mer fehlende Papier müßte dann Öffentlich diskutiert und die Universität Potsdam als gleichberechtigter Partner in diesem Dialog behandelt werden.
„In diesem Reiche kommt Bildung ins Stolpern“
Bei den zahlreichen, oft von den Studierenden initierten und organisierten Aktivitäten ging es den Betroffenen immer wieder darum zu zeigen daß die Situation der Universität nicht isoliert zu betrachten ist. So lautete das Motto der 3500 Demonstranten am 28, April 1997 auch:„Gegen Bildungsmord in Brandenburg“. Denn von den Kürzungen seien soziale Einrichtungen ebenso betroffen wie die in der Gesellschaft benachteiligten Gruppen. Deshalb wolle man sich nicht gegeneinander ausspielen assen. Florian v. Alemann vom Studierendenrat der Uni: ‚Wir nehmen nicht wortlos hin, daß die Landesregierung ihre verheerende Finanzpoliik auf dem Rücken der Unis, Fachhochschulen, Kitas und sozialen Projekte austrägt.“ Es gäbe eine breite Koalition von Uni, Gewerkschaften und Studierenden gegen die Kürzung von weiteren 30 Mio. DM im Wissenschaftsbereich. Deshalb waren sich auf der Demonstration alle Gruppen der Universität darin einig, von den Verantwortlichen die Beibehaltung der ursprünglichen Hochschulentwicklungsziele und PlanungssiCherheit zu fordern.„In diesem Reiche kommt Bildung ins Stolpern“, so war es auf einem der Transparente im DemonstratiOnszug, der durch die Innenstadt Potsdams an der Staatskanzlei vorbeizog, zu lesen. „Hilfe, hilfe, große Not, Reiche spart die Uni tot“— die lautstark vorgetragene Meinung der Studis. Auch Studenten der Frankfurter Viadrina reihten sich ein. Stephan Wende kündigte weitere gemeinsame Proteste und den Willen an, sich nicht vereinzeln zu lassen. Angesichts der wenigen natürlichen Ressourcen sei das Land besonders auf das Intelligenzpotential angewiesen. Deshalb wisse man sich im Protest gegen die Kürzungspolitik im Bildungsbereich mit
„Bildung für das Kabinett“ offerierten Studierende und Professoren am 29. April 1997 vor der Staatskanzlei mit einem Vorlesungsfrühstück. Die Prorektorin für Entwicklungsplanung und Finanzen, Prof. Dr. Helene Harth(rechts), trug tatkräftig dazu bei. Für Essen und Trinken sorgten der Studierendenrat und das Studentenwerk.
Foto: Tribukeit
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So freundlich konnte Minister Steffen Reiche(2. v. 1.), hier mit Stefan Brandt aus dem MWFK und den Studenten Florian v. Alemann und Corinna Richard(v.l.n.r.), bei seinem durch die Studierenden erzwungenen Besuch an der Hochschule am 23. April I 997 nur selten lächeln. Sah er sich doch angesichts seiner aktuellen Sparvorschläge mit kritischen Fragen konfrontiert.
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dem Wissenschaftsministerium in diesem Punkt einig, äußerte Wolfgang Loschelder auf der Abschlußkundgebung der Demonstration.
„Bildung für das Kabinett” Fast vergessen geglaubte
ten, bisher ca. 1000, unter die Resolution „Aufbau statt Abbau“, die Reiche übergeben werden sollen.
Als sehr wirkungsvoll und erfolgreich erwies sich die spontane Besetzung der SPDLandeszentrale durch ca. 100 Studierende. Denn: einen Tag später fand sich Steffen Reiche zur Diskussion mit ihnen an der Uni bereit. Er versicherte bei dieser Gelegenheit, daß die Potsdamer Hochschule vom Angebot her die bedeutendste und wichtigste Einrichtung Brandenburgs sei. ‚Wir bieten die 190 Professuren im mittel- und langfristigen Konzept an.“ Unter dem hörbaren Protest der Studierenden sprach der Minister angesichts seiner Vorschläge, denen die Uni die ihren entgegensetzen könne, von„Ausbau durch Umbau, nicht durch Kürzen“. Um die Differenz von 262 zu 190 Professuren augenscheinlich zu gestalten, versperrten Studierende am 24. April 1997 symbolisch den Eingang des Wissenschaftsministeriums mit leeren Stühlen.
Zu den originellen Ideen vor ernstem Hintergrund gehörte auch ein Vorlesungsfrühstück bei Kaffee, Tee und belegten Brötchen vor der Staatskanzlei in Potsdam. Dort versammelten sich rund 300 Studierende unter dem Motto„Bildung für das Kabinett“, Hier äußerte sich beispielsweise die Prorektorin für Entwicklungsplanung und Finanzen und Romanstin Prof. Dr. Helene Harth über den Zusammenhang von italienischer Dekadenzliteratur und den geplanten Kürzungen im Hochschulbereich. Der Philosoph Prof. Dr. Hans-Peter Krüger verglich den Pragmatismus des amerikanischen Philosophen John Dewey mit dem Öffentlichkeitskonzept der SPD-Regierung. Anschaulich zeigte der Physiker Prof, Dr. Reimund Gerhard-Multhaupt, daß ein Bierfaß schlagartig implodiert, dreht man ihm die Luft ab.
Wie wirkungsvoll all diese Aktivitäten auf Dauer sind, wird die Zukunft zeigen. Einige Reaktionen lassen indes hoffen: Oberbürgermeister Dr. Horst Gramlich übte Solidarität mit der Uni und„möchte nicht, daß sie Schaden nimmt“. Daß die Einrichtung
Tugenden wie Spontaneität, Phantasie, Originalität und Durchsetzungswillen zeigten die Studierenden am 22. April 1997 auf ihrer Vollversammlung im hoffnungslos überfüllten Auditorium maximum Am Neuen Palais. Viadrina Nicht alle dort vorgetrage- en nen Ideen können realisiert werden, wie etwa die, für eine gewisse Zeit den UniBetrieb als Sparmaßnahme in ein„Ferienlager“ zu verlegen. Sofort in Angriff genommen wurde jedoch das Sammeln von Unterschrif
BTU Cottbus 14,3%
FH Potsdam 6,2%
Anteil der Studenten in Brandenburg|
FH Brandenburg 4,1% HFF Potsdam 2,2%
TFH Wildau
4.0% FH Eberswalde ns 3,8% FH Lausitz 8,1%
Universität Potsdam 46,4%
PUTZ 4/97
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