dann in zwei Blöcken stattfin­denden Tlitorenwerkstatt bereits fest: 7. und

und Einarbeiten m den ehrenamtliche Tutoren Foto: Tribukeit

8. Februar bzw. 3. und 4. April 1997. Elisa­beth Hilligardt ist es wichtig hervorzuheben, daß die Arbeit der Thtoren als Ergänzung, nicht als Konkurrenz zu der der Studien­berater und Studienfachberater zu verstehen ist.

Die Sportstudenten Claudia Witthuhn und Stephan Pentz sehen keinen Luxus darin, einerseits Studienanfänger an die Hand zu nehmen, sie mit Tips und Tricks zum Stu­dienalltag vertraut zu machen, ihnen eine schnellstmögliche Integration in das univer­sitäre Leben zu ermöglichen und anderer­seits auch in kleinen Gruppen Techniken effizienter Arbeitsweisen und Lernmetho­den zu vermitteln. Sie glauben vielmehr, auf diese Weise zu einer erheblichen Ver­besserung der Qualität der Wissensvermitt­lung und -aufnahme gelangen zu können. Dies hätte nicht zuletzt positive Auswirkun­gen auf die Motivation des einzelnen Stu­dierenden. Denken Claudia Witthuhn und Stephan Pentz an ihren eigenen Studien­beginn zurück, so vermißten sie damals solche Hilfen, begrüßen also die nachträg­liche Wissensvermittlung umso mehr. Wir würden sehr gerne den nachkommenden Studenten durch unsere Tütorentätigkeit ein Stückchen weiterhelfen. Denn die zwei läge der TUtorenwerkstattwurden zu ei­nem kurzwelligen und interessanten Trip, der uns viele nützliche Wege und neue Di­mensionen des Möglichen eröffnete.B. E.

DAS KANN ERST DER ANFANG SEIN...

Thomas Keysers gehört zu den 25 Jura- Studenten, die als ehrenamtliche Thtoren ihre Erfahrungen an Erstsemestler weiter­geben. Im folgenden schildert er seine Eindrücke von der ersten Thtorenwerk- statt, die kürzlich an der Potsdamer Uni stattfand.

Es hatte eher den Anschein einer Grup­pentherapie: 17 Leute saßen im Kreis und machten ein Partnerinterview, um sich ge­genseitig vorzustellen. Danach wurden Kärtchen bemalt, beschriftet und auf ein Plakat geklebt. Motto: Was braucht ein Stu­dierender in Potsdam? Was hat das alles mit Tütorenausbildung zu tun? Jetzt ist für mich klar: Ein guter Tütor kann noch soviel Wis­sen anhäufen, es bleibt wertlos, wenn er es nicht vermitteln kann. Miteinfach etwas erzählen war es wohl doch nicht getan. Visualisieren war ein Stichwort: Andere dazu zu bringen, Fagen zu stellen. Also doch kei­ne Gruppentherapie, sondern das Anwen­den von Moderations- und Präsentations­techniken. Schließlich ging es darum, diese

Tfechniken anzuwenden. Einfach genial, wie man mit wenigen Hilfsmitteln und scheinbar banalen Tricks eine Gruppe leiten kann. Zum Schluß waren sich alle einig, solche TUtorenwerkstatt muß es auch für andere Studierende geben. Denn ich habe erfahren, was man bei der Betreuung der Erstsemest­ler alles falsch machen kann. Ich stellte fest, wieviel Zeit und Energie verlorengeht, um die banalsten Dinge herauszufinden. Daraus ergibt sich die FVage: Warum hat die Uni Potsdam bisher keine koordinierte Erstsemestlerbetreuung bzw. keine aus­finanzierten Tütorenstellen? Es müßte sich inzwischen herumgesprochen haben, daß dieses eine der besten Arten ist, Inhalte, aber auch Methoden zu vermitteln, damit die Studierenden die so oft verlangte Stu­dierfähigkeit erlangen. Die TUtorenwerkstatt kann also nur der Anfang sein. Zumindest müssen diejenigen Fachschaften unterstützt werden, die auf ehrenamtlicher Basis bereits eine Erstsemestlerbetreuung aufgebaut ha­ben. Diese TUtoren sollten ebenfalls eine qualifizierte Ausbildung erhalten.

Seite 33

PUTZ 1/97