BUCHTIPS
hungsreichen, aus dem Griechischen stammenden Namen „kentron“, was soviel wie Stachel, aber auch Schmerz, Anreiz, Verlangen oder Mittelpunkt bedeutet. Mag der Titel ein gutes Zeichen für kritische und konstruktive Publizistik sein.
Die Entscheidung über die zu setzenden Schwerpunkte ist allerdings noch offen. Die kommenden Hefte werden es offenbaren. Auf jeden Fall soll das Journal „weder ein Kohlhassches Klageorgan sein, noch vor programmatischem Schweiß naiver oder verbohrter, wohlmeinender oder prophetischer Schildbürger triefen“. So jedenfalls wollen es die Herausgeber. Deshalb liegen die Akzente auf Nachrichten, Informationen, Beiträgen und Diskussionen zur Lehrerbildung, insbesondere die Potsdamer Uni betreffend. Die Autoren der ersten Nummer beschäftigen sich in ihren Beiträgen deshalb auch unter anderem mit den Entwicklungsschwierigkeiten des Potsdamer Modells der Lehrerbildung, dem Abbau des Studienseminars für die Sekundarstufe 1/ Primarstufe oder dem nicht enden wollenden Disput um das Fach LER. Mögen „kentron“ also Stacheln wachsen und sich die Zahl der Mitstreiter in Sachen Lehrerbildung vergrößern, B.E.
„kentron“, Journal zur Lehrerbildung, ist im Zentrum für Lehrerbildung der Universität Potsdam, Tel. 0331/977-2561, erhältlich.
BILDER VOM RÖNTGENHIMMEL
Seit dem 1, Juni 1990 durchmustert der deutsche Röntgensatellit ROSAT den Röntgenhimmel im weichen bis mittleren Röntgenbereich und sendet die Daten an das Satellitenkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen - bisher sichtete er rund 80.000 kosmische Röntgenquellen, etwa 14 mal soviel, wie vorher bekannt waren.
Kürzlich brachten nun der wesentlich am Entwurf des ROSAT-Tfeleskops beteiligte Physiker Bernd Aschenbach, der Journalist Herman-Michael Hahn und der Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, Joachim TKimper, unter dessen Leitung der Satellit geplant und gebaut wurde, ein Buch heraus, das in die Welt der Röntgenastronomie, speziell in die von ROSAT, einführt. Es richtet sich an alle, „die durch ihre Steuergelder solch ehrgeizige Forschungsprojekte (...) überhaupt erst ermöglichen”. Entsprechend waren sie bemüht, ihr Buch allgemeinverständlich zu halten, was ihnen über weite Strecken auch gelingt.
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Foto: Birkhäuser Verlag
Am 1. Juni 1990 startete von der Raketenbasis in Cape Caneveral eine Delta-II-Rakete der NASA, die den deutschen Röntgensatelliten ROSAT auf seine Umlaufbahn in rund S80km Höhe brachte.
So stellt das erste Kapitel, knapp aber übersichtlich die Geschichte der Röntgenastronomie und ihre Bedeutung für die gesamte Astronomie dar. Notwendige Begriffe und Zusammenhänge sind gut und ausreichend erklärt, ohne daß dabei zu sehr ins Detail gegangen wird. Das zweite Kapitel beschreibt die Entstehung von ROSAT, von der ursprünglichen Idee über den Bau des Teleskops bis hin zum ersten Problem des Satelliten im All. Hier gibt es einige Schwachstellen, so ist die Beschreibung des „Navigationskreiselsystems' 1 ziemlich unverständlich (und überflüssig), ferner dürfte die Höhe der „Restgipfel" auf den Tbleskopspiegeln mit 0,3 Nanometern zwei Größenordnungen zu klein ausgefallen sein (bei einer Meßgenauigkeit von einem hunderttausendstel Millimeter!).
