EIN UNBESTECHLICHER, VERLÄSSLICHER SCHRIFTSTELLER
Wissenschaftliche Konferenz zu Poetologie und Werk Franz Fühmanns
Der 1984 verstorbene Franz Fühmann zählt neben Christa Wolf und Heiner Müller zu den interessantesten Schriftstellerpersönlichkeiten nicht nur der DDR-Literatur. Er hat wie kaum ein anderer seiner Generation die Brüche und Wandlungen dieses Jahrhunderts als„Kreuzlast“ angenommen und die damit verbundenen Erfahrungen in seinen Werken thematisiert.
Dem ‚Wahlmärker auf Fontanes Spuren“ widmete sich eine dreitägige wissenschaftliche Konferenz„Jeder hat seinen Fühmann. Zugänge zu Poetologie und Werk“, die von den
Bereichen Neuere deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt 20. Jahrhundert und Allgemeine Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik der Universität Potsdam ausgerichtet wurde. Der Titel der Tagung geht uf die Äußerung der Lyrikerin und Freundin ühmanns Margarete Hannsmann aus Stuttart zurück:„Jeder hat einen anderen ühmann“. Das vielschichtige Werk des chriftstellers— Lyrik, Erzählungen, Essays, Kinderbücher, Nachdichtungen, Hörspieltexte, Filmszenarien und sogar eine Rockoper- verlange nach Ansicht der Initiatoren der Veranstaltung geradezu, den längst
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NEUE IMPULSE FÜR MATHEMATIKUNTERRICHT
Kann Mathematikunterricht originell und anschaulich sein? Er kann. Da dies jedoch in starkem Maße von den Ideen und didaktischen Fähigkeiten des jeweiligen Lehrers bzw. der Lehrerin abhängt, hat die gemeinnützige„Franz und Ruth Cornelsen Stiftung“ nun erstmals den alljährlich von ihr verliehenen„Cornelsen-Förderpreis“ als Anreiz speziell für Mathematiklehrer gestiftet.
Überreicht wurde er von Jürgen L. Peter, dem Geschäftsführer Marketing des Cornelsen Verlags, und Prof. Dr. Thomas Jahnke aus dem Institut für Mathematik der Universität Potsdam. Jahnke leitete die wissenschaftliche Fachjury, deren Aufgabe die Auswahl der preiswürdigen Arbeiten war. Aus insgesamt 43 Einreichungen— ode
etwas anders ausgedrückt, aus mehr als 2200 Seiten und zehn Disketten- entschied er sich für vier Arbeiten, darunter eine Gemeinschaftsarbeit. Den.ersten Preis in Höhe von 4000 DM erhielt Ines Petzschler aus Leipzig für die pfiffige Untersuchung von Angaben zu Stromtarifen in einem Infoblatt und die Überprüfung von Grafiken in einer Tageszeitung. Im Hinblick auf die für die Medien verheerenden Ergebnisse
I, T,
Die Reihe der Comelsen Förderpreise
1997 Cornelsen Fi
1998 Cor
meinte Thomas Jahnke:„Hier wurde Mathematik alltagstauglich.“
Den mit 2500 DM dotierten zweiten Platz belegten Winfried Damm aus Laasphe und Gerd Riehl aus Barsinghausen. Während Winfried Damm mit seiner Arbeit über Kartographie und Astronomie einen Zugang zum Weltall schuf, widmete sich Gerd Riehl einer Einbettung der Mathematik in ihre Geschichte. Den mit 1000 DM dotierten dritten Preis teilten sich Gabriele Getrost und Dr. Achim Würker mit einer Gemeinschaftsarbeit unter dem Titel„Mathematik erzählen“.„Ein Resultat sind Aufsätze der Schüler über eine Welt, in der alle Körper gerade Kanten besitzen und es keine gekrümmten Flächen mehr gibt“, berichtete Thomas Jahnke. Der Mathematikprofessor ist sich jedenfalls in Anbetracht der Vielzahl und Vielfalt der eingereichten Beiträge sicher, daß der Wettbewerb in der Lehrerschaft„angekommen“ ist. Und so hatte er auch keine Schwierigkeiten, in den Arbeiten zahlreiche neue Impulse für den Mathematikunterricht zu entdecken. Geschäftsführer Peter dankte ihm jedenfalls im Namen des Cornelsen-Verlages für die„viele ehrenamtlich geleistete Arbeit“, die er sich mit der Auswahl der preiswürdigen Einreichungen gemacht habe und verwies auf das künftige Engagement seines Verlages: Nächstes Jahr wird der Förderpreis im Fach Physik ausgelobt. Hg.
Kreative Lehrer und ihre Preisverleiher: Geschäftsführer Jürgen L. Peter, Prof. Dr. Thomas Jahnke, Ines Petzschler, Winfried Damm und Gerd Riehl (vln.r.), Foto: Tribukeit
überfälligen Disput über sein künstlerisches Schaffen zu führen.„Dazu wollten wir mit dieser ersten Personalkonferenz einen Beitrag leisten“, so Dr. Brigitte Krüger aus dem Institut für Germanistik. Im Mittelpunkt standen dabei das literarische Konzept des Poeten, das sich den Märchen, Mythen und Träumen gestellt hat, aber auch Traditionsbezüge zu E.T.A. Hoffmann und Georg Trakl. In seiner Eröffnungsansprache zu der die Konferenz begleitenden Ausstellung„Es bleibt nichts anderes als das Werk“ würdigte der damalige Präsident der Akademie der Künste, Walter Jens, Fühmann sowohl als einen der großen„Erinnerungskünstler“ in der deutschen Literatur unseres Jahrhunderts als auch dessen Absage an jegliches Dogma in Politik und Poesie. Er verglich ihn mit Heinrich Böll und nannte ihn„einen großen, unbestechlichen, verläßlichen Schriftsteller, mit dem wir verbunden waren in Ost und in West“. Der Dichter selbst sieht es so: „Jede Gesellschaft weist dem Schriftsteller seine Rolle und Funktion zu, aber auch der
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Auf dieser„zweiten Hand“ schrieb Franz Fühmann, der 1997 seinen 75. Geburtstag begangen hätte, Briefe, Gedichte, Erzählungen, Hörspiele, Nachdichtungen. Foto: Fritze
Schriftsteller sucht, sie zu bestimmen, für seinen Beruf wie für seine Person. Die eines Claqueurs liegt mir nicht, aber die eines Don Quichote auch nicht.“
Hier verdeutlicht sich der Zwiespalt, in dem er sich im Laufe seines Lebens zunehmend befand. Zweifel offenbaren sich. Die Widersprüchlichkeit in der Biographie des Literaten zeigen seine Lebensstationen: Jesuitenschule, Hitlerjugend, Wehrmacht, russische Kriegsgefangenschaft, Antifaschule. Angesichts dieser Vita und heutiger Zeiten der Wandlungen versteht der Potsdamer Germanist Prof, Dr. Helmut John die Dichtung Fühmanns als eine Ermunterung zur kritischen Auseinandersetzung. Fühmann sei ein Beispiel für die Suche nach eigenen Wegen in der Geschichte, selbst wenn Scheitern dabei nicht auszuschließen ist. Denn Wandlung, so Fühmann, sei die Erfahrung seines Lebens. Er habe vorgeführt,
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PUTZ 4/97