KULTUR
gartengeschichtlicher Forschung überhaupt erst auf den Weg zu bringen. Als Beitrag der Universität Potsdam zur Bundesgartenschau 2001 ist ein Projekt besonders geeignet, das den wissenschaftlichen Anspruch mit der Wendung an die Öffentlichkeit verbindet: Das Konzept umfaßt eine Multimediaschau als einen ersten Überblick über Geschichte und Gegenwart der brandenburgischen Landschaftsgärten. Die Multidimensionalität dieser sich ständig verändernden Kunstwerke, die Kunst und Natur in einem sind, wird so auf das suggestivste deutlich. Eine Begleitpublikation kann ein erster Schritt sein, die Verbindung zur internationalen Forschung herzustellen. Denkbar ist ferner ein internationales Kolloquium, so daß die Gartengeschichte als facettenreiches und attraktives Bild öffentlich präsentiert wird.
Sonja Günther/Hilmar Rank
Landschaftseindrücke künstlerisch festgehalten
Den Studienort bzw, die Region näher kennenzulernen und die dabei in der Auseinandersetzung mit der Landschaft gewonnenen ersten Eindrücke zeichnerisch oder malerisch umzusetzen, war das Anliegen eines Pleinairs im Sommer 1996. Dazu trafen sich Lehramtsstudierende des Faches „Kunst“ der Potsdamer Uni zu zwei Praktika. Die besten Bilder sind nun auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Denn die in Gottsdorf und im Glienicker Park entstandenen Arbeiten können noch bis zum Semesterende in den Räumen der Bibliothek des Uni-Komplexes Golm, Haus 22, zu den Öffnungszeiten der Einrichtung in Augenschein genommen werden. Graphische und farbige Studien mit unterschiedlichen Motiven, wie Natur- oder Gebäudeskizzen, fanden in der Ausstellung ihren zeitweiligen Platz. „Die Hängung der Arbeiten soll beim Betrachterden Eindruck des Spontanen, schnell Entstandenen noch vertiefen. Deshalb haben wir bewußt keine sauber geschnittenen Passepartouts verwendet“, so der wissenschaftliche Mitarbeiter im Lernbereich musisch-ästhetische Erziehung des Institutes für Grundschulpädagogik, Harald Herzei (unser Foto). Er hat wie Wilfried Größel ein Praktikum geleitet. Neben der Fireiluft- malerei spielten hierbei Exkursionselemente, das heißt das Bekanntmachen mit dem kunst- ffeschichtlichen Hintergrund der Jeweiligen Landschaft, eine nicht unwichtige Rolle.
B.E./Foto: Thibukeit
„MEINE LIEBE, POSTMODERNE"
Jih Kratochvil las in Matschkes Galerie-Cafe
Seit nunmehr drei Jahren organisieren die Mitarbeiter der Professur für Westsla- vische Literaturen und Kulturen an der Universität Potsdam die Lesereihe „Nachbarn aus Mitteleuropa. Dichterlesungen in Potsdam“. Kamen zunächst nur tschechische Autorinnen und Autoren zu Wort, so las im vergangenen Jahr neben der slovakischen Erzählerin Älta Väsovä nun schon als zweite polnische Schriftstellerin Anna Bolecka. Aus Tschechien war bereits im Mai die Vorsitzende der tschechischen Schriftstellergemeinde Eva Kantürkovä zu Gast, und bei der letzten Lesung am 21. November stellte der Brunner Schriftsteller Jiri Kratochvil sein Werk einem kleinen, dafür aber interessierten Publikum in Matschkes Galerie-Cafe, wo die Lesungen regelmäßig von April bis Juni und Oktober bis Dezember stattfinden, vor.
Vor wenigen Wochen ist die erste deutsche Übersetzung eines Romans von Jiri Kratochvil im Verlag Rowohlt Berlin unter dem Titel „Inmitten der Nacht Gesang" (Uprost- red nod zpev, 1992) erschienen. Die Übersetzung des Romans „Avion" (1995) wird bald folgen und vielleicht sind auch die Erzählungen aus dem Erzählband „Mä läsko, Postmoderno“ (1994, Meine Liebe, Postmoderne), die der Autor in Potsdam vorstellte, in absehbarer Zeit dem deutschen Leser zugänglich.