Aber auch hier gibt es Interessantes, beispielsweise daß der Satellit ursprünglich ROBISAT, für Röntgenbilligsatellit", hieß, um auszudrücken, daß sein Preis weit unter dem Erfahrungswert von „ein Kilogramm Weltraum kostet 1 Million DM” bleiben würde. Thtsächlich kostete der 2,6 Tonnen schwere ROSAT nur 260 Millionen DM. In den beiden letzten Kapiteln wieder gut aufbereitet, aber auf etwas höherem Niveau, werden die Ergebnisse präsentiert, die die Himmelsdurchmusterung von ROSAT innerhalb bzw. außerhalb unserer Galaxie brachte. Insgesamt ist das Buch interessant, verständlich und spannend geschrieben und wird durch über 100 Abbildungen ergänzt, die größtenteils eine Auswahl der von ROSAT aufgenommenen astronomischen Gebilde zeigen. ade
Bernd Aschenbach, Hermann-Michael Hahn, Joachim Trümper: „Der unsichtbare Himmel, Röntgenastronomie mit ROSAT“, Birkhäuser Verlag, 1996, 174 Seiten, 78,- DM.
SOZIOLOGIE FÜR ERSTSEMESTLER
Wolfgang Eßbachs Buch „Studium Soziologie" richtet sich an Studienanfänger und an solche, die noch keinen breiten Einblick in das Fäch gewonnen haben. Die vielen Unterkapitel der Hauptteile „Soziologie als Beruf“, „Soziologie als Fäch" und „Soziologie als Studium“ sollen sich wie in einem Puzzle schließlich zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Zunächst verspricht die Gliederung Klarheit, Z.B. zeigt er daß Soziologen und Soziologinnen in Verbänden, Organisationen oder an den Universitäten Arbeitsmöglichkeiten finden können. Doch leider verweilt er hier zu sehr an der Oberfläche. Die dortigen Ar- beitsinhalte reißt der Autor zu knapp an. Als Arbeitsaufgaben soziologischer Praxis führt er Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Kriminalität, Wohlfahrtstaat oder Fluchtbewegungen an. Wünschenswert wäre es gewesen, er hätte an ein oder zwei Beispielen die Tätigkeit eines Soziologen detaillierter veranschaulicht. Allerdings kann sich der Leser auf weiterführende Literaturangaben stützen; im ganzen Buch spart Eßbach nicht mit sinnvollen Literaturhinweisen. Das kann es auf jeden Fall lohnenswert machen, das Buch in die Hand zu nehmen. Interessant und fazettenreich schildert Eßbach die Entstehung und Entwicklung der Soziologie als Fach, wobei er sie in der Tradition der „Po- lizeywissenschaft“ und späteren Staatswissenschaft sieht, Der Autor gibt einige wertvolle Ups und Hinweise zur Organisation des Studium überhaupt. Allerdings betreffen diese Ups weniger die Spezifika eines Soziologiestudiums, man könnte sie jedem Abiturienten in einer allgemeinen Studienberatung empfehlen. Was Soziologiestudentinnen und -Studenten im besonderen interessieren könnte, ist knapp dargestellt - z.B. wäre es interessant gewesen zu erfahren, an welchen Universitäten welche soziologischen Traditionen und Orientierungen vorherrschen.
Bei Studienanfängern kann das Buch terminologische Verwirrung stiften. Einige Fachtermini werden eingeführt und erläutert, viele jedoch nicht. Wer mit der Terminologie noch nicht vertraut ist, wird frustriert. Das Nachschlagewerk wird zu einem begrifflichen Labyrinth, in dem der Eßbach- sche Ratgeber Ratlosigkeit verbreitet. Mein Fazit: Eßbachs Buch ist über weite Strecken kurzweilig zu lesen. Die Klarheit, die viele von uns wünschen, liefert es jedoch nicht. Manche Tfeile des Puzzles Soziologie passen zu einander, andere nicht. Damit bleibt das Gesamtbild, das man von dem Buch erwartet, inkonsistent! Irena Bratoew
Wolfgang Eßbach: „Studium Soziologie“, München: Wilhelm Fink Verlag, 1996, UTB 1928, 223 Seiten, 19,80 DM.
PUTZ 1/97