TITEL
ES TUT SICH ETWAS AN DIESER UNIVERSITÄT
Zahlreiche Bau- und Umzugsaktivitäten künden von einer fortschreitenden Entwicklung
Trotz einer zunehmend stiefmütterlichen Behandlung durch die brandenburgische Landesregierung, was ihre Finanzierung betrifft, entwickelt sich die Universität Potsdam als die weitaus größte Hochschule Brandenburgs kontinuierlich. Davon kündet nicht nur ihre ungebrochene Beliebtheit bei den jungen Leuten aus Ost und West, die dazu geführt hat, daß sich aktuell so viele Studierende wie noch nie zuvor in einem Sommersemester für die Potsdamer Universität entschieden haben (nämlich 9.734). Auch ein ansteigendes Drittmittelvolumen, Preisauszeichnungen für ihre Wissenschaftler und das immer häufigere Zitieren von Potsdamer Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit landesweit diskutierten Themen (wie z.B. der Gesundheit brandenburgischer Lehrer oder der FVa- ge, ob die dezentrale Förderpolitik der Landesregierung weiterhin sinnvoll erscheint) sind deutliche Zeichen für das erreichte Gewicht und die Bedeutung dieser Universität für Brandenburg. Erschwert wird ihre Entwicklung dabei nicht nur durch ständige, im Vergleich mit anderen Hochschulen des Landes überproportional hohe Mittelkürzungen; auch diverse, durch zahlreiche Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an den Hochschulgebäuden erforderliche Umzugsaktivitäten behindern oft die tägliche Arbeit. Es gibt kaum jemanden an dieser Universität, der noch keinen Büro- oder Laborumzug hinter sich hat. Für das große Verständnis und die weitgehende Akzeptanz der mitunter widrigen Arbeitsbedingungen hat deshalb nicht nur der Baudezement der Uni, Dr. Volker Pohl, Hochachtung. Auch der PUTZ-Redaktion ist diese jeden an der Hochschule angehende Problematik eine Titel-Geschichte wert.
Die schon lange nicht mehr zu zählenden Umzüge an der Potsdamer Universität verfolgen generell zwei Ziele: zum einen dienen sie dem schrittweisen Erreichen ihrer „strategischen Entwicklungsplanung", worunter vor allem die Ansiedlung großer Tfeile der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät am Standort Golm und die Unterbringung der Philosophischen Fakultät I in den Gebäuden Am Neuen Palais aufzulisten ist. Zum anderen sind sie. einfach mit dem Abschluß bestimmter Baumaßnahmen verbunden, die Hin- und Rückzüge erfordern. Allein 200.000 DM verdienten Rremdfirmen im Jahr 1996 an Umzügen der Potsdamer Alma mater, und wenn Dr, Pohl nicht ständig zwischen sechs und acht Mitarbeiter für kleinere Umzüge zur Verfügung stünden, hätte diese Zahl um mindestens weitere 100.000 DM erhöht werden müssen.
Die bisher größten Umzugsaktionen wurden an den Uni-Standorten Babelsberg-Grieb- nitzsee und Am Neuen Palais gestartet. Davon betroffen waren in Babelsberg Juristen sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, die rund 120 Zimmer (-was 4.000 Quadratmeter Hauptnutzfläche entspricht-) des mittlerweile denkmalgeschützten Hauptgebäudes räumen bzw. wieder beziehen durften. Am Neuen Palais mußten vor wenigen Wochen sämtliche Physiker ihre 3.000 Quadratmeter umfassende Nutzfläche im Haus 19 in Richtung Container verlassen. An die zehn Millionen DM kostet die derzeitige, weitgehend nutzungsneutral erfolgende Sanierung des Hauses 19, das Ende 1997 für den Wiedereinzug der Physiker bereit stehen soll. Die Summe für die Baumaßnahmen am Hauptgebäude in Babelsberg-Grieb- nitzsee liegt mit 15 Millionen DM sogar noch darüber, wobei hier die Renovierung
zweier Halbetagen noch aussteht. Die darin untergebrachten Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler sollen jedoch nach Angaben des Baudezernenten Volker Pohl erst dann ausziehen, wenn der Baubeginn fest- bzw. unmittelbar bevorsteht.
Leicht in den
Schatten gestellt werden könnten diese bislang größten Hin- und Herzüge jedoch möglicherweise schon bald durch eine Verlagerung der Institute für Mathematik und Informatik nach Golm und eine im Gegenzug erfolgende Umsiedlung der Institute für Anglistik/
Amerikanistik, Romanistik, Slavistik und Klassische Philologie zum Neuen Palais. „Mit dem zu erwartenden positiven Votum des Wissenschaftsrates für den Bau der Verfügungsgebäude in Golm müssen wir uns so langsam mit dem grundsätzlichen Gedanken, die Naturwissenschaften Stück für Stück nach Golm und die Geisteswissenschaten ans Neue Palais zu verlagern, vertraut machen", erklärte Baudezernent Dr. Volker Pohl dazu. Aktuell würde ein Beginn der damit zusammenhängenden Umzüge durch den zunehmenden Abschluß von Sanierungsmaßnahmen an verschiedenen Uni-Gebäuden in Golm und Am Neuen Palais möglich sein. Grundlage für seinen Vorschlag ist die Überlegung, daß zunächst
Institute umziehen sollten, die nicht an die Nutzung von hochinstallierten Laboratorien gebunden sind und Flächen benötigen, welche für die Realisierung einer ersten Umzugsetappe „in einer sinnvollen Größenordnung“ liegen.
Entschieden ist die ganze Sache allerdings noch nicht. Die Umzugsbefürworter meinen, daß man mit einer solchen Aktion dem politischen Erwartungsdruck entsprechen könnte; ferner stünden die in Golm (Haus 14) und Am Neuen Palais (Haus 08 und Haus 02) renovierten Räumlichkeiten jetzt zur Verfügung und wäre es durchaus sinnvoll, wenn auch jetzt die endgültig für die Räume vorgesehenen Nutzer als erste einziehen würden. Die Umzugsgegner allerdings führen die Gefahr studienorganisatorischer Probleme ms Feld, die durch die räumliche Trennung eng benachbarter Fächer - wie z.B. Physik und Mathe - entstehen könnten. Darüber hinaus müßte beachtet werden, daß ein Umzug der den Instituten der Philosophischen Fakultät I zuzuordnenden Buchbestände in die Bibliotheksräume Am Neuen Palais wegen des dortigen Platzmangels nicht möglich ist. Keine
einfache Entscheidung also, die die Dekane und das Rektorat zum Zeitpunkt der Drucklegung der PUTZ noch immer beschäftigte.
Doch auch, wenn aus diesen im „strategischen Entwicklungsbereich“ anzusiedelnden Umzugsplänen zunächst nichts werden sollte, dürfte es den für die Hin- und Herzüge an der Uni zuständigen Mitarbeitern nicht langweilig werden: Für Ende 1997 steht der Rückzug der Physiker in das Haus 19 Am Neuen Palais an. Die erfolgte Sanierung des Communsgebäudes 11 Am Neuen Palais mit veranschlagten 35 Millionen DM wird zwar erst für Mitte 1999 erwartet, da Holzschädlinge und verfaulte Balken eine um-
Die Treppe hoch mit den Schränken, und die Treppe 'runter mit den Schränken... Die Umzugsexperten der Um Potsdam kommen nicht aus der Übung! Foto: Tribukeit
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PUTZ 3/97