Heft 
(1.1.2019) 04
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GEGEN BILDUNGSMORD IN BRANDENBURG

Studierende und Uni-Mitarbeiter für intelligentes Sparen

Sparsam mit den Finanzen umzugehen, ist in allen Bereichen an der Tagesord­nung. Die damit verbundenen Einschnit­te sind oft unangenehm, aber unabding­bar und hinterlassen natürlich auch an der Universität Potsdam Spuren. Doch nun soll es an die Substanz gehen. Der weitere Ausbau der Hochschule ist in Gefahr. Dagegen wehrten sich in den ver­gangenen Wochen und Monaten glei­chermaßen Mitarbeiter und Studierende der Alma mater mit vielfältigen und phan­tasievollen Aktionen, die ihre Öffent­lichkeitswirksamkeit nicht verfehlten.

RO IN DIESEM REICHE SA KOMMT DIE BILDUN XS STOLPERN

Über 3500 Uni-Angehörige gingen auf die Straße. Konzil, Senat und die Personalräte wandten sich mit Resolutionen an die Politi­ker und die Öffentlichkeit, Studierende be­setzten die SPD-Landeszentrale, diskutier­ten mit dem Ministerpräsidenten, Dr. Man­fred Stolpe, und dem Wissenschaftsminister des Landes Brandenburg, Steffen Reiche. Unter dem Motto:Soll die Universität aus­bluten? informierte die Uni-Leitung auf ei­ner Pressekonferenz die Journalisten.

Am Ende der Fahnenstange

Bisher hat die Hochschule konstruktiv daran mitgewirkt, Mittel einzusparen. Jetzt stehen jedoch solche finanziellen Einschnitte bevor, die eine seriöse Entwicklung der Hochschu­le unmöglich machen. Geht es nämlich nach dem Willen des brandenburgischen Ministe­riums für Wissenschaft, Forschung und Kul­tur(MWFK), so bleiben von den ursprüng­lich für das Jahr 2000 geplanten 262 Profes­suren, später auf 243, dann sogar auf 209 reduziert, nur noch 190 übrig. In dem Zu­sammenhang postulierte das MWFK bei­spielsweise die Zusammenlegung der bei­den Philosophischen Fakultäten sowie der Juristischen mit der Wirtschafts- und Sozial­

wissenschaftlichen Fakultät und dachte gar laut über die Schließung der Juristischen Fakultät nach. Mit dieser Reduzierung der Professuren wäre die Potsdamer Alma mater im Vergleich zu den anderen brandenburgi­schen Hochschulen von besonders hohen Kürzungen betroffen.

Potsdam sollen 72 Professuren genommen werden, Cottbus 13 von 143 und in Frank­furt/Oder den im Gründungskonzept vorge­sehenen 51 Professuren noch zwei weitere hinzugefügt werden. Das ergibt eine Redu­zierung des Lehrkörpers um 27,5 Prozent bei der Universität Potsdam, um neun Pro­

Zeıtweiliges ) Verkehrschaos verur­sachten die 3500 Uni-Mitarbeiter und

Studierenden am 28. April 1997.mit ihrem De­monstrationszug in der Innenstadt Potsdams, hier vor der Staatskanzlei, Foto: Tribukeit

zent bei der Technischen Universität Cott­bus und einen Zuwachs von vier Prozent bei der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/ Oder. Gemessen an den haushaltsmäßig verfügbaren Professorenstellen beträgt der gegenwärtige Ausbaustand in Potsdam 75,6 Prozent(im Vergleich: Frankfurt/Oder 102 Prozent, Cottbus 98 Prozent).

Klar sei, so Rektor Prof. Dr. Wolfgang Lo­schelder, daß die Universität Potsdam als größte Einrichtung die Lasten bis zu einem gewissen Gra­de überpropor­tional tragen

1.500 DM

als Universität mit traditionellem Fächer­spektrum in fünf Fakultäten die erfolgreich­ste Hochschule des Landes Brandenburg dar, denn sie bildet bei steigender Tendenz mit rund 10.000, etwa 2.500 waren es 1991, die Hälfte aller Studierenden des Landes Brandenburg aus. Aufgrund des günstigen Betreuungsverhältnisses können die Stu­dierenden die Regelstudienzeit einhalten, die Abbrecherquote ist gering. Und das, obwohl die Mittel sowohl je Professur als auch je Studierendem ständig gesunken sind. Deshalb stellen weitere von 209 Pro­fessuren ausgehende Kürzungen eine aku­te Gefahr für die Ausbildung der Studieren­den und die Konkurrenzfähigkeit der Ein­richtung dar. Solchen Studiengängen wie Arbeitslehre, Sonder- und Grundschulpä­dagogik droht das Aus.

Eckprofessuren in den Ernährungswissen­schaften und Geowissenschaften sind noch immer unbesetzt. Die gerade von der Lan­desregierung mit hoher Priorität gefor­derte Einrichtung der Ethik-Professur für L-E-R wäre gefährdet. Neue Ausbildungs­profile, beispielsweise in der Sportwissen­schaft, würden zerstört.

Prof. Dr. Karl Erich Grözinger und Prof. Dr. Julius H. Schoeps bangen um den Studien­gangJüdische Studien, weil dieKürzun­gen bereits jetzt ein Ausmaß erreicht ha­ben, das eine Aufrechterhaltung der Grund­verpflichtungen in Lehre und Forschung schon im kommenden Wintersemester fraglich erscheinen läßt. Auch wärenBe­darfskündigungen unvermeidbar, wenn nicht für die Umstrukturierung der Univer­sität Zwischenfinanzierungen, was Zeit braucht, ermöglicht werden, konstatierte Uni- Kanzler Alfred Klein. Angesichts dieser Tatsache bedarf es nach Auffassung der Uni-Leitungeines ausgewogenen, durch­dachten Konzeptes der Landesregierung, das die knappen Mittel nach einsichtigen Kriterien verteilt. Dieses bisher noch im­

müsse. Aber mit der Zahl von 209

1.400 DM

____|Sachmittel je Student im Laufe der Jahre]

Professuren sei das Ende der

1.300 DM

Fahnenstange erreicht. ‚Wir ak­

1.200 DM

zeptieren eine zeitliche Strek­

1.100 DM

kung unseres Alfbaus; aber;

eine weitere Ab­senkung tragen wir nicht mit!

Potsdam stellt

900 DM.

800 DM

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