Zu publizieren begann der 1940 in Brünn geborene Jiri Kratochvil in einer für die tschechische Literatur geradezu euphorischen Zeit. In den sechziger Jahren erschienen Erzählungen und Romane von Milan Kundera, Bohumil Hrabal, LadislavRiks u.a. Kratochvil veröffentlichte ab 1964 Erzählungen, Rezensionen und Essays in verschiedenen Literaturzeitschriften. Als 1971 sein erster Erzählband herausgegeben werden sollte, wurde er eingestampft und sein Autor mit Publikationsverbot belegt. 1978 erschien dann im „Samizdat“ eine Auswahl dieser Erzählungen. In den 80er Jahren arbeitete Kratochvil an einem Roman, der ursprünglich im Index-Verlag Köln veröffentlicht werden sollte und fast 400 Seiten betrug. Als der „Bärenroman“ (Medvedi roman) 1990 in der Tbchechoslowakei erschien, hatte der Autor ihn erheblich gekürzt und für sich jenes Prinzip erkannt, das seither aus seinen Tbxten nicht mehr wegzudenken ist - die Konstruktion (wie es der Literaturkritiker Milan Jungmann nennt) oder die Ordnung (wie Kratochvil es bezeichnet).
Damit Chaos, und das ist die postmoderne Welt im Verständnis Kratochvils, wahrnehmbarist, muß es strukturiert, in eine Konstruktion gebracht werden: „Die Geschichten bewegen unsere Welt, die Erzählungen konstruieren sie (...).“, so Jin Kratochvil in „Literärni noviny". Davon konnten sich die Hörer in Potsdam überzeugen, wenn von seltsamen Verwandlungen infolge der Re- inkarnation Stalins als Maus, von der Vermehrung des Schatten eines Wissenschaftlers oder von Gullivers Reisen - diesmal durch Rauenkörper - die Rede war.
In der Diskussion ging der Autor sehr ausführlich auf die gegenwärtige Situation der
Die vom Institut für Slavistik veranstalteten Dichterlesungen in Matschkes Galerie-Cafe sind schon zur Tradition geworden. Auf unserem Bild in der Mitte: Jiri Kratochvil. Foto: zg
tschechischen Literatur ein. Dabei unterstrich er, daß zwar die Leserschaft einerseits nach 1989 zahlenmäßig zurückging, dafür aber die tschechische Literatur die lang ersehnte Reiheit gewonnen habe. Befragt nach seinen Vorbildern, hob er drei besonders hervor: Ivo Vyskocil, dessen Spiel mit dem Zuschauer ihn sehr beeindruckt hat. An Milan Kundera faszinierte ihn das Pnnzip der Varianten bei einem geschlossenen Tfext, wenngleich seine Ttexte weniger geschlossen sind. Vladislav Vancura war für ihn wichtig, weil Vancura die realistische Literaturtradition in der tschechischen Literatur durchbrach. In Rezensionen zu Kratochvils Romanen wird immer wieder der autobiographische Aspekt seiner Tbxte betont. Da den Autor das Wühlen im Biographischen nervt, ist im Klappentext seines Buches „Siamesische Geschichte" (Siamsky pribeh, 1996) zu lesen: „Im November 1995 bat mich PL, (kurz vor seinem Tbd), sein Manuskript zu bearbeiten und unter meinem Namen herauszugeben. “ Im nächsten Roman erwartet uns als Ich-Erzähler sogar eine Rau. Ob ihn das vor den konstruierten autobiographischen Bezügen der Kritikeraugen wird schützen können? Birgit Krehl
Preiswert ins Kabarett
Bis zum Umzug in die neue Spielstätte in der Charlottenstraße gelten im Kabarett Obelisk, Schopenhauerstr. 27, geänderte Eintrittspreise. Alle Sitzplätze im bestuhlten Saal kosten 20 DM, sonntags nur 15 DM. Schüler und Studierende zahlen dienstags, mittwochs, donnerstags und sonntags 10 DM. ka.
PUTZ 1/97
